Leben in Bayern

11.03.2011

Der bayerische Bodyguard

Serie: Blaulicht – Bayerns Polizei im Einsatz (XVIII): 28 Personenschützer der Münchner Polizei sorgen für die Sicherheit von Staatsgästen und Spitzenpolitikern im Freistaat

Thomas Baumann kann mit seinem gepanzerten Fahrzeug bei hoher Geschwindigkeit eine Rückwärtswende einlegen, ist darauf geschult, Verhaltensweisen von potenziellen Attentätern zu erkennen, beherrscht die verschiedensten Selbstverteidigungstechniken und kann so exakt schießen, dass er auch in einer Menschenmenge nicht den Falschen trifft – denn Baumann ist einer von 28 Personenschützern der Münchner Polizei.
Doch sein wichtigstes Arbeitsmittel ist nicht seine Dienstwaffe, sondern ein schwarzes Notizbuch, das er immer in der Innentasche seines Anzugs bei sich trägt. Auf den engbeschriebenen Seiten findet sich das komprimierte Wissen des Personenschützers – Lagepläne von Gebäuden wie der Münchner Residenz, Schwarz-Weiß-Kopien von möglichen Gefährdern, Telefonnummern, die er jederzeit anrufen kann, wenn er Kontakt zum Fuhrparkleiter des FC Bayern, ärztliche Versorgung für eine Schutzperson oder einen Tisch in einem Restaurant benötigt.
„Wenn ich im Einsatz bin, müssen die wichtigsten Punkte im Vorfeld abgeklärt worden sein. Ich muss wissen, wo die Rettungswege sind, wer an welcher Ecke steht, wie man ins nächste Krankenhaus fährt und wer mein Ansprechpartner ist“, sagt Baumann.
Männer in dunklen Anzügen
Denn ein guter Personenschützer muss vor allem gut informiert sein, Aufklärung ist die Grundlage bei jedem Einsatz. „Der polizeiliche Personenschutz will einen höheren Standard an Sicherheit bieten als der Hollywood-Bodyguard, der mit seiner schwarzen Sonnenbrille hinter seiner Schutzperson steht“, sagt Baumann. „Wir sind vernünftige und abwägende Polizeibeamte und keine Truppe wild um sich schießender Bodyguards, die mehr Muskeln als Hirn haben.“
Thomas Baumann arbeitet seit neun Jahren beim K 46, dem Kommissariat für Personenschutz bei der Münchner Polizei, als Gruppenleiter koordiniert der Kriminalhauptkommissar ein Dutzend Beamte bei Einsätzen, begleitet aber auch selbst Schutzpersonen. Oft sind es ausländische Politiker auf Staatsbesuch in Bayern, manchmal auch Frauen, die bis zur Scheidungsverhandlung vor ihrem gewalttätigen Ehemann geschützt werden müssen oder gefährdete Zeugen in einem Strafverfahren.
Baumanns Team erledigt mit Schutzpersonen oft ganz alltägliche Dinge, geht mit ihnen in den Supermarkt, zum Friseur, begleitet sie bei der täglichen Fahrt zur Arbeitsstelle. Doch meist bewegen sich die Personenschützer „im High-End-Bereich“. Im Alltag zwischen Politikern, Diplomaten und Prominenz aus Gesellschaft und Wirtschaft sind der schwarze Anzug und das Beherrschen von Knigge-Regeln unverzichtbar. Körperliche Fitness, die bei klischeehaften Hollywood-Bodyguards im Vordergrund steht, gehört zwar auch dazu, ist aber nur eine Facette der Dienstleistung.
Den gestürzten ägyptischen Präsidenten Mubarak, aber auch den Dalai Lama, die Königin von Schweden, den ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton haben Baumann und sein Team in ihren gepanzerten Limousinen bereits betreut. Mit dem Kronprinzen von Brunei hat Baumann 2006 das WM-Eröffnungsspiel in München besucht.
Der Personenschützer findet es spannend, sich immer wieder auf neue Personen und Situationen einzustellen. „Man braucht dafür die perfekte Mischung aus Aufmerksamkeit und Sensibilität“, sagt Baumann. Er interessiert sich für Zeitgeschehen, liest sich vor jedem Besuch aus dem Ausland online in die Vita seiner Schutzperson ein, informiert sich über Historie, Sprachkenntnisse und kulturellen Hintergrund – zu wissen, wen er vor sich hat, zählt zu seinem Job.
