Leben in Bayern

Seit Anfang 2024 testet die Stadt München in einigen Stadtteilen verschiedene Varianten eines Holsystems für Verpackungsmüll, unter anderem den Gelben Sack. (Foto: dpa/Lennart Preiss)

07.02.2025

"Die Bürger wünschen sich die Gelbe Tonne“

Der Münchner Stadtrat entscheidet erst nach einer dreijährigen Testphase über ein neues Holsystem zur Abfalltrennung – der Favorit scheint schon festzustehen

In der Herzogstraße in Schwabing ist es die Gelbe Tonne, in der St.-Anna-Straße im Lehel ist es der Gelbe Sack: Seit Februar 2024 wird in speziell ausgesuchten Gebieten in München die Entsorgung von Plastikmüll mit sogenannten Holsystemen getestet, dieser Müll wird also abgeholt. Eine weitere Variante ist die Wertstofftonne, in der auch Gegenstände aus Kunststoff oder Metall gesammelt werden können.

Den Pilotversuch hatte der Stadtrat Ende 2022 auf den Weg gebracht. Das Ziel: „die Durchführbarkeit eines Holsystems für Leichtverpackungen in der eng bebauten Stadt München zu testen“. Dazu werden die Vor- und Nachteile der verschiedenen Varianten wie Vollservice, Eigenbereitstellung oder vierwöchentlicher Abholrhythmus untersucht.

Die wissenschaftliche Begleitung lief bis Ende Januar. Jetzt werden die Daten ausgewertet und dem Stadtrat im Sommer vorgelegt. Zu den Ergebnissen hält sich der Münchner Abfallwirtschaftsbetrieb auf Nachfrage allerdings noch bedeckt, man könne „leider zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung herausgeben“. 

Wenn Krähen die Säcke aufhacken

Ein paar Erkenntnisse gibt es aber schon, jedenfalls in Sachen Gelber Sack. „Prinzipiell halten die Menschen die Mülltrennung für gut“ sagt Andrea Stadler-Bachmaier, Vorsitzende des Bezirksausschusses 1 Altstadt-Lehel. Aber die Bürger seien auch der Meinung, der Gelbe Sack sei dafür nicht das richtige System. „Ich kann das bestätigen“, sagt die Grünen-Politikerin, die ebenfalls im Lehel wohnt. Das Problem: Man muss den Gelben Sack plus Inhalt in der Wohnung lagern, bis der nächste Abholtermin kommt.

Also, wohin damit? Und im Sommer würden die Krähen die draußen abgestellten Säcke aufhacken und den Müll verstreuen. „Die Bürger wünschen sich stattdessen die Gelbe Tonne“, sagt Stadler-Bachmaier. Diese steht wie die anderen Mülltonnen hinter dem Haus.
Und noch eine Erkenntnis hat die Bezirksausschuss-Vorsitzende: Mit dem Holsystem wird mehr Plastikmüll gesammelt als mit dem Bringsystem der – oft überfüllten – Wertstoffinseln, die bisher der Standard in München sind.

Die Stadtratsfraktion Grünen – Rosa Liste ist wegen dieser Einschätzung auch schon vorgeprescht. Sie fordert die Einführung entweder der Gelben Tonne oder der Wertstofftonne in München. Die Entscheidung sollte aber eigentlich erst zum Ende der Testphase fallen. Also Ende 2026. Die Fraktion fordert aber, jetzt schon Verhandlungen aufzunehmen, um dann auch ohne Verzögerungen umsteigen zu können. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) war über diesen nicht abgestimmten Vorstoß des Koalitionspartners nicht begeistert.

Was kommt hinein in die Gelbe Tonne beziehungsweise den Gelben Sack? Es geht um sogenannte Leichtverpackungen wie Konservendosen, Kunststoffummantelungen oder Tetrapaks, bei den Wertstofftonnen auch „stoffgleiche Nichtverpackungen“ wie etwa Pfannen, Plastikspielzeug oder -eimer.

