Leben in Bayern

40 Eichhörnchen betreut Sabine Gallenberger aktuell – in der eigenen Wohnung und in ihrem Garten. Auch dieses kleine Eichhörnchenbaby (kleines Bild). (Fotos: Rudolf Stumberger)

17.05.2019

Die Eichhörnchen-Ersatzmutter

Die Münchnerin Sabine Gallenberger kümmert sich mit ihrem Verein um verletzte und verwaiste Nager

Das Mutter-Kind-Drama begann an einem Mittwoch. Auf dem Balkon einer Münchner Familie. fand sich am Vormittag eine Eichhörnchen-Mama mit ihrem Jungen ein. Nicht ungewöhnlich, denn die possierlichen Tierchen schauen immer mal wieder vorbei – und stöbern auf Futtersuche im Vogelhäuschen herum. Doch diesmal war etwas anders: Das Kleine schaffte den Rückweg über die Mauer hinauf aufs Dach nicht mehr. Zwei Tage verbrachte das junge Eichhörnchen deshalb auf dem Balkon, quasi in Gefangenschaft. Die Mutter kehrte immer wieder zurück, fand aber keinen Ausweg. „Das Tierchen war schon völlig erschöpft“, berichtet Anneliese S., zu deren Laimer Wohnung der Balkon gehört. „Ich habe eine Schüssel mit Wasser und Futter hingestellt.“

Szenenwechsel nach München-Waldtrudering. Das Wohnzimmer von Sabine Gallenberger erinnert ein wenig an eine Zoohandlung. Auf dem Boden stehen mehrere große Käfige, in denen sich schwarze und braune Eichhörnchen tummeln. Käfige gibt es auch auf dem Sofa, neben der Tür und in einem weiteren Zimmer. Und auch draußen, im Garten, hüpfen etliche Eichhörnchen in einer großen Voliere umher. Gallenbergers Heim ist quasi das Zentrum des Eichhörnchen-Notdienstes, einem Verein, dem die 36-jährige Münchnerin vorsteht.

„Zu allen möglichen Tages- und Nachtzeiten rufen Menschen an, das geht rund um die Uhr“, sagt Gallenberger. Die Anrufer berichten ihr von verletzten oder aus dem Nest gefallenen Eichhörnchen. Das Problem sei, so die Tierfreundin, dass es im Stadtgebiet immer weniger Bäume mit Astlöchern gebe, die den Tierchen als natürliche Höhle für die Aufzucht der Jungen dienen könnten. Aus diesem Mangel heraus bauen die Eichhörnchen ihre Nester oft an Vorsprüngen von Häusern oder unter dem Dach. Der Weg dahin ist allerdings beschwerlich: Die Tiere müssen sich mit ihren Krallen die Hauswand herauf- und herunterhangeln. Eine Anstrengung, die viele Jungtiere nicht schaffen – und abstürzen. Eine weitere Gefahr: Krähen räubern die Nester aus, manches Eichhörnchenbaby fällt dabei herab und verendet.

„Es ist nicht so, dass wir der Natur ins Handwerk pfuschen wollen“, sagt die Tierschützerin über ihre Einsätze. „Aber weil wir zu viele Bäume abholzen, ist das auch ein von Menschen gemachtes Problem.“ Dazu komme, dass es im Stadtgebiet immer weniger Wasserstellen für Wildtiere gebe.
Gallenberger nimmt eines der kleinen Eichhörnchenbabys aus dem Käfig und gibt ihm das Fläschchen – eine Pipette, gefüllt mit Ziegenaufzuchtmilch. „Um die Kleinen muss man sich alle vier Stunden kümmern“, beschreibt Gallenberger ihre Aufgaben als Ersatzmutter.

1200 Tiere hat der Verein im vergangenen Jahr versorgt

Begonnen hat alles vor elf Jahren, als aus Gallenbergers erster Erfahrung mit der Aufzucht von verwaisten kleinen Eichhörnchen ein immer zeitaufwendigeres Engagement wurde. „Heute rufen Leute aus ganz Deutschland bei uns an“, sagt die Tierschützerin. 1200 Tiere wurden vergangenes Jahr im Großraum München von dem Verein versorgt. Das geht nur, weil sich bis zu 30 Ehrenamtliche um sie kümmern. Sie organisieren sich telefonisch, nehmen die verletzten oder verwaisten Eichhörnchen bei sich zu Hause auf und versorgen sie gegebenenfalls auch medizinisch. Sind die Tiere aufgepäppelt, werden sie im Alter von 14 bis 16 Wochen wieder in die Natur entlassen.

Aktuell betreut Sabine Gallenberger an die 40 kleine Tiere in ihrer Wohnung und im Garten. Ein Vollzeitjob, den sie nur machen kann, weil ihr Vater im eigenen Kiosk aushilft. Der Verein Eichhörnchenschutz e.V. wünscht sich deshalb Hilfe von der Stadt – für eine festangestellte Tierpflegerin, Futter und die Tierarzt-Kosten.

Das Mutter-Kind-Drama von Laim ist dank des Vereins am Ende gut ausgegangen. Nachdem Anneliese S. die Notrufnummer gewählt hatte, kam nur kurze Zeit später ein junges Ehepaar. Und nahm „Lutzi“ –  so hat es das junge Eichhörnchen kurzerhand genannt – in Obhut. Jetzt wartet es in einer Voliere mit anderen Nagern auf die Auswilderung. (Rudolf Stumberger)

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