Oft entsteht nur ein flüchtiger Kontakt, bei dem Baumann vor allem im Hintergrund agiert. Mit seinen Kollegen holt er die Schutzperson am Flughafen ab, begleitet sie von Termin zu Termin. Die Bodyguards achten darauf, nicht verfolgt zu werden – sich möglichst sicher und unauffällig im Verkehr zu bewegen. Baumann leuchtet seinem Gast auch schon mal mit der Taschenlampe den Weg in unbeleuchtete Gebäude oder zückt sein iPhone, wenn jemand dringend etwas wissen will: „Dann wird schnell nachgegoogelt oder bei Wikipedia nachgesehen, wer noch mal Vorstandsvorsitzender der Allianz ist oder wie die Nachrichtenlage in Ägypten aussieht.“
Manchmal wird der Bodyguard auch zum Reiseführer. „Das kommt immer auf die zu begleitende Person bei Staatsbesuchen an“, sagt Baumann. „Wir stehen immer hilfsbereit zur Seite.“
Für manche Schutzpersonen gehört Baumann fast zur Familie, da er einige Menschen seit Jahren bewacht. Denn bayernweit wird eine Handvoll gefährdeter Personen kontinuierlich von Personenschützern begleitet, Charlotte Knobloch zählt dazu, die ehemalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland.
Die Personenschützer sind überall dabei – sie bekommen auch vertrauliche Gespräche mit. Verschwiegenheit wird dabei großgeschrieben. Baumann ist mit Politikern nach New York geflogen, war unzählige Male in Brüssel, aber auch in Krisengebieten wie Ruanda. „Man bekommt dabei Einblicke, an die man normalerweise nicht herankommen würde“, sagt er. „Das bereichert die eigene Perspektive.“
Vor seinem Wechsel zum Personenschutz hat Thomas Baumann bei der Schutzpolizei und im Rauschgiftdezernat gearbeitet – an seinem Job als Personenschützer schätzt er auch, dass er hier zu den „Good Guys“ zählt. „Hier ist man für jemanden da“, sagt Baumann.
Baumann ist für die Sicherheit der ihm anvertrauten Person verantwortlich – wie sehr er sich dabei selbst in Gefahr bringen muss, ist rechtlich festgelegt: „Dazu zählt nicht, sich sinnlos bei einem Attentat in die Schusslinie zu werfen, dazu zählt jedoch, bei einem Attentat die Schutzperson unter Lebensgefahr aus der Schusslinie zu ziehen“, weiß der Bodyguard. Meistens müssen die Personenschützer nur kleinere Straftaten wie Pöbeleien, Beleidigungen und Körperverletzungen abwehren.
Baumann ist froh, dass die gefährlichen Zeiten der RAF-Attentate lange vorbei sind – dennoch können sich die Bodyguards nie sicher sein. 2003 begleiteten Personenschützer hochrangige Politiker zur Grundsteinlegung der neuen Synagoge in München – im Vorfeld konnten die Ermittler der Polizei einen von Neonazis geplanten Bombenanschlag gerade noch verhindern.
Wer in welchem Umfang geschützt werden muss, bestimmen die Ergebnisse der Gefährdungsanalyse – Faktoren wie bisher erfolgte Angriffe auf eine Person, ihr politischer Rang, Drohanrufe, beleidigende Publikationen sowie die politische Lage beeinflussen die Sicherheitsmaßnahmen.
Für brisante Staatsbesuche werden sogar ganze Autobahnabschnitte gesperrt, teils fliegen Einsatzkräfte die Anfahrtsstrecke mehrmals mit einem Hubschrauber ab, um Veränderungen festzustellen und durch Luftbilder abzugleichen, ob eine verdächtige Baustelle hinzugekommen ist.
Suche nach dem Attentäter
Als die Königin von Thailand nach München reiste, wurden ganze Stockwerke in ihrem Hotel leer geräumt, das Sprengstoffkommando suchte das Gebäude mit Spürhunden ab, versiegelte einzelne Bereiche, Sondereinsatzkräfte und Helikopter kamen zum Einsatz.
Ob Königin oder Minister: Die Personenschützer gehen die Programmpunkte der Schutzperson immer im Vorfeld durch. Mit Mitarbeitern der Protokollabteilung der Staatskanzlei und anderen Beteiligten wie der Verkehrspolizei wird jeder Schritt besprochen. Meist bilden mehrere Personenschützer ein Team, sie müssen blind harmonieren.
