Leben in Bayern

Mitarbeitende der Caritas am Münchner Hauptbahnhof. (Foto: dpa/Sven Hoppe)

05.04.2022

Die Kirche und Flüchtlinge

Auch die katholischen Kirche engagiert sich für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Ein Akt der Nächstenliebe - und Imagepflege, die die geprügelte Institution dringend brauchen kann

Es war ein kurzfristiger Entschluss. Quasi über Nacht entschieden die drei Frauen: Wir müssen weg. Am nächsten Morgen nahmen sie ihre Kinder, ließen ihre Männer zurück und machten sich auf dem Weg aus ihrer Kleinstadt in der Ukraine nach München. "Drei Frauen, zwei Autos, vier Tage", beschreibt die 34-jährige Ivanna ihre Flucht über Ungarn und Österreich nach Deutschland.

Seit Anfang März leben Ivanna, ihre 27 Jahre alte Schwester Inna und ihre 38 Jahre alte Schwägerin Viktoria mit ihren Kindern nun im Salesianum in München, einer katholischen Einrichtung, die von dem Orden der Salesianer Don Boscos unterhalten wird. Bis zu 30 Flüchtlinge aus der Ukraine leben dort in einem Haus, in dem eigentlich Tagungsgäste unterkommen. Sie haben dort ein Dach über dem Kopf, werden versorgt, können Deutschkurse besuchen.

Während die beiden Schwester quasi im Homeoffice weiterarbeiten für ihre Firmen und ihre Schwägerin, eine Sportlehrerin, Online-Kurse für ihre Schüler in der Ukraine gibt, gehen die Kinder in den angeschlossenen Kindergarten oder die Schule.

Wenn die Familien durch den Stadtteil laufen - zum Beispiel, weil engagierte bayerische Eltern ihnen die Spielplätze in der Umgebung zeigen wollen - kämen immer wieder Menschen im Viertel auf sie zu, suchten das Gespräch, überschütteten die Kinder mit Geschenken. "Ich mag Deutschland, weil mal hier so viele Geschenke bekommt", sagt Ivannas Sohn, der fünf Jahre alte Demian.

Bistümer stellen Hunderte Plätze zur Verfügung

Auch der Salesianer-Pater Alfons Friedrich sieht, dass das, was sein Orden tut, gut ankommt in der Nachbarschaft - und auch dem wegen des andauernden Missbrauchsskandals angeschlagenen Image der katholischen Kirche alles andere als schadet. Er spricht auch von "Trauerpastoral", die irgendwann eine Rolle spielen werde: "Was passiert, wenn die ersten Meldungen kommen, dass der Mann gestorben ist?" Er arbeitet nach eigenen Angaben auch eng mit der ukrainischen Kirchengemeinde in der Nachbarschaft zusammen und betont: Missionierung sei das letzte, worum es gehe in der Flüchtlingshilfe. "Es geht um Nächstenliebe."

"Die bayerischen Bistümer und die Caritas in Bayern engagieren sich als Kirche in vielfältiger Weise für die Menschen, die vom Krieg in der Ukraine betroffen sind", teilte die Freisinger Bischofskonferenz, der Zusammenschluss der bayerischen Bistümer, in der vergangenen Woche mit - ein Thema, über das der Münchner Kardinal Reinhard Marx als Vorsitzender nach der Frühjahrstagung deutlich lieber sprach als über die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in seiner Kirche.

Hunderte Plätze für Flüchtlinge stellen die Bistümer demnach zur Verfügung, das Bistum Regensburg und das Erzbistum München und Freising allein je 900. In München wurde eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um alle Gebäude und Grundstücke auf verfügbaren Wohnraum zu überprüfen. Geeignete Objekte werden dann den Behörden angeboten - zum Beispiel ein leerstehendes Studentenwohnheim.

Im Bistum Würzburg gibt es 470 Plätze für Geflüchtete aus der Ukraine und im Bistum Augsburg 390 in Häusern und Wohnungen, die den Pfarreien gehören, ober auch in Pfarrheimen. Flüchtlinge aus der Ukraine leben nach Angaben der jeweiligen Bistümer derzeit in kirchlichen Bildungsstätten, in Klöstern oder in den Priesterseminaren von Eichstätt und Passau. Im Bistum Regensburg stellt die Katholische Jugendfürsorge 70 Plätze speziell für Waisenkinder zur Verfügung.

Salesianer-Pater Friedrich sagt in München: "Auf uns kommen Menschen zu, die sagen: Was Ihr hier tut, ist gut - und ich erlebe Kirche endlich wieder so, wie ich sie erleben will."
(Britta Schultejans, dpa)

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