Leben in Bayern

Finstere Ecken wie diese machen vielen Frauen Angst. (Foto: dpa)

12.02.2016

Frauentaxis, Lichtkonzepte und eine Komm-gut-heim-App

Wie können Innenstädte sicherer werden für Frauen? Das ist nicht erst seit der Kölner Silvesternacht ein Thema – was Bayerns Städte bieten

Die Vorkommnisse der Kölner Silvesternacht haben den Blick wieder einmal darauf gelenkt, wie Innenstädte sicherer werden können für Frauen. Aus Regensburg kam Anfang Januar ein eher kurioser Vorschlag: Frauenzonen in Bussen. Und öffentlich bezuschusste nächtliche Frauentaxis. Die Vorschläge wurden abgebügelt. Wobei der Initiator, Stadtrat Christian Janele von den Christlich-Sozialen Bürgern (CSB) Wert darauf legt, dass er beides geraume Zeit vor Silvester gefordert hatte.

Die Sicherheit für Frauen im öffentlichen Raum ist ein Thema, das Bayerns Städte und Kommunen spätestens seit den 90er Jahren beschäftigt. Damals belegten mehrere Studien, dass sich Frauen im öffentlichen Raum unsicher fühlen. Mit städtebaulichen Maßnahmen, der Umgestaltung von Angsträumen, aber auch mit der Einrichtung von Frauenparkplätzen wird seither versucht, Frauen ein größeres Sicherheitsgefühl zu vermitteln.

In den bayerischen Städten ist seither einiges passiert. Statistisch betrachtet ist der öffentliche Raum mit seinen klassischen Angsträumen wie Parks und Tiefgaragen für Frauen allerdings gar nicht so gefährlich. Gewalt gegen Frauen findet in rund zwei Drittel der Fälle im sozialen Nahfeld statt, also zuhause und/oder durch den Freund oder Ehemann. Die Angst der Frauen vor sexueller Gewalt auf der Straße oder im Park ist ungleich größer. In einer Erhebung aus Darmstadt gaben 59 Prozent der Frauen an, sich davor zu fürchten, nachts verfolgt zu werden.

Beleuchtung spielt beim Thema Sicherheit eine große Rolle

Beleuchtung ist einer der Schwerpunkte, der beim Thema Sicherheit im öffentlichen Raum eine Rolle spielt. In München hat man sich deshalb bereits vor einigen Jahren entschieden, Wegstrecken vor Ort und mit den Bürgern gemeinsam in Augenschein zu nehmen. Bei den Begehungen der Stadtviertel, an denen auch Mitglieder der Bezirksausschüsse teilnehmen, werden vor allem die Hauptwege in Parks, an U- und S-Bahnhöfen und an Bushaltestellen sowie Park&Ride-Anlagen in Sachen Beleuchtung überprüft. „Es geht darum, wie Straßen und Plätze gestaltet werden sollte, um sie nachts zu einem angenehmeren Aufenthaltsort für Frauen zu machen“, erklärt die Gleichstellungsstelle der Stadt. „Die Beleuchtung spielt dabei eine entscheidende Rolle.“ Werden zu dunkle Straßen und Wege bei den Nachtspaziergängen entdeckt, schafft München schnell Abhilfe. Darüber hinaus können Münchner über die Aktion „Bei Anruf Licht“, defekte Straßenlampen melden, damit diese so schnell wie möglich repariert werden können.

Was es in München nicht gibt, ist ein nächtlicher Fahrdienst für Frauen. Dies möchte die Grüne Stadträtin Jutta Koller ändern. Einen entsprechenden Antrag hat sie bereits im vergangenen Jahr gestellt, der bisher aber noch nicht verhandelt wurde. „Ein Sicherheitsproblem hat München sicherlich nicht“, schickt die Politikerin im Gespräch mit der Staatszeitung voraus, und auch sie selbst habe kein Problem damit, nachts alleine nach Hause zu gehen. „Aber ich weiß von vielen Frauen, die Ängste haben, die sich im Dunkeln auf der Straße fürchten. Diesen Frauen möchte ich mit dem Nacht-Taxi ein Angebot machen.“