Zwischen den Einsätzen trainieren sie auf Flugplätzen, wie man koordinierte Fahrmanöver durchführt. Sie schießen im Training durch Autoscheiben, bereiten sich mit Kraftsportübungen und 3000-Meter-Läufen auf Einsätze vor. Beim Taktiktraining parieren die Personenschützer Angriffe mit Messer, Stock oder Schusswaffen. „Alles muss reibungslos eingespielt sein“, sagt Baumann. „Jeder muss wissen, wer sich in der Notsituation um die Schutzperson kümmert, auf welche Art effizient und schnell kommuniziert werden kann, wer bei einem Anschlag welche taktische Position übernimmt, und wie man dem Kollegen hilft, wenn dessen Waffe leer ist.“
Dennoch ist nicht jeder Moment planbar. „Gerade bei Situationen, die sich spontan ergeben, sind Aufmerksamkeit und Erfahrung das A und O“, weiß Baumann. „Der größte Feind ist die Routine.“ Man muss ein Gefühl dafür entwickeln, was relevant werden könnte und was nicht. Beim Bad in der Menge können wenige Beamte nicht 3000 Personen gleichzeitig beobachten, sie müssen sich fokussieren – auf den Richtigen. „Es geht darum, den aus der Menge herauszufiltern, dessen Verhalten uns komisch erscheint“, sagt er. Es könnte der sein, der bei einem Witz der Schutzperson als Einziger nicht lacht, oder der als Einziger nach rechts schaut, wenn die Schutzperson bei einer Ansprache mit dem Arm nach links deutet – oder eben auch nicht. Manchmal ist es nur ein kleines Detail, ein Gefühl, das ein Personenschützer wahrnehmen muss.
Als der US-Vizepräsident Joe Biden 2009 in München war, wollte er einen katholischen Gottesdienst besuchen – für Baumann und seine Kollegen eine Herausforderung. Um einen Menschenauflauf zu vermeiden, wurde die Kirche, die Biden besuchte, ziemlich lange geheim gehalten. Biden kam sowohl mit seinen Männern vom Secret Service als auch mit den Münchner Personenschützern erst nach Beginn des Gottesdienstes in die Kirche hinein, setzte sich unauffällig in die letzte Bank.
Erst als die beiden Pfarrer den Ehrengast nach der Predigt begrüßten, drehten sich alle Köpfe um – Biden und die Pfarrer liefen durch den Kirchgang aufeinander zu, um sich zu begrüßen, den Pfarrern folgte ein dritter Mann mit Kutte. Der Mann hätte ein Ministrant sein können, die amerikanischen Sicherheitsleute rührten sich nicht.
Doch den Münchnern fiel die etwas ungepflegte Kutte, die fehlende Interaktion mit den Pfarrern auf. In dem Moment, in dem der Mann Biden die Hand schüttelte und „Hi, I‘ m Jesus“ sagte, hatten Baumanns Männer schon die Hand auf dessen Arm gelegt und drängten den Verwirrten ab. > sonja peteranderl Thomas Baumann kann mit seinem gepanzerten Fahrzeug bei hoher Geschwindigkeit eine Rückwärtswende einlegen, ist darauf geschult, Verhaltensweisen von potenziellen Attentätern zu erkennen, beherrscht die verschiedensten Selbstverteidigungstechniken und kann so exakt schießen, dass er auch in einer Menschenmenge nicht den Falschen trifft – denn Baumann ist einer von 28 Personenschützern der Münchner Polizei.
Doch sein wichtigstes Arbeitsmittel ist nicht seine Dienstwaffe, sondern ein schwarzes Notizbuch, das er immer in der Innentasche seines Anzugs bei sich trägt. Auf den engbeschriebenen Seiten findet sich das komprimierte Wissen des Personenschützers – Lagepläne von Gebäuden wie der Münchner Residenz, Schwarz-Weiß-Kopien von möglichen Gefährdern, Telefonnummern, die er jederzeit anrufen kann, wenn er Kontakt zum Fuhrparkleiter des FC Bayern, ärztliche Versorgung für eine Schutzperson oder einen Tisch in einem Restaurant benötigt.
„Wenn ich im Einsatz bin, müssen die wichtigsten Punkte im Vorfeld abgeklärt worden sein. Ich muss wissen, wo die Rettungswege sind, wer an welcher Ecke steht, wie man ins nächste Krankenhaus fährt und wer mein Ansprechpartner ist“, sagt Baumann.


