Die stehende Welle an der Pegnitz ist bald fertig – und dann geht der Surf-Spaß auch in Nürnberg richtig los. Die Profis vom Verein Dauerwelle dürfen bereits jetzt die Welle testen. Über zehn Jahre haben sie für das Projekt gekämpft. Und so kann Markus Söders Heimatstadt bald München mit seiner Eisbachwelle ein wenig die Surf-Show stehlen – und etwas für den eigenen Hipsterfaktor tun.
Auf dem Brett die Welle spüren: Dafür haben die Nürnberger*innen bislang nach München an den Eisbach pilgern oder in die Ferne fliegen müssen. Jetzt wird der Traum vom Wellenreiten in Franken tatsächlich Wirklichkeit. Unter dem Motto „Nürnberg surft“ testen fränkische Surfende die neue Flusswelle an der Pegnitz aktuell bereits auf schöne Brechungen und gefährliche Strudel. Thorsten Keck vom Verein Dauerwelle Nürnberg berichtet, dass er und seine Surf-Freunde von der Qualität der Welle schon sehr begeistert seien. Auf der Baustelle laufe alles wie am Schnürchen. Nach fast genau einem Jahr Bauzeit seien zuletzt die drei hydraulisch betriebenen Wellenmodule als Herzstück in den neu gebauten Wellenkanal installiert worden.
Angesichts der Eisbachwelle in München plagten Söder „Phantomschmerzen“
Damit die fränkischen Surfende auf der gemütlichen Pegnitz überhaupt wellenreiten können, haben sich Fachleute der Firma Dreamwave in Kooperation mit der Universität Innsbruck einige Tricks und Kniffe einfallen lassen müssen. Um eine stehende Welle in dem wenig mitreißenden Strom hinzubekommen, wurde ein kleiner Kanal parallel zur Pegnitz gebaut. Über ein Wehr wird der Fluss aufgestaut und über eine höhenverstellbare Rampe in den neuen Seitenarm für die Wellenreiter gelenkt, damit die
tollkühnen Surfende mit ihren Brettern gegen die Fließrichtung bei jedem Pegelstand über den Fluss reiten können. Spätestens im nächsten Frühjahr soll die fränkische Surf-Welle am Fuchsloch auch für Anfänger geöffnet werden.
In Bayern war Wellenreiten bislang nur in der Landeshauptstadt im Englischen Garten möglich. Vor zehn Jahren ist Michael Heitz als surfbegeisterter Nürnberger auf die ziemlich verrückte Idee gekommen, sich mitten in der Frankenmetropole eine stehende Welle zu wünschen. „Ich bin Nürnberger und finde, dass unsere Stadt eine Welle verdient hat!“, begründete Heitz seinen Vorschlag. Der Nürnberger Markus Söder war damals sofort Feuer und Flamme. Auch in der Öffentlichkeit Frankens hat Heitz’ Idee eine Welle der Begeisterung ausgelöst. Nach dem Motto „München hat eine Eisbach-Welle. Wir Nürnberger wollen auch eine.“
Schnell hat Söder, erst Umwelt-, dann Finanzminister, wohl auch das politische Potenzial der Surf-Idee erkannt – und umgehend versprochen, die Welle in seiner Heimatstadt mit bis zu 250 000 Euro fördern zu wollen. Am Ende bewilligte der Freistaat gar über 1,1 Millionen Euro Förderung für die Surf-Welle an der Pegnitz – im Rahmen einer Sonderförderung aus Mitteln des bayerischen Innenministeriums. Auch die Stadt Nürnberg hat auf Antrag der CSU-Fraktion dem Verein mit einer Million Euro kräftig unter die Arme gegriffen, damit der insgesamt rund 2,4 Millionen Euro teure Traum nicht am Ende doch noch an den erheblichen Kosten scheitert. Der fränkische Sportartikelhersteller Adidas sponsert ebenfalls das Projekt.
