Leben in Bayern

Auch nach Fußspall-Spielen beliebt: Auotkorsos durch bayerische Innenstädte. (Foto: Sven Hoppe dpa/lby)

29.07.2019

Hochzeitskorsos: Schüsse, Feuer und Verkehrschaos?

Bei deutschen Hochzeiten scheppert am Polterabend Porzellan. Auch Brautentführungen und Hupkonzerte kommen vor. Doch türkische Feierende scheinen es mit dem Spaß manchmal weit zu übertreiben. Sind Hochzeitskorsos in Bayern ein Problem oder scheint es nur so?

Sie hupten, fuhren mit quietschenden Reifen und aufheulenden Motoren durch die Münchner Innenstadt. In einem Tunnel sorgten sie sogar dafür, dass ein Rauchmelder ansprang. So beschrieb die Münchner Polizei im Juni den Autokorso einer türkischen Hochzeitsgesellschaft. Eine Woche später wurde in Schweinfurt eine kurdischer Korso mit zahlreichen Verkehrsverstößen auffällig: Die Teilnehmer hätten "die Straßenverkehrsordnung völlig außer Acht gelassen", berichtete die Polizei hinterher.

Besonders ein Fall auf der Autobahn 3 bei Aschaffenburg sorgte überregional für Aufsehen: Hier stoppte die Polizei im Februar einen mit türkischen Flaggen geschmückten Autokonvoi, nachdem Schüsse aus mehreren Schreckschusspistolen abgefeuert worden sein sollen. Gegen 40 Personen werde wegen Landfriedensbruch, Verstößen gegen das Waffengesetz und Gefährdung des Straßenverkehrs ermittelt, teilte die Polizei mit. Etliche Führerscheine wurden beschlagnahmt.

Wie oft es in Bayern zu solchen Zwischenfällen kommt, kann das Innenministerium nicht sagen. Polizeiliche Einsätze bei Hochzeitsfeiern würden nicht unbedingt mit einem Schlagwort erfasst. Daher ist auch nicht klar, wie oft speziell Hochzeitskorsos oder speziell türkische Hochzeitsgesellschaften auffällig werden.

Innenministerium: "Kein erstrangiges Problem"

Übermütige bis randalierende Hochzeitsgesellschaften stellen nach Einschätzung des Ministeriums aber kein "erstrangiges Problem" dar. Auch verschiedene Polizeiinspektionen sprechen eher von Einzelfällen. Das Thema werde insbesondere durch Vorfälle in Nordrhein-Westfalen und die öffentliche Thematisierung auch im Freistaat als mögliches Problem wahrgenommen, heißt es aus dem Innenministerium.

In der Tat kam es in NRW immer wieder zu Zwischenfällen. Dort ist auch der Bevölkerungsanteil von Menschen mit türkischem Migrationshintergrund größer. Für nur eine Woche gab die Polizei NRW jüngst 40 Einsätze wegen ausufernder Hochzeitsfeiern an - davon sieben auf Autobahnen und je fünf wegen Schüssen und Pyrotechnik. NRW hat inzwischen einen Lagebild-Bericht erstellt und erfasst die Vorfälle. "Autobahnen und Innenstädte sind keine privaten Festsäle", sagte Innenminister Herbert Reul (CDU).

Auch aus Baden-Württemberg meldete die Polizei heuer wiederholt Zwischenfälle. In Ludwigsburg löste Anfang Juli eine türkische Hochzeitsgesellschaft mit einem Autokorso einen Großeinsatz aus und legte laut Polizeimitteilung zeitweise den Verkehr lahm. Auch hier seien Schreckschusswaffen abgefeuert worden.

Die Polizei NRW hat ein striktes Vorgehen angekündigt. Auch das bayerische Innenministerium gibt an, jegliche Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zu ahnden. Hochzeitskorsos seien zwar kein auffälliges Problem. Dennoch habe die Münchner Polizei den türkischen Generalkonsul gebeten, positiv Einfluss auf die türkischen Mitbürger zu nehmen. Vorfällen bei Korsos vorzubeugen, bedeute vor allem, über die Rechtslage aufzuklären, heißt es aus dem Innenministerium.

Was erlaubt ist, ist nicht eindeutig geregelt

Was erlaubt ist und was nicht, ist allerdings offenbar nicht eindeutig geregelt. Feierlichkeiten in einem "rechtlich zulässigen und sozial adäquaten Rahmen" werden laut Ministerium toleriert. Darunter auch Hup-Korsos "im Rahmen einer sozialen Verträglichkeit" - solange sie nicht übermäßig seien. Ab wann etwas übermäßig oder nicht mehr sozial verträglich ist, liege im Ermessen der Beamten.

Ausgelassene Korsos kommen jedenfalls nicht nur bei Hochzeiten vor. Insbesondere bei großen Fußballturnieren wie Welt- und Europameisterschaften gab es den Angaben nach in der Vergangenheit Probleme. So "surften" zum Beispiel Feiernde auf Dächern fahrender Autos. Fahnen verdeckten die Autokennzeichen. In dem Fall dürften es nicht nur türkische Feiernde und Fahnen gewesen sein.

Die genaue Zahl von Vorfällen bei Korsos allgemein ist in Bayern - anders als etwa in Baden-Württemberg - ebenfalls nicht bekannt. Südländer feierten nach Fußballspielen oft besonders ausgelassen, meint ein Sprecher einer Polizeiinspektion. "Aber das Feiern an sich ist ja nichts Schlimmes", so der Polizist.

Für Fußballspiele hat die bayerische Polizei laut Innenministerium Flyer mit "Verhaltenshinweisen zu Jubel-Autokorsos" erstellt. Auf Standesämtern verteilt wurden sie noch nicht.
(Vanessa Köneke, dpa)

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