Männer in dunklen Anzügen


Denn ein guter Personenschützer muss vor allem gut informiert sein, Aufklärung ist die Grundlage bei jedem Einsatz. „Der polizeiliche Personenschutz will einen höheren Standard an Sicherheit bieten als der Hollywood-Bodyguard, der mit seiner schwarzen Sonnenbrille hinter seiner Schutzperson steht“, sagt Baumann. „Wir sind vernünftige und abwägende Polizeibeamte und keine Truppe wild um sich schießender Bodyguards, die mehr Muskeln als Hirn haben.“
Thomas Baumann arbeitet seit neun Jahren beim K 46, dem Kommissariat für Personenschutz bei der Münchner Polizei, als Gruppenleiter koordiniert der Kriminalhauptkommissar ein Dutzend Beamte bei Einsätzen, begleitet aber auch selbst Schutzpersonen. Oft sind es ausländische Politiker auf Staatsbesuch in Bayern, manchmal auch Frauen, die bis zur Scheidungsverhandlung vor ihrem gewalttätigen Ehemann geschützt werden müssen oder gefährdete Zeugen in einem Strafverfahren.
Baumanns Team erledigt mit Schutzpersonen oft ganz alltägliche Dinge, geht mit ihnen in den Supermarkt, zum Friseur, begleitet sie bei der täglichen Fahrt zur Arbeitsstelle. Doch meist bewegen sich die Personenschützer „im High-End-Bereich“. Im Alltag zwischen Politikern, Diplomaten und Prominenz aus Gesellschaft und Wirtschaft sind der schwarze Anzug und das Beherrschen von Knigge-Regeln unverzichtbar. Körperliche Fitness, die bei klischeehaften Hollywood-Bodyguards im Vordergrund steht, gehört zwar auch dazu, ist aber nur eine Facette der Dienstleistung.
Den gestürzten ägyptischen Präsidenten Mubarak, aber auch den Dalai Lama, die Königin von Schweden, den ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton haben Baumann und sein Team in ihren gepanzerten Limousinen bereits betreut. Mit dem Kronprinzen von Brunei hat Baumann 2006 das WM-Eröffnungsspiel in München besucht.
Der Personenschützer findet es spannend, sich immer wieder auf neue Personen und Situationen einzustellen. „Man braucht dafür die perfekte Mischung aus Aufmerksamkeit und Sensibilität“, sagt Baumann. Er interessiert sich für Zeitgeschehen, liest sich vor jedem Besuch aus dem Ausland online in die Vita seiner Schutzperson ein, informiert sich über Historie, Sprachkenntnisse und kulturellen Hintergrund – zu wissen, wen er vor sich hat, zählt zu seinem Job.
Oft entsteht nur ein flüchtiger Kontakt, bei dem Baumann vor allem im Hintergrund agiert. Mit seinen Kollegen holt er die Schutzperson am Flughafen ab, begleitet sie von Termin zu Termin. Die Bodyguards achten darauf, nicht verfolgt zu werden – sich möglichst sicher und unauffällig im Verkehr zu bewegen. Baumann leuchtet seinem Gast auch schon mal mit der Taschenlampe den Weg in unbeleuchtete Gebäude oder zückt sein iPhone, wenn jemand dringend etwas wissen will: „Dann wird schnell nachgegoogelt oder bei Wikipedia nachgesehen, wer noch mal Vorstandsvorsitzender der Allianz ist oder wie die Nachrichtenlage in Ägypten aussieht.“
