Leben in Bayern

Für Doggen schlägt ihr Herz besonders hoch: Gabi Hesel widmet sich mit ihrer ganzen Energie ihren Hunden. (Foto: Bäumel-Schachtner)

25.06.2021

Die Hunderetterin

Die Niederbayerin Gabi Hesel päppelt in Not geratene Vierbeiner wieder auf – zum Beispiel die Mischlingsdame Cleo, die in China beinahe auf dem Teller gelandet wäre

Im Landkreis Landshut lebt Gabi Hesel mit ihrer Schwester Lynn und derzeit 13 Hunden auf einem kleinen Hof. Viele der Vierbeiner sollten getötet werden. Die 68-Jährige hofft, die Tiere nach deren Genesung weitervermitteln zu können. Doch weil nicht alle körperlichen oder seelischen Wunden geheilt werden können, gibt es immer wieder Hunde, die für immer bei ihr bleiben dürfen.

Mit gespitzten Ohren und federndem Gang pest Cleo durch den Garten. Die hübsche Hündin, vermutlich etwa fünf Jahre alt, könnte Schnauzer- oder Terrierblut in sich tragen. Gäbe es den Tierschutz nicht, wäre die fröhliche Hundedame auf einem Teller gelandet – mit Sojasauce oder als Gericht süß-sauer. Denn Cleo kommt aus China und war dort schon auf einem Fleischtransporter auf dem Weg zum Schlachter. Tierliebhaber*innen haben sie freigekauft und in ihre Obhut genommen. Vor eineinhalb Tagen erst ist sie nach unzähligen Flugstunden in Niederbayern angekommen. Auf dem Hof von Gabi Hesel und ihrer Schwester Lynn.

Aktuell leben 13 Hunde bei den Hesel-Schwestern. Sie toben in dem riesigen Garten herum oder ruhen sich im Schatten der alten Obstbäume aus. Andere wiederum kuscheln sich lieber unter eine Decke im historischen Bauernhaus aus dem Jahr 1869. Die beiden Frauen kümmern sich in Guntersdorf in der Gemeinde Schalkham mit Hingabe um die Hunde. Pflegen sie oft gesund. Denn viele Tiere, die in ihre Obhut gegeben werden, leiden – an Leib und Seele. Und nicht immer heilen alle Wunden.

Cleo aber wirkt, als wäre sie immer schon hier. Aufgeweckt und ausgeglichen. Nun wartet sie darauf, dass sie „ihre Menschen“ findet und in ein liebevolles Zuhause umziehen kann. Für immer. Dafür wollen Gabi und Lynn Hesel sorgen. Die beiden zogen vor 24 Jahren in das alte Bauernhaus in Guntersdorf – und starteten dort, im Herzen des Landkreises Landshut, mit ihrer Tierschutzarbeit.

Gabi Hesel ist auch Vorsitzende der Tierfreunde Niederbayern. Die gemeinnützige Organisation mit rund 100 Mitgliedern hat sie vor mehr als zwei Jahrzehnten selbst gegründet. Das Ziel: Hunden in Not zu helfen und sie in gute Hände zu vermitteln. Ihnen bis dahin ein Heim zu bieten – ohne Gitter. Die Vierbeiner können sich innerhalb des gesicherten Grundstücks frei bewegen.

 Die 68-jährige Hesel ist gelernte Arzthelferin, arbeitete aber viele Jahre als Sachbearbeiterin. Sie lebte in München, Frankfurt und Paris. Doch irgendwann wurde ihre Sehnsucht nach einem eigenen Hund so groß, dass sie sich in Niederbayern niederließ und mit ihrer Schwester Lynn (61) in Guntersdorf den kleinen Hof mietete.

Und dann holte sich Hesel ihren Traumhund: eine deutsche Dogge. Doch weil diese krank war, währte das gemeinsame Glück nur ein halbes Jahr. Anschließend rettete sie zwei Doggen vor der Tötung in Polen. 1997 war das und gar nicht so einfach, zur Zeit des Eisernen Vorhangs die beiden Notfälle nach Bayern zu holen. Doch es klappte. Das war die Initialzündung für die Tierschutzarbeit der beiden Frauen.