In Nürnberg geht für die fränkischen Surfer also nach über zehn Jahren des Planens, Hoffens und Bangens der Traum vom Surfen endlich in Erfüllung. Ideengeber Heitz hatte zeitweise selbst nicht mehr an die Vollendung seiner Vision geglaubt. Manchmal habe er sein Brett in die Ecke werfen wollen, weil die Surfenden mit ihrer Idee immer wieder im turbulenten Fahrwasser der Politik unterzugehen drohten. Denn auch weil die Welle in Nürnberg immer als „Söder-Projekt“ gegolten hatte, waren die damals in der Stadt tonangebenden Sozialdemokraten wohl lange nicht sonderlich begeistert von der Idee, Nürnberg zum zweiten Surf-Mekka für Wellenreiter in Bayern zu machen.
Zum Spatenstich der fränkischen Flusswelle im vergangenen Sommer war Söder selbstverständlich da – und wurde mit wärmsten Aloha-Worten umgarnt. Söder hat beim Spatenstich seinerseits allen Zaudernden und Zögernden noch mal nachträglich eine lange Nase gedreht. „Warum braucht es das jetzt auch noch?“, wollte nicht nur der damalige OB Ulrich Maly (SPD) wissen. Während die Wellenreiter am Flussufer bereits mit Blumenketten und Surf-Musik den Spatenstich feierten, berichtete Söder von seinen Phantomschmerzen, die ihn beim Anblick der coolen Eisbach-Surfer in München immer geplagt hätten.
Die Schmerzen und Komplexe dürften weg sein, seit die ersten Wellenreiter das Nürnberger Flussufer unsicher machen und sich mit Aloha-Rufen beim Reiten auf der stehenden Frankenwelle gegenseitig anfeuern. An Traumstrände von Hawaii erinnert das Fuchsloch derzeit allerdings nicht. Bagger und Bauwagen dominieren noch das Bild rund im Wiesengrund zwischen den Stadtteilen Muggenhof und Schniegling. Keck vom Dauerwelle-Verein hat bereits angekündigt, dass das Außengelände rund um den neuen Surfer-Kanal in den nächsten Wochen noch mit viel Grün verschönert wird, um eine naturnahe Surf-Arena für die wagemutigen Sportler*innen und ihr Publikum zu schaffen.
Anfänger dürfen die Welle erst reiten, wenn sie ausgiebig getestet wurde
Jetzt, in der heißen Testphase der neuen Anlage, wollen sich die Surfende aber darauf konzentrieren, die neue Welle genau unter die Lupe zu nehmen. Auch um die Sicherheit der Sportler*innen jederzeit gewährleisten zu können. Dabei müssen sie beispielsweise darauf achten, dass auch bei hohen Wasserständen keine gefährlichen Strömungen im Kanal entstehen. Nach der Freigabe der Anlage dürfen sich zunächst die mittlerweile rund 350 Vereinsmitglieder auf der zwischen 0,80 und 1,20 Meter hohen Welle austoben. Im Spätsommer soll es so weit sein. 2022 dann dürfen alle aufs Wasser. Die Profis stellen sich allerdings schon darauf ein, dass die Welle in Nürnberg wohl nicht in den trockenen Sommermonaten, sondern in den feuchten, aber leider auch etwas kühleren Wintermonaten am besten sein wird. Eine mobile Surf-Hütte soll sie vor der Kälte schützen.
„Bald muss ich nicht mehr zum Atlantik fliegen“, freut sich derweil Surf-Visionär Michael Heitz. Spätestens im Frühjahr will der Verein den regulären „Wellen-Betrieb“ starten. Vom blutigen Anfänger bis zur Profi-Surferin sollen dann alle herzlich willkommen sein – im allerersten Flusswellensurfer-Paradies in Franken. Und Söder wäre wohl nicht Söder, wenn er sich dann nicht bald selbst fotowirksam mit dem Brett in die fränkische Welle wagen würde.
(Nikolas Pelke)
Foto (dpa/Peter Kneffel) im Text: Vorbild Eisbachwelle: Lange mussten die Nürnberger neidisch auf das Surfer-Paradies in München schauen.
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