Die Figur von Franz Josef Strauß ist die Paraderolle des Kabarettisten Helmut Schleich. Wenn der 51-Jährige den einstigen CSU-Vorsitzenden und bayerischen Ministerpräsidenten in Physiognomie und Sprache parodiert, wird Strauß wieder lebendig. In seiner Sendung "Schleich Fernsehen" lebt der Mythos Strauß regelmäßig auf.
Ein Wahlplakat mit dem Slogan "Franz Josef Strauß würde AfD wählen" ist in den Augen von Schleich "die dreisteste Form von politischer Erbschleicherei, die man sich vorstellen kann", wie er im Interview der Deutschen Presse-Agentur sagt. Am 3. Oktober jährt sich der Todestag von "FJS", wie Strauß auch genannt wurde, zum 30. Mal.
Frage: Was würde Franz Josef Strauß zum derzeitigen Zustand seiner Partei sagen?
Antwort: Der Tanker ist auf Grund gelaufen, weil die Brücke nach dem Motto handelt: "Wenn jeder an sich selbst denkt, ist an alle gedacht." Wer so navigiert, landet jedoch nicht im sicheren Hafen der absoluten Mehrheit, sondern bestenfalls im Marianengraben endloser Koalitionsverhandlungen.
Frage: Ist es überhaupt noch "seine" CSU?
Antwort: Strauß ist der Mythos, von dem sich die Partei bis heute nährt. Aber auch zu Strauß' Zeiten war die CSU keine Ein-Mann-Partei. "Kreuth" beispielsweise ist gescheitert, weil ihm seine eigenen Leute die Gefolgschaft verweigert haben, nicht wegen Kohl.
Frage: Welchen Rat würde Strauß der CSU so kurz vor der Landtagswahl angesichts historisch schlechter Umfragewerte geben?
Antwort: So viel ist doch eigentlich gar nicht passiert. SPD und Grüne haben zusammen 30 Prozent, der Rest der Wähler steht rechts davon. Wie schon immer in Bayern. Die CSU müsste sich jedoch dringend ihrer Sammlungsqualitäten besinnen. Aber man kann natürlich an der Partei rumzündeln wie der Kaiser Nero am alten Rom. Im antiken Fall ist das Ergebnis bekannt.
"Das Dilemma hat ja mit Stoiber angefangen"
Frage: Wie würde Strauß darauf reagieren, dass der AfD-nahe "Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und bürgerlichen Freiheiten" den Slogan "Franz Josef Strauß würde AfD wählen" plakatieren ließ?
Antwort: Bei diesem Plakat handelte es sich doch um die dreisteste Form von politischer Erbschleicherei, die man sich vorstellen kann. Selbstverständlich war auch Strauß ein Deutschnationaler, hat sogar wörtlich gesagt: "Ich bin Deutschnationaler, ich verlange bedingungslosen Gehorsam!" Allerdings waren zur damaligen Zeit die politischen Grenzen noch klar definiert. Rechts von der CSU war die Wand und links die Mauer. Und hinter der Mauer war die Merkel. Da war die Welt in Deutschland noch in Ordnung.
Frage: Was würde Strauß zum jetzigen CSU-Führungspersonal Seehofer, Söder, Dobrindt sagen?
Antwort: Das Dilemma hat ja mit Stoiber angefangen. Der hat nach seinem Anfangserfolg von der Landesbank bis zum G8 das Tafelsilber verjubelt. Strauß würde mit Bismarck sprechen: "Die erste Generation baut auf, die zweite reißt ein, die dritte studiert Kunstgeschichte und die vierte verkommt komplett." Strauß - Stoiber - Seehofer - Söder. Man wundert sich, woher schon Bismarck die CSU gekannt hat.
Frage: Wie würde es Strauß heute in Zeiten von Twitter und Co. ergehen?
Antwort: "Vox populi - vox Rindvieh." Dieses Strauß-Zitat kommt mir sofort in den Sinn, wenn ich an Twitter und Co denke. Aber: Ohne Rindviecher keine Mehrheit - also, was soll's!
Frage: Hätte der Politikertyp Strauß heute noch eine Chance oder vielleicht gerade wieder?
Antwort: Na ja. Die Laut-Sprecher kommen ja ganz gut an. Und in einer Demokratie braucht es auch Laut-Sprecher. Strauß war einer - im Unterschied zu den meisten heutigen halt einer mit inhaltlicher Substanz. Dass heute zusätzlich die Attribute "jung" und "weiblich" ziehen - da müsste er sich halt noch was einfallen lassen.
Frage: Warum hat es Ihnen die Person Strauß angetan? Es ist doch mehr als nur die physiognomische Verwandtschaft, oder?
Antwort: Die physiognomische Verwandtschaft existiert ja gar nicht, sondern wird von mir unter Aufbietung aller parodistischen Kräfte künstlich hergestellt. Vitalität - Brutalität - Sentimentalität. Aus diesen drei Quellen speist sich die Figur Strauß. Sprachgewalt kommt noch dazu. Was will man als Satiriker mehr? Damit kann man jeden und alles abwatschen. Herrlich!
Info: Helmut Schleich
Helmut Schleich gründete schon als 16-Jähriger zusammen mit Christian Springer und Andreas Rüttenauer das Kabarett Fernrohr. Seit 1998 tritt er als Solokünstler auf. In der Sendung "Schleich Fernsehen" parodiert er regelmäßig Franz Josef Strauß. Derzeit tourt der 51-Jährige mit seinem dritten Soloprogramm "Kauf, Du Sau!" durch Deutschland und das benachbarte Ausland.
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