Es gibt Vorbilder für ein solches Konzept, allerdings nicht in Bayern. Koller bezieht sich in ihrem Antrag auf Hannover, dort wird jede Fahrt mit dem FrauenNachtTaxi mit 2,50 Euro bezuschusst. Ähnliche Angebote gibt es beispielsweise in Stuttgart, Bremen, Münster, Maintal und Viernheim. Und in Heidelberg. Hier existiert der Fahrdienst für Frauen bereits seit 1992. „Wir möchten mit dem Angebot verhindern, dass sich Frauen abends und nachts aus dem öffentlichen Raum zurückziehen“, sagt Eva Maierl vom Heidelberger Amt für Chancengleichheit.

In einer in Heidelberg durchgeführten Studie gaben 58 Prozent der befragten Frauen an, lieber auf das Weggehen zu verzichten als später in der Dunkelheit alleine nach Hause gehen zu müssen. Die Fahrscheine für diesen Service müssen die Heidelbergerinnen vorab in den Bürgerämtern kaufen. Die Fahrpreise wurden in den vergangenen Jahren mehrmals geändert. 2005 bis 2011 kostete ein Ticket sechs Euro, 2011 bis 2015 waren es sechs und neun Euro, und seit Ende 2015 sind es sieben Euro. Die Stadt zahlt keinen festen Zuschuss, sondern bezahlt schlichtweg die Differenz zwischen dem Frauen-Ticket und Taxameter. Im Jahr 2010 waren das bei rund 15 000 Fahrten mit dem Frauen-Nachttaxi knapp 85 000 Euro.

Studie: Viele Frauen gehen abends gleich gar nicht mehr weg

Vor allem Frauen ab 61 Jahren und Frauen in der Altersgruppe von 21 und 30 Jahren nutzen das Frauentaxi. Als die Preise erhöht wurden, nahm die Anzahl der Fahrten rapide ab. „Auch das ist ein Grund, warum die Stadt jetzt wieder mehr Geld in die Hand nimmt, um das Projekt zu unterstützen“, sagt Maierl. „Wir leisten damit einen Beitrag, Frauen einen gleichberechtigten Zugang zum öffentlichen Raum zu ermöglichen.“

In Nürnberg kennt man das Heidelberger Modell, sieht jedoch keinen Bedarf. „Wir haben Ende der 1980er Jahre mal über ein Frauen-Nachttaxi diskutiert, dieses dann aber verworfen“, sagt Nürnbergs Frauenbeauftragte, Eva Löhner. Seitdem sei das Konzept vom Tisch, und es gebe auch jetzt keine Diskussionen darüber.

Löhner selbst befürwortet konkrete Maßnahmen im öffentlichen Raum. „Angsträume müssen transparent gemacht werden“, sagt sie. Die Frauenbeauftragte gibt aber zu Bedenken, dass mit einem Frauenparkplatz oder mit mehr Beleuchtung im Stadtpark nur die Symptome behandelt werden, und nicht die Ursache für das erhöhte Sicherheitsbedürfnis von Frauen. „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir nur dann nachhaltig etwas verändern, wenn wir das Verständnis über die Geschlechterrollen verändern und wir die Stereotypen und Klischees aufbrechen“, sagt sie. Nur dann seien Frauen vor Männergewalt besser geschützt.

In Regensburg, der Stadt, die sich gerade gegen das Frauennachttaxi und die Ladyzonen im Bus entschieden hat, leisten drei Studenten ihren ganz eigenen Beitrag zum Thema. 2014 haben sie eine App entwickelt, die den Nachhauseweg sicherer machen soll. „KommGutHeim“ bietet die Möglichkeit, sich von Eltern oder Freunden virtuell begleiten zu lassen. Per Notrufknopf kann der Begleiter über etwaige Probleme informiert werden. Ein Jahr nach dem Verkaufsstart hatten rund 47 000 Nutzer die Anwendung heruntergeladen. (Beatrice Ossberger)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Soll die tägliche Höchstarbeitszeit flexibilisiert werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.