Leben in Bayern

Fotofalle im Wald: gut getarnt. (Foto: dpa)

02.01.2017

Der Wald hat Tausend Augen

Sie sollen Jägern die Arbeit in den Revieren erleichtern: Wildkameras. Doch die Fotofallen werden immer häufiger illegal eingesetzt

Wer im Wald unterwegs ist, wird ständig unbemerkt beobachtet. Von Kaninchen, Füchsen, Siebenschläfern und Eichelhähern zum Beispiel. Immer öfter aber vestecken sich auch elektronische Augen zwischen den Ästen: Wildkameras, die durch Bewegungen aktiviert werden und per Infrarot selbst nachts gestochen scharfe Bilder liefern. Was Jägern das Leben erleichtert, bereitet Datenschützern Sorgen. Denn viele Menschen fühlen sich im Wald unbeobachtet - so wie ein österreichischer Politiker, dessen Schäferstündchen mit einer Geliebten detailliert auf einer Speicherkarte dokumentiert wurde. "Der Wald ist so etwas wie ein Rückzugsgebiet für viele Menschen, die ungestört sein wollen", erläutert der bayerische Datenschutzbeauftragte Thomas Petri. Dass die Kameras inzwischen mit Preisen ab 100 Euro absolut erschwinglich geworden sind und entsprechend nachgefragt werden, hält er daher für bedenklich. "Die Gesellschaft nimmt sich selbst die Räume weg, die der einzelne Mensch braucht, um hin und wieder einfach für sich zu sein. Das ist eine schlimme Entwicklung: Privatheit ist ein Grundbedürfnis." Wie viele Wildkameras in Bayerns Wäldern hängen, weiß niemand - es gibt keine Meldepflicht. Experten gehen aber von mehreren Tausend aus. "Die Erfahrung zeigt, dass der Trend zu mehr Kameras geht, überall, ausnahmslos", sagt auch Petri. Zwar dürften sie im Wald nur bei einem berechtigten Interesse aufgehängt werden und keine Wanderwege erfassen. Zudem müssten selbst beim Überwachen abgelegener Stellen Schilder auf die Videoüberwachung hinweisen. Aber das passiere nur selten.

Kameras sind gut getarnt

Dennoch verzeichnet der Präsident des Landesamts für Datenschutzaufsicht, Thomas Kranig, nur wenige Beschwerden. "Das ist eher eine theoretische Auseinandersetzung." Es könne allerdings durchaus sein, dass die Kameras "so gut getarnt sind, dass sie kein Mensch sieht, sich deshalb nicht beobachtet fühlt und sich deshalb auch nicht beschwert". Gut getarnt werden die Kameras von den Jägern schon aus Eigeninteresse - damit sie nicht gestohlen werden. Für die Jäger ist die Technologie ein nützliches Hilfsmittel. "Wir haben die Gesamtverantwortung der Hege für alle Wildarten, die sich im Revier aufhalten", erläutert Thomas Schreder, Präsidiumsmitglied im Bayerischen Jagdverband. Dafür müsse man aber wissen, welche und wie viele Tiere sich dort aufhielten. Jedoch: "Der Jäger kann nicht jede Nacht draußen sitzen, und oft verjagt auch der menschliche Geruch das Wild." Per Kamera kommen die Waidmänner und -frauen daher leicht an wichtige Informationen, etwa ob neben der Rotte Wildschweine auch ein Reh zur Futterstelle kommt und ob die Tiere alt oder krank sind. Bei den vom Aussterben bedrohten Luchsen können sogar einzelne Tiere anhand der Punkte im Fell individuell bestimmt und überwacht werden.

Überwachung des ungeliebten Nachbarns

Auch Schreder schätzt, dass "in sehr vielen" der gut 12 000 Reviere in Bayern Wildkameras hängen. Meist an Orten, wo die Tiere extra angelockt werden: an Futterstellen, Salzlecksteinen, Suhlen oder auch Wasserstellen. Orte also, zu denen Menschen nur selten kämen - und somit auch nur selten fotografiert würden. Das Gesetz stellt dabei klar, dass Aufnahmen von Menschen sofort gelöscht werden müssen, sobald der Jäger dies mitbekommt. Eine Kontrolle ist jedoch unmöglich, zumal selbst manche engagierte Jäger nicht richtig firm in den Datenschutzbestimmungen sind. Dennoch sieht Landesamtschef Kranig das Thema gelassen. Ihn beunruhigt vielmehr, dass Privatleute die billig gewordenen Kameras deutlich häufiger einsetzen, um bei Nachbarschaftsstreitereien die Gegenpartie zu beobachten. "Das hat in den letzten Jahren von der Zahl der Eingaben her stark zugenommen", berichtet der Chef der Ansbacher Behörde. Doch auch wenn so manche Internetseite das Thema Datenschutz bei Fotofallen eher süffisant zur Seite wischt, ist eines völlig klar: Die Haustür seines Nachbarn per Kamera zu beobachten, ist eindeutig illegal.
(Elke Richter, dpa)

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