Leben in Bayern

1,4 Millionen Mal pro Jahr werden die Wertstoffhöfe in München angesteuert. Das könnte sich bald ändern, wenn die Gelbe Tonne testweise eingeführt wird. (Foto: dpa/Maurizio Gambarini)

30.06.2023

Eine neue Farbe für den Münchner Müll

Bisher bringt man in der Landeshauptstadt Plastikabfall zu den Wertstoffhöfen – doch bald startet ein dreijähriger Testbetrieb für die Gelbe Tonne und den Gelben Sack

In der Triftstraße Nummer 8 im Münchner Lehel geht es hoch her: Müllwerker Jens Müller schiebt gerade die schwarze Abfalltonne aus der Hofeinfahrt auf die Straße, wo das Müllauto wartet. Derweil nähert sich die Straßenbahn und mehrere Autos halten an, dazwischen ein paar Radfahrer. Das Müllauto muss rangieren: zurück, dann Straßenbahn und Autos durchlassen, dann wieder nach vorne.

Dreimal in der Woche holt die Partie die verschiedenen Müllsorten ab: den Restmüll in der schwarzen, den Papiermüll in der blauen und den Biomüll in der braunen Tonne. Nächstes Jahr kommt im Lehel eine weitere Farbe hinzu: Dann können die Menschen ihren Plastikmüll im Gelben Sack entsorgen. Denn der Stadtrat hat einen dreijährigen Pilotversuch zum Thema „Holsysteme für Leichtverpackungen“ beschlossen. Müll – das ist einerseits eine Ressource, mit der man Geld verdienen kann, andererseits ein Thema des Umweltschutzes, bei dem es um Mülltrennung und Müllvermeidung geht.

Die Zahlen aus der bayerischen Landeshauptstadt lassen die Dimensionen des Themas Müll erahnen. 1600 Mitarbeitende des kommunalen Abfallwirtschaftbetriebs München sammelten 2021 an die 302 000 Tonnen Restmüll, 72 686 Tonnen Papier und 52 008 Tonnen Bioabfall ein. Und Müll hat auch eine soziologische Dimension. Lehel – das Viertel, in dem Müllwerker Müller mit seinen Kollegen unterwegs ist – ist eine der begehrtesten und teuersten Wohngegenden von München.

302 000 Tonnen Restmüll pro Jahr in München

„Der Biomüll ist deutlich mehr geworden“, sagt Jens Müller. Der 56-Jährige ist seit 13 Jahren bei der Müllabfuhr, läuft jeden Arbeitstag an die 25 Kilometer. Und im Gegensatz zu Hochhaussiedlungen mit Sozialwohnungen gebe es hier kaum Sperrmüll. Dafür finde man immer wieder ungeöffnete Packungen in den Tonnen, zuletzt ein noch verpacktes, nagelneues Faschingskostüm für Kinder.

Neben der regulären Müllabfuhr trennt die Stadt den Müll auch über die zwölf Wertstoffhöfe im Stadtgebiet, dort verzeichnet man pro Jahr an die 1,4 Millionen Anlieferungen. Will heißen, so oft kommen die Bürger*innen vorbei, um ihre alten Computer, Fahrräder, Sitzecken oder Altkleider loszuwerden.

Was noch einigermaßen funktioniert oder gut aussieht, kommt in die sogenannte Halle 2, das Gebrauchtwarenhaus der Stadt in München-Pasing. Wer aber seine Weinflaschen und Joghurtgläser, die Konservendose und die Milchpackung zum Container bringt, weiß vielleicht gar nicht, dass die Stadt mit diesem Müll nichts zu tun hat.

Denn die fast 1000 Wertstoffinseln in München, wie die Flaschencontainer offiziell heißen, werden von privaten Firmen geleert. In der Landeshauptstadt sind das die Firmen Remondis und Wittmann. Sie sind Bestandteil des „Dualen Systems“, wobei durch die 1991 in Kraft getretene Verpackungsverordnung die Wirtschaft verpflichtet wurde, in Umlauf gebrachte Verpackungen nach Gebrauch zurückzunehmen und einer Verwertung zuzuführen.

In den ersten Jahren geschah diese Entsorgung mit dem Logo des Grünen Punktes. Jetzt aber geht es um den Gelben Sack beziehungsweise die Gelbe Tonne, die unter der Regie der Privatfirmen in München erprobt werden sollen.

Nun gibt es diese Entsorgung von Plastikmüll ja längst in anderen Städten und Kommunen. Warum gab es das bisher nicht in München und warum nun nur zur Probe? „Der Pilotversuch wird auf Wunsch des Stadtrats in München durchgeführt“ , schreibt der Abfallwirtschaftsbetrieb auf seiner Homepage, „um die Durchführbarkeit eines Holsystems für Leichtverpackungen in der eng bebauten Stadt München zu testen.“ Es sollen die Vor- und Nachteile der verschiedenen Varianten wie Vollservice, Eigenbereitstellung oder vierwöchentlicher Abholrhythmus getestet werden.

Holsystem bedeutet, dass man den Plastikmüll nicht mehr selbst zum Container bringen muss, sondern dass er eben im Gelben Sack oder in der Tonne abgeholt wird. Hinein kommen sollen Leichtverpackungen wie Konservendosen, Kunststoffverpackungen oder Tetrapaks, bei den Tonnen auch sogenannte stoffgleiche Nichtverpackungen wie etwa Pfannen, Plastikspielzeug oder -eimer.

Die Testphase dauert von Januar 2024 bis Ende 2026

Bei den Flaschen bleibt alles beim Alten. Um das Pilotprojekt wissenschaftlich auszuwerten, hat man sich auf eine Reihe von Vorgaben geeinigt: Untersucht werden zum Beispiel Stadtgebiete mit „unterdurchschnittlicher Depotcontainer-Versorgung“, außerdem zwei „Kleintonnengebiete“, zwei „Geschosswohnungsbaugebiete“ und ein Mischgebiet. Zudem sollen die Pilotgebiete zu Vergleichszwecken eine ähnliche Größe haben (rund 12 000 Einwohner*innen).

Die Testphase dauert von Januar 2024 bis Ende 2026. Aus der wissenschaftlichen Begleitung heraus soll eine Ökobilanz der verschiedenen Sammelsysteme erstellt werden. Anschließend werden dem Stadtrat Vorschläge zur weiteren Vorgehensweise unterbreitet. 2027 soll dann das Sammelsystem für Leichtverpackungen in München feststehen. (Rudolf Stumberger)
 

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