Manchmal wird der Bodyguard auch zum Reiseführer. „Das kommt immer auf die zu begleitende Person bei Staatsbesuchen an“, sagt Baumann. „Wir stehen immer hilfsbereit zur Seite.“
Für manche Schutzpersonen gehört Baumann fast zur Familie, da er einige Menschen seit Jahren bewacht. Denn bayernweit wird eine Handvoll gefährdeter Personen kontinuierlich von Personenschützern begleitet, Charlotte Knobloch zählt dazu, die ehemalige Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland.
Die Personenschützer sind überall dabei – sie bekommen auch vertrauliche Gespräche mit. Verschwiegenheit wird dabei großgeschrieben. Baumann ist mit Politikern nach New York geflogen, war unzählige Male in Brüssel, aber auch in Krisengebieten wie Ruanda. „Man bekommt dabei Einblicke, an die man normalerweise nicht herankommen würde“, sagt er. „Das bereichert die eigene Perspektive.“
Vor seinem Wechsel zum Personenschutz hat Thomas Baumann bei der Schutzpolizei und im Rauschgiftdezernat gearbeitet – an seinem Job als Personenschützer schätzt er auch, dass er hier zu den „Good Guys“ zählt. „Hier ist man für jemanden da“, sagt Baumann.
Baumann ist für die Sicherheit der ihm anvertrauten Person verantwortlich – wie sehr er sich dabei selbst in Gefahr bringen muss, ist rechtlich festgelegt: „Dazu zählt nicht, sich sinnlos bei einem Attentat in die Schusslinie zu werfen, dazu zählt jedoch, bei einem Attentat die Schutzperson unter Lebensgefahr aus der Schusslinie zu ziehen“, weiß der Bodyguard. Meistens müssen die Personenschützer nur kleinere Straftaten wie Pöbeleien, Beleidigungen und Körperverletzungen abwehren.
Baumann ist froh, dass die gefährlichen Zeiten der RAF-Attentate lange vorbei sind – dennoch können sich die Bodyguards nie sicher sein. 2003 begleiteten Personenschützer hochrangige Politiker zur Grundsteinlegung der neuen Synagoge in München – im Vorfeld konnten die Ermittler der Polizei einen von Neonazis geplanten Bombenanschlag gerade noch verhindern.
Wer in welchem Umfang geschützt werden muss, bestimmen die Ergebnisse der Gefährdungsanalyse – Faktoren wie bisher erfolgte Angriffe auf eine Person, ihr politischer Rang, Drohanrufe, beleidigende Publikationen sowie die politische Lage beeinflussen die Sicherheitsmaßnahmen.
Für brisante Staatsbesuche werden sogar ganze Autobahnabschnitte gesperrt, teils fliegen Einsatzkräfte die Anfahrtsstrecke mehrmals mit einem Hubschrauber ab, um Veränderungen festzustellen und durch Luftbilder abzugleichen, ob eine verdächtige Baustelle hinzugekommen ist.


