Leben in Bayern

Manfred Genditzki, der beim Wiederaufnahmeverfahren um den sogenannten Badewannen-Mordfall freigesprochen wurde, verklagt nun den Freistaat. (Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand)

27.11.2024

Justizopfer Genditzki verklagt Freistaat auf 750.000 Euro

Mehr als 13 Jahre lang saß Manfred Genditzki für einen Mord im Gefängnis, den es wohl nie gegeben hat. Jetzt fordert er Wiedergutmachung

Nachdem er 13 Jahre zu Unrecht wegen des sogenannten Badewannen-Mordes in Haft saß, verklagt Manfred Genditzki den Freistaat Bayern. Er fordert mindestens 750.000 Euro, wie eine Sprecherin des Landgerichts München I der Deutschen Presse-Agentur sagte. Ein entsprechendes Verfahren sei dort anhängig (Az. 15 O 4348/24). "Der Kläger fordert ein angemessenes Schmerzensgeld, zumindest in Höhe von 750.000 Euro", sagte die Sprecherin. 

Seine Klage ist gestützt auf Amtshaftungsansprüche nach Paragraf 839 des Bürgerlichen Gesetzbuches und Artikel 34 des Grundgesetzes, in dem es heißt: "Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht."

Genditzkis Fall hatte bundesweit Schlagzeilen gemacht. Nach jahrelangem Kampf für die Anerkennung seiner Unschuld war er im Juli vergangenen Jahres von dem Vorwurf freigesprochen worden, 2008 in Rottach-Egern eine Seniorin in ihrer Badewanne ertränkt zu haben. In dem neu aufgerollten Prozess hatte schließlich selbst die Staatsanwaltschaft Freispruch gefordert. 

Richterin: "Kumulation von Fehlleistungen"

In ihrer bemerkenswerten Urteilsbegründung erhob Richterin Elisabeth Ehrl schwere Vorwürfe gegen die Ermittler und die Justiz, sprach von einer "Kumulation von Fehlleistungen", davon, dass "Kontrollmechanismen hier nicht funktioniert haben" und dass darum einem Menschen "viele Jahre seines Lebens in Freiheit genommen wurden".

Vorangegangen war dem erlösenden Freispruch ein jahrelanger Kampf durch alle Instanzen: Nachdem das Landgericht München II Genditzki 2010 verurteilt hatte, war er in Revision gegangen. Der Bundesgerichtshof verwies das Verfahren an eine andere Kammer des Landgerichts München II zurück, die ihn im Januar 2012 erneut wegen Mordes zur Verdeckung einer anderen Straftat und Körperverletzung zu lebenslanger Haft verurteilte. Auch hiergegen legte Genditzki Revision ein - dieses Mal ohne Erfolg.

Genditzki: "14 Jahre sind weg"

Mehr als 13 Jahre lang saß er im Gefängnis, bevor sein Kampf um ein Wiederaufnahmeverfahren erfolgreich war, weil neue Gutachten untermauerten, dass die alte Frau bei einem Unfall starb und nicht Opfer eines Verbrechens wurde. "Ich werde keine Freudensprünge machen", sagte Genditzki selbst nach seinem Freispruch. "Einen Grund zum Jubeln habe ich nicht, 14 Jahre sind weg."

Im September 2023 hatte Genditzki nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft München eine Entschädigung von 368.700 Euro erhalten. Dieser Betrag entspricht der Entschädigung für 4.916 Tage im Gefängnis, denn pro Tag stehen Genditzki nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) 75 Euro zu. Genditzki und seine Anwältin Regina Rick hatten aber bereits angekündigt, sich mit dieser Summe nicht zufriedenzugeben und auf Wiedergutmachung zu pochen. 

Parallele zum Fall Mollath

Ähnlich wie nun Genditzki hatte auch schon Justizopfer Gustl Mollath, der mehr als sieben Jahre in der Psychiatrie saß, den Freistaat im Zuge der Amtshaftung verklagt. Nach einer juristischen Auseinandersetzung vor dem Landgericht München I im Jahr 2019 bekam er insgesamt rund 670.000 Euro vom Freistaat, gefordert hatte er ursprünglich 1,8 Millionen. (Britta Schultejans, dpa)

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