Die Nachbarn helfen, zum Beispiel mit Sachspenden

Viele Doggen fanden seither bei den Hesel-Schwestern ein neues Zuhause. Lynn, die als Hundetrainerin arbeitet, ist zwar auf Jagdhunde spezialisiert, doch bei ihnen ist jeder Hund in Not willkommen. Auch und vor allem mit schwieriger Prognose. Eines ihrer Sorgenkinder ist zum Beispiel Jimmy, dem ein Vorderlauf fehlt. Er kann sich deshalb nur unter großer Kraftanstrengung fortbewegen. Hundehasser haben ihm eine Ladung Schrot mitten zwischen die bernsteinfarbenen Augen geballert. Noch heute erzählen schwarze Punkte davon. Für den etwa Dreijährigen suchen die Schwestern nun ein Zuhause mit einem netten Zweithund. Und mit einem Grundstück, auf dem sich Jimmy nach seinem Gusto fortbewegen kann. Denn Gassi gehen kann er nicht.

Die Tiere, um die sich die Hesels kümmern, stammen nicht nur aus dem Auslandstierschutz. Viele kommen auch aus der Region. Besonders freut Gabi Hesel, dass es mit den Nachbarn so gut klappt: „Wir wohnen im nettesten Dorf der Welt“, schwärmt sie. „Die Bewohner akzeptieren uns voll, weil wir Rücksicht nehmen.“ Nicht selten bringen Nachbarn Matratzen und Decken für die Hunde vorbei.
Bis zu 25 Hunde dürften laut dem Veterinäramt auf dem niederbayerischen Anwesen gehalten werden. Das ist ein Fulltime-Job. Helfer*innen sind den Schwestern daher immer willkommen. Zudem reisten beide gerne. Die beiden haben bereits die Welt gesehen.

Und so kam Gabi Hesel auch auf die Idee, im besten Rentenalter ein eigenes Unternehmen zu gründen: „Camper Dogs“, eine Wohnmobilvermietung für Menschen mit Hunden. Die 68-Jährige hat von einem Fachmann zwei Wohnmobile so umrüsten lassen, dass auch größere und mehrere Hunde mit ihnen sicher reisen können. Es gibt spezielle Vorrichtungen, damit die Hunde nicht durch den Wagen purzeln, wenn gebremst wird. Und die Camper bieten spezielle Hunde-Schlafplätze.

Vor Corona lief das Geschäft gut, freut sich Gabi Hesel. Die ersten drei Jahre sei sie von Anfragen überrollt worden. Dann kam die Pandemie. Aktuell läuft das Geschäft nur langsam wieder an. Gerade bei Auslandsreisen, zum Beispiel nach Schweden, seien manche noch zurückhaltend. Doch Hesel ist optimistisch, dass es bald wieder läuft.

Vergangenes Leid: Manche Hunde haben Macken

Immerhin kommen die Einnahmen aus der Camper-Vermietung auch den Hunden zugute. Allein Spenden und Mitgliedsbeiträge decken die Vereinskosten nicht. Die Schwestern buttern noch einiges dazu. „Wir sind aber keine Märtyrerinnen“, erklärt Gabi Hesel. „Wir kümmern uns um die Hunde, weil es uns Freude bereitet und wir uns über jeden kleinen Erfolg freuen.“

Vermitteln die Hesels einen ihrer Hunde an neue Besitzer, müssen die sich einer genauen Prüfung unterziehen lassen. Nur wer geeignet ist, kommt zum Zug. Und auch nur, wer mit der ein oder anderen Macke der Hunde zurecht kommt. Bei der oft leidvollen Vorgeschichte keine Seltenheit bei den Tieren. Verschwiegen wird von den beiden Schwestern nichts: „Wir sind absolut ehrlich und schildern Probleme eher etwas zu drastisch“, betont Gabi Hesel.
Und so bleiben manche der einstigen Notfälle für immer bei Gabi Hesel. So wie wohl auch das charmante Dreibein Jimmy. Doch aufgegeben hat die 68-Jährige noch nicht. Vielleicht kommt ja doch mal einer vorbei, der zu Jimmy passt. Und ihm ein ruhiges Plätzchen bietet.
(Melanie Bäumel-Schachtner)

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