Bei den Flaschen hingegen bleibt alles beim Alten. In München wurden zwei Privatfirmen mit der Durchführung der Müllabholung beauftragt: die Firma Wittmann und die Firma Remondis. Letztere ist ein international agierendes Familienunternehmen mit 700 Standorten in Deutschland und an die 40 000 Mitarbeiter. Beide Unternehmen sind auch für die fast 1000 Wertstoffinseln in München zuständig, wie die Flaschen- und Plastikmüllcontainer offiziell heißen.

Grüne wollen jetzt schon eine Entscheidung

Diese Container sind Bestandteil des Dualen Systems, wobei durch die 1991 in Kraft getretene Verpackungsverordnung die Wirtschaft verpflichtet wurde, in Umlauf gebrachte Verpackungen nach Gebrauch zurückzunehmen und einer Verwertung zuzuführen. In den ersten Jahren geschah diese Entsorgung mit dem Logo des „Grünen Punktes“.

In den fünf Testgebieten kam jetzt zur blauen Papiertonne, der braunen Biotonne und der schwarzen Restmülltonne die Farbe Gelb bei der Mülltrennung hinzu. Für diese Stadtgebiete gab es Vorgaben wie „unterdurchschnittliche Depotcontainer-Versorgung“, außerdem sollten zwei „Kleintonnengebiete“, zwei „Geschosswohnungsbaugebiete“ und ein Mischgebiet dabei sein. Zudem haben die Pilotgebiete zu Vergleichszwecken eine ähnliche Größe (rund 12.000 Einwohner).

Neu erfinden muss man das Rad in München wegen der Farbe Gelb nicht, diese Entsorgung von Plastikmüll gibt es längst in anderen Städten und Kommunen in Bayern. Und dementsprechend liegen auch bereits andere Untersuchungen vor. Zum Beispiel beim bayerischen Umweltministerium. Das Ministerium verglich in Zusammenarbeit mit dem bifa Umweltinstitut, dem Zweckverband für Abfallwirtschaft Kempten (ZAK) und der Fachhochschule Kempten mehrere Systeme hinsichtlich Umweltwirkung, Kosten und Akzeptanz bei der Bevölkerung.

Das Holsystem ist sogar besser für die Umwelt

Das Ergebnis: Kommen neben dem Wertstoffhof auch Holsysteme wie der Gelbe Sack oder die Gelbe Tonne zum Einsatz, erhält man auch mehr Wertstoffe. Dabei gab es übrigens keine signifikanten Unterschiede in der Ökoeffizienz zwischen Gelbem Sack und Wertstofftonne.
Die Untersuchung ergab noch etwas Interessantes: Das bequemere Holsystem belastet die Umwelt sogar weniger als das Bringsystem. Klar: Man bringt den Müll ja meistens mit dem Auto zum Wertstoffhof.

Und wie sieht es mit der Akzeptanz durch die Bevölkerung aus? Die Ergebnisse in Kempten zeigen, „dass das (Bring-)System intensiv genutzt und sehr positiv beurteilt wird“. Allerdings: Werden die Befragten vor die Wahl gestellt, statt des Wertstoffsacks eine Gelbe Tonne beziehungsweise Gelbe Säcke oder eine Wertstofftonne mit kostenloser Abholung zu nutzen, möchten nur noch 29 Prozent der Befragten den Wertstoffsack behalten, mit dem sie dann zum Wertstoffhof müssen. 38 Prozent wiederum entschieden sich spontan für die Wertstofftonne, während 33 Prozent den Gelben Sack beziehungsweise die Gelbe Tonne präferierten.

Es wird interessant werden, ob sich diese Tendenzen aus der Befragung in Kempten auf die Testgebiete in München übertragen lassen oder ob man hier zu anderen Ergebnissen kommt. 2027 soll jedenfalls das neue Sammelsystem für Leichtverpackungen in München feststehen.
(Rudolf Stumberger)
 

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