Im Corona-Jahr kann man sich selbst in Schloss Neuschwanstein ein wenig einsam fühlen. Überall dort, wo sich im Freistaat normalerweise Touristenmassen tummeln, ist angesichts der Pandemie kaum etwas los. Gedränge soll schließlich vermieden werden, und Reisende aus dem Ausland sind vergleichsweise wenige da. Ganz ohne Warteschlangen geht es an den Besucher-Hotspots jedoch nicht - es stehen nur eben weniger Menschen und mit mehr Abstand an.
SCHLOSS NEUSCHWANSTEIN:
König Ludwig II. war menschenscheu und suchte in Schloss Neuschwanstein die Einsamkeit. Kurz nach seinem Tod 1886 kehrte Leben in sein Refugium ein: Es wurde für Besucher geöffnet. In den vergangenen Jahren spazierten pro Tag während der Hochsaison 6000 Menschen durch das im Allgäu gelegene Schloss des "Märchenkönigs". In Zeiten von Corona sind es noch 1080 pro Tag, wie die Bayerische Schlösserverwaltung in München mitteilte.
Neuschwanstein ist vor allem für Touristen aus dem Ausland ein Anziehungspunkt. 28 Prozent der Führungen sind normalerweise englischsprachig, je 19 Prozent Deutsch und Mandarin. Aktuell finden 66 Prozent der Führungen in deutscher Sprache statt.
Für Schlossführer Patrick Korb ist die Corona-Saison eine interessante Erfahrung. Es sei für ihn unvorstellbar gewesen, irgendwann einmal Gruppen mit nur zehn Teilnehmern durch die Räume zu führen. Auch im Innenhof sei es sehr ruhig, weil nur noch Besucher Einlass bekämen, die auch ein Ticket für eine Führung hätten. Dabei habe eben das das Schloss bisher ausgemacht: "Dass überall sehr viele Menschen aus aller Welt fotografieren, schauen, herumstehen, Brotzeit machen oder was auch immer."
Was er angenehmer findet, kann Korb nicht sagen. Führungen mit großen Gruppen seien anstrengender, andererseits seien kleine Gruppen fordernder, weil man individueller auf jeden einzelnen Besucher eingehe. Die Wochen, in denen das Schloss komplett geschlossen war, hätten die Mitarbeiter für organisatorische Aufgaben genutzt: zum Beispiel Inventur, Reparaturen, Aufräumen und Masken nähen.
MÜNCHEN:
Ein Spaziergang durch den Englischen Garten, Flanieren über den Marienplatz, Museumsbesuche oder vom Olympiaturm die Aussicht genießen: In München ist Touristen einiges geboten, und in der Regel ist gerade zur Hauptsaison viel los. An den Sehenswürdigkeiten sind Sprachen aus aller Welt zu hören. Im Corona-Jahr 2020 sieht das anders aus - nicht nur, weil das Oktoberfest ausfällt.
Die Bilanz des ersten Halbjahres fällt aus Sicht des Wirtschaftsreferates "ernüchternd" aus. Die Zahl der Übernachtungen ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 56 Prozent eingebrochen. Statt 8,3 Millionen Übernachtungen waren es 3,6 Millionen. Allein im Juni liegt der Rückgang bei knapp 74 Prozent. Das sei zwar nicht überraschend, aber dramatisch.
Jedoch: Nachdem zunächst vor allem Touristen aus Deutschland das Geschäft wieder ankurbelten, kämen inzwischen auch Gäste aus Nachbarländern nach München. Besucher aus Übersee - wie auch Geschäftsreisende - blieben allerdings noch weitgehend aus.
ROTHENBURG OB DER TAUBER:
Die mittelalterliche Kleinstadt im fränkischen Landkreis Ansbach zieht nach eigenen Angaben jährlich geschätzt 1,9 Millionen Besucher an - bei 10 000 Einwohnern. Die Stadt, die vor allem für ihre gut erhaltenen Fachwerkhäuser und den Weihnachtsmarkt bekannt ist, lebt zu einem guten Teil vom Tourismus.
2018 und 2019 wurden nach Angaben eines Stadtsprechers rund 560 000 Übernachtungen registriert. Im Corona-Jahr, so schätzt der Sprecher, könnten es 70 Prozent davon werden. "Es ist kein einfaches Jahr." Insbesondere der Markt mit Reisegruppen, die für Tages- oder Wochenendtrips nach Rothenburg ob der Tauber kommen, sei "radikal" eingebrochen. Das bekämen gerade die auf Gruppen ausgerichteten Hotels zu spüren.
Jedoch sei seit der Wiedereröffnung von Übernachtungsbetrieben der Tourismus insgesamt durchaus wieder gut angelaufen - nur mit dem Unterschied, dass deutlich weniger ausländische Besucher nach Rothenburg kommen. Üblicherweise machten ausländische Gäste 50 bis 60 Prozent aus, sagt der Sprecher.
DACKELMUSEUM PASSAU:
Dackel-Fans aus aller Welt reisen seit zwei Jahren nach Passau: Dort gibt es ein Dackelmuseum, das nicht nur Herrchen und Frauchen, sondern auch die Vierbeiner anspricht. Etwa 100 Besucher kämen jeden Tag in das Museum, sagt Inhaber Josef Küblbeck. Zwar dürften weniger Menschen zeitgleich in den Ausstellungsraum hinein, insgesamt seien es aber sogar mehr als vor Corona. Denn zurzeit kämen in erster Linie deutsche Touristen, und die schauten sich das Museum an, während sonst die ausländischen Gäste oft nur in den Dackel-Souvenir-Laden gingen. Seit der Eröffnung im April 2018 seien zudem schon rund 3000 Dackel zu Besuch gewesen.
Dennoch sei die Saison schwierig, denn im Januar und Februar ist das Dackelmuseum ohnehin geschlossen. Danach kamen die Corona-Beschränkungen, so dass das Museum erst Ende Mai wieder öffnete. Die Menschen seien aber verständnisvoll und hielten sich auch an die Auflagen wie Abstandsregeln oder Maskenpflicht. Im Dackelmuseum gibt es inzwischen sogar Dackelmasken.
(Ute Wessels, dpa)
Kommentare (0)
Es sind noch keine Kommentare vorhanden!