Leben in Bayern

In Bayern wurden inzwischen laut dem Monitoring-Bericht für das Jahr 2022/2023 zwei Wolfsrudel, drei Paare und ein einzelner Wolf mit Heimat im Freistaat nachgewiesen. (Foto: NABU/Heiko Anders)

04.03.2024

Der schmale Weg zur Hilfe nach Wolfsrissen

Zuletzt haben Wölfe in Bayern immer mehr Nutztiere getötet. Um Hilfe zu bekommen, gilt es einen klaren Ablauf zu befolgen. Wer davon abweicht, kann Geld zum Ausgleich und für Herdenschutz riskieren

"Der Wolf gehört nicht nach Bayern", hat Ministerpräsident Markus Söder noch im vergangenen Jahr gesagt. Die Tiere scheint das wenig zu stören: In Bayern wurden inzwischen laut dem Monitoring-Bericht für das Jahr 2022/2023 zwei Rudel, drei Paare und ein einzelner Wolf mit Heimat im Freistaat nachgewiesen. Die Zahl der Regionen im Freistaat mit standorttreuen Wölfen ist auf elf im Jahr 2023 geklettert - verteilt von der Rhön bis in die Allgäuer Alpen.

Vor allem für Landwirte wird das immer wieder zum Problem - denn auch die Zahl der Tiere, die von Wölfen getötet oder verletzt wurden, ist in Bayern in den vergangenen Jahren gestiegen. 77 waren es im Jahr 2022. Zwar gibt es Entschädigungen und Hilfen für den Herdenschutz - doch der Weg dahin ist nicht immer leicht. Denn nicht jeder Experte darf in Bayern offiziell entscheiden, ob tatsächlich ein Wolf ein Tier getötet hat.

Wie findet man heraus, ob ein Wolf ein Tier gerissen hat?

Wer ein totes Tier findet und einen Wolf im Verdacht hat, sollte zunächst den Kadaver vor anderen Tieren und der Witterung schützen und sich schnell telefonisch beim Landesamt für Umwelt melden. Dort sind dann zunächst vor allem Fotos von Spuren und dem toten Tier gefragt. Gibt es Hinweise auf einen Wolf, begutachtet ein Experte vom "Netzwerk Große Beutegreifer" den Fall, sichert vor Ort Spuren und DNA-Proben. Fällt der Verdacht nach einer Zweitdokumentation weiter auf einen Wolf, wird eine DNA-Analyse in Auftrag gegeben. Erst danach entscheidet das LfU abschließend, ob es sich offiziell um einen Wolfsriss handelt. Sonst bleibt es bei einem "nicht bestätigten Hinweis".

Wie lange dauert die Prüfung?

Nach Angaben des LfU dauert die Auswertung einer Probe von Meldung bis Anerkennung etwa zehn Werktage. Laut einer Sprecherin des Bayerischen Jagdverbands berichten Landwirte, Weidetierhalter oder Jäger dagegen immer wieder, "dass amtliche Analysen oft mehrere Wochen dauern, wo schnelle Klarheit und Reaktion geboten wäre". Der Verband habe sich deshalb entschieden, ebenfalls ein Wolfs-Monitoring durch eigene Fachleute anzubieten.

Kann man sich mit einem Verdachtsfall auch an andere Stellen wenden? Begutachtungen möglicher Risse durch Wölfe bieten nicht nur Experten des Bayerischen Jagdverbands, sondern auch Labore wie die Forensische Genetik und Rechtsmedizin am Institut für Hämatopathologie in Hamburg an. Dort heißt es, offizielle Stellen hätten die Ergebnisse des Labors schon mehrfach anerkannt.

Das bayerische Landesamt für Umwelt erkennt Begutachtungen außerhalb der eigenen Richtlinien aber grundsätzlich nicht an. Dort zählen nur DNA-Analysen von einem einzigen Labor: dem Senckenberg-Forschungsinstitut im hessischen Gelnhausen. Das Labor fungiere seit 2010 als Referenzzentrum für die Wolfsgenetik in Deutschland, sagt ein LfU-Sprecher. Nur durch eine zentrale Auswertung könnten Herkunftsrudel bundesweit identifiziert und Wolfsrisse in mehreren Ländern demselben Tier zugeordnet werden. Zudem sei so sichergestellt, dass anerkannte Standards bei der Methodik eingehalten werden. Die zuständigen Behörden in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Hessen gehen ähnlich vor.

Welche Folgen hat das für die Tierhalter?

Erkennt das LfU ein Gutachten nicht offiziell als Wolfsriss an, kann es sein, dass Landwirte und Tierhalter keinen Anspruch auf Ausgleichszahlungen seitens des Freistaats haben. Auch auf die Ausweisung von Fördergebieten für Herdenschutz kann die Entscheidung einen Einfluss haben. Der Jagdverband will sein Angebot zum Wolfs-Monitoring daher auf Nachfrage nur "als Ergänzung und fundierte Zweitmeinung" verstanden wissen. Zwischen den Experten des "Netzwerks Große Beutegreifer" und denen des Jagdverbands gibt es laut LfU zwar Überschneidungen. Die Behörde betont aber, dass die Veränderung von möglichen Orten eines Wolfsrisses durch Untersuchungen von Akteuren außerhalb des Netzwerks zum Abbruch des offiziellen Verfahrens führen kann.

Die Festlegung des LfU bei DNA-Analysen auf ein einziges Labor soll bei diesem Schritt zumindest nicht zu längeren Wartezeiten führen: Obwohl die Zahl der aus ganz Deutschland eingereichten Proben von möglichen Wolfsrissen beim Senckenberg-Forschungsinstitut in den vergangenen Jahren auf jährlich knapp 6000 gestiegen ist, gebe es dort keinen Stau bei der Auswertung, teilt das Labor mit. Eine Analyse eines Rissabstrichs dauere nur etwa vier Tage. Wegen der steigenden Zahl eingereichter Proben habe man Prozesse optimiert und zusätzliche Mitarbeiter eingestellt. (Jan Werner, dpa)

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