Auch in Bayern gehen Republikaner und Demokraten auf Stimmenfang. Doch bei den weißblauen „Ex-Pats“ scheint die Wahl längst entschieden – auch wenn viele das Spektakel um das Duell zwischen Donald Trump und Hillary langsam nervt. Allein in München leben etwa 6700 Menschen mit US-amerikanischer Staatsangehörigkeit. Die Staatszeitung hat sich unter ihnen umgehört.
Aaron Maddox muss sich bald entscheiden. Seit neun Jahren lebt der 36-jährige US-Amerikaner in München. Und der Wahlzettel, den er in der Hand hält, hat es in sich. Am 8. November wird in den USA gewählt – und dann geht es keineswegs nur um den künftigen Präsidenten oder die künftige Präsidentin. Aufgerufen ist Maddox zu einer ganzen Reihe von regionalen und lokalen Wahlen. Er muss zum Beispiel entscheiden, ob er mit seiner Stimme Gretchen D. Driskell für die Demokraten in den Kongress schickt. Oder den Republikaner Carl Meyers zum Dekan der Universität von Michigan macht. Dann geht es noch um den Bezirks-Sheriff, den Landstraßen-Beauftragten sowie die Besetzung diverser Gerichte und des lokalen Schulausschusses.
Wer verpasst hat, sich zu registrieren, hat Pech
Maddox, der sich in München mit einem Startup-Unternehmen rund um Software-Partnerschaften selbstständig gemacht hat, ist nur einer von rund 6700 US-Amerikanern, die in der bayerischen Landeshauptstadt leben. In ganz Bayern gibt es rund 22 000 sogenannte „Ex-Pats“. Und sie alle

können an den Präsidentschaftswahlen per Briefwahl teilnehmen. Vorausgesetzt sie haben sich in den USA als Wähler registrieren lassen. Da es dort keine Meldepflicht gibt, ist es nötig, sich in eine Wählerliste einzutragen, will man über den künftigen Präsidenten mitentscheiden. Maddox hat das in dem Städtchen Adrian im nördlichen US-Bundeststaat Michigan getan, dort lebt seine Kusine.
Ganz oben auf dem Wahlzettel von Maddox stehen die Parteien und Kandidaten für das Amt des Präsidenten. Auch wenn in Deutschland nahezu nur dem Duell zwischen der Demokratin Hillary Clinton und dem Republikaner Donald Trump Aufmerksamkeit geschenkt wird, in Michigan können sich die Wähler zwischen sieben Parteien und Kandidaten entscheiden. Neben den Großen stellen sich dort auch die Libertarian Party, die Grünen, die Steuerzahlerpartei, die Naturgesetzpartei und die Partei der Arbeiterklasse zur Wahl. Sie wollen jene Bürger ansprechen, die sowohl von den Demokraten als auch den Republikanern die Nase voll haben. Dazu gehört im Grunde auch Maddox, dem die Entscheidung nicht einfach fällt. Er betont zwar: „Kein vernünftiger Mensch kann Trump wählen.“ Ohnehin glaubt er, dass Clinton mit einem „mittelgroßen Vorsprung“ die Wahl gewinnt. Er selbst hat bei der letzten Präsidentenwahl aber die Grünen gewählt. Denn er hält es für grundsätzlich falsch, dass seit 1980 quasi immer wieder die zwei selben Familien – Bush und Clinton – das Amt unter sich aufgeteilt haben.
Das sei keine Demokratie mehr, meint er. Wie könne Amerika so andere Scheindemokratien in der Welt kritisieren? Will sich Maddox über die amerikanische Politik informieren, greift er auf englischsprachige Zeitungen zurück. Er nutzt verschiede Quellen, von der Chicago Tribune bis hin zur Washington Post. Und ja, natürlich sei die US-Wahl auch ein Thema, wenn man in München mit anderen Amerikanern beim Bier sitze, sagt er.
Dort trifft er zum Beispiel Katie aus Madison, der Hauptstadt von Wisconsin – ebenfalls ein Bundesstaat im Norden der USA. Die 33-jährige technische Redakteurin lebt seit gut zehn Jahren in München. Und sie ist schwer genervt von dem medialen Spektakel, das das Duell Clinton gegen Trump begleitet. „Bei dieser Präsidentschaftswahl kann man nirgends zu weit weg sein“, scherzt Katie. Aber auch sie informiert sich vor allem aus englischsprachigen Quellen. Auch sie glaubt, dass Clinton gewinnen wird. Sie selbst wählt schon immer die Demokraten, aber fest verbunden ist sie der Partei nicht.
Im bayerischen Landtag steigt die große Wahlparty
Emely Pickerell, ebenfalls eine US-Amerikanerin in München, hat dagegen verpasst, in Chicago, Illinois ihre Wahlunterlagen zu beantragen. Die 32-Jährige hat gerade Zwillinge bekommen und muss sich

seitdem um gleich vier Kinder kümmern – da bleibt für anderes kaum Zeit. „Aber“, sagt sie, „vielleicht war es auch die Enttäuschung über die beiden Kandidaten.“ Sie nutzt ebenfalls Medien aus der Heimat, die Berichterstattung in Deutschland hält sie für etwas einseitig. Auch wenn sie selbst nicht wählt, zu Hause wird oft über die Präsidentschaftswahl debattiert. Außer mit den Eltern. Diese sind konservativ eingestellt, deshalb wird das Thema gerne vermieden.
Die US-Amerikaner in Deutschland und Bayern stellen kein geringes Wählerpotenzial dar. Deshalb werden sie von den beiden großen US-Parteien umworben und gepflegt. Dazu haben sie jeweils eine Art Auslandsabteilung, die nationale Organisationen unterhalten. So gibt es etwa die „Republicans Overseas Germany“. Allerdings haben sie in München und Bayern einen eher schweren Stand. Die Demokraten jedenfalls haben sogar einen eigenen Münchner Ableger, ein „Munich Chapter“, das die bayerischen Amerikaner mit Informationen aus der Heimat versorgt und erklärt, wie man sich auch im Ausland politisch engagieren kann. Für den Wahlabend am 8. November laden die Munich Democrats denn auch zu einer Wahlparty ein. Im Wirtshaus am Bavariapark kann man die Wahlnacht auf zwei großen Bildschirmen mit CNN-Nachrichten mitverfolgen. Auch Nicht-Parteimitglieder sind willkommen, verlangt wird allerdings eine kleine Eintrittsgebühr.
Auch das Amerikahaus in München beschäftigt sich natürlich mit der anstehenden Wahl. Unter dem Titel „Clinton gegen Trump. Wird Amerika Brücken oder Mauern bauen“ hatten zum Beispiel jeweils ein Vertreter der Auslands-Demokraten und Auslands-Republikaner ihre Standpunkte erklärt. Eines ist heuer allerdings anders. Traditionell laden Amerikahaus beziehungsweise das amerikanische Konsulat am Wahlabend zu einer Wahlparty. Doch das Gebäude am Münchner Karolinenplatz wird derzeit renoviert. Deshalb findet am 8. November die amerikanische Wahlnacht erstmals im Maximilianeum statt.
(Rudolf Stumberger)
Fotos: Aaron Maddox tut sich schwer: Weder Trump noch Clinton können ihn überzeugen. (
Stumberger)
Wahlparty in München 2011: Weil das Amerikahaus renoviert wird, wird heuer im Maximilianeum gefeiert. (
dpa)
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