Suche nach dem Attentäter


Als die Königin von Thailand nach München reiste, wurden ganze Stockwerke in ihrem Hotel leer geräumt, das Sprengstoffkommando suchte das Gebäude mit Spürhunden ab, versiegelte einzelne Bereiche, Sondereinsatzkräfte und Helikopter kamen zum Einsatz.
Ob Königin oder Minister: Die Personenschützer gehen die Programmpunkte der Schutzperson immer im Vorfeld durch. Mit Mitarbeitern der Protokollabteilung der Staatskanzlei und anderen Beteiligten wie der Verkehrspolizei wird jeder Schritt besprochen. Meist bilden mehrere Personenschützer ein Team, sie müssen blind harmonieren.
Zwischen den Einsätzen trainieren sie auf Flugplätzen, wie man koordinierte Fahrmanöver durchführt. Sie schießen im Training durch Autoscheiben, bereiten sich mit Kraftsportübungen und 3000-Meter-Läufen auf Einsätze vor. Beim Taktiktraining parieren die Personenschützer Angriffe mit Messer, Stock oder Schusswaffen. „Alles muss reibungslos eingespielt sein“, sagt Baumann. „Jeder muss wissen, wer sich in der Notsituation um die Schutzperson kümmert, auf welche Art effizient und schnell kommuniziert werden kann, wer bei einem Anschlag welche taktische Position übernimmt, und wie man dem Kollegen hilft, wenn dessen Waffe leer ist.“
Dennoch ist nicht jeder Moment planbar. „Gerade bei Situationen, die sich spontan ergeben, sind Aufmerksamkeit und Erfahrung das A und O“, weiß Baumann. „Der größte Feind ist die Routine.“ Man muss ein Gefühl dafür entwickeln, was relevant werden könnte und was nicht. Beim Bad in der Menge können wenige Beamte nicht 3000 Personen gleichzeitig beobachten, sie müssen sich fokussieren – auf den Richtigen. „Es geht darum, den aus der Menge herauszufiltern, dessen Verhalten uns komisch erscheint“, sagt er. Es könnte der sein, der bei einem Witz der Schutzperson als Einziger nicht lacht, oder der als Einziger nach rechts schaut, wenn die Schutzperson bei einer Ansprache mit dem Arm nach links deutet – oder eben auch nicht. Manchmal ist es nur ein kleines Detail, ein Gefühl, das ein Personenschützer wahrnehmen muss.
Als der US-Vizepräsident Joe Biden 2009 in München war, wollte er einen katholischen Gottesdienst besuchen – für Baumann und seine Kollegen eine Herausforderung. Um einen Menschenauflauf zu vermeiden, wurde die Kirche, die Biden besuchte, ziemlich lange geheim gehalten. Biden kam sowohl mit seinen Männern vom Secret Service als auch mit den Münchner Personenschützern erst nach Beginn des Gottesdienstes in die Kirche hinein, setzte sich unauffällig in die letzte Bank.
Erst als die beiden Pfarrer den Ehrengast nach der Predigt begrüßten, drehten sich alle Köpfe um – Biden und die Pfarrer liefen durch den Kirchgang aufeinander zu, um sich zu begrüßen, den Pfarrern folgte ein dritter Mann mit Kutte. Der Mann hätte ein Ministrant sein können, die amerikanischen Sicherheitsleute rührten sich nicht.
Doch den Münchnern fiel die etwas ungepflegte Kutte, die fehlende Interaktion mit den Pfarrern auf. In dem Moment, in dem der Mann Biden die Hand schüttelte und „Hi, I‘ m Jesus“ sagte, hatten Baumanns Männer schon die Hand auf dessen Arm gelegt und drängten den Verwirrten ab. (Sonja Peteranderl)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Soll die tägliche Höchstarbeitszeit flexibilisiert werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Passwort vergessen?

Geben Sie Ihren Benutzernamen oder Ihre E-Mail ein um Ihr Passwort zurückzusetzen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: vertrieb(at)bsz.de

Zurück zum Anmeldeformular 

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.