Leben in Bayern

Queen Elizabeth II. feierte gerade ihren 90. Geburtstag. (Foto: dpa)

03.05.2016

Königliche Familienbande

Queen Elizabeth II. ist recht eng verwandt mit einer Familie in Franken. Viel wissen wollte sie bisher nicht davon. Das soll nun ein Christbaum ändern - ein Symbol, das sich schon öfter als gutes Werbemittel erwiesen hat

Ein Tannenbaum für die Queen, und zwar aus Deutschland: vom Herzoglichen Haus Sachsen-Coburg und Gotha. Die britischen Royals wollten von dort lange nicht so viel hören, obwohl die Häuser eng verwandt sind. Jetzt aber scheint der Stadt Coburg ein Werbecoup gelungen zu sein: Die Queen lässt zaghafte - und öffentlichkeitswirksame - Bande zu, zumindest zum Fest der Familie. Eine Weihnachtsgeschichte - im Frühling. "Sehr aufregend" findet der Buckingham Palace das Angebot der Stadt Coburg: einen Christbaum aus dem Bestand von Hubertus Erbprinz von Sachsen-Coburg und Gotha geschenkt zu bekommen. Die Queen, so schreibt ihr "Master of the Household", Tony Johnstone-Burt, im April, freut sich - und will den Baum vor dem Palast in London aufstellen. Coburg rührt nun heftig die Werbetrommel für den Coup. Christbäume - vor allem in Verbindung mit Royals, dem Papst oder der Kanzlerin - funktionieren wunderbar als Werbeträger. Wie die Bäume von Thomas Emslander, Chef der Bayerischen Christbaumanbauer, der schon zweimal das Kanzleramt bestückte. "Und jedes Mal war das eine Mediensache", sagt er, der die Bäume spendete. "Da braucht man kein Geld dafür bekommen. Der Werbeeffekt ist groß genug."

Der Ur-Ur-Großvater von Queen Elizabeth II. war aus dem Herzogshaus Sachsen-Coburg und Gotha

Ein Baum steht für Nachhaltigkeit, ein Weihnachtsbaum für Zusammenhalt. "Ein Christbaum ist etwas völlig Harmloses", sagt PR-Expertin Gisela Goblirsch. Zugleich aber ist er ein Symbol "für den Export unserer Kultur woanders hin". Eine so positive Antwort aus London habe man jedenfalls nicht erwartet, sagt Coburgs Sprecher Michael Selzer. Erhofft aber natürlich schon. "Klar, das hat mit Stadtmarketing zu tun", sagt er. "Wir wollten wieder mal die Verbundenheit dokumentieren." Bisher hatte Coburg damit wenig Erfolg. Der Ur-Ur-Großvater von Queen Elizabeth II. war Prinz Albert, Ehemann von Queen Victoria - und aus dem kleinen fränkischen Herzogshaus Sachsen-Coburg und Gotha. Bis 1917 trug das britische Königshaus diesen deutschen Namen, dann wurde es im Ersten Weltkrieg unter König Georg V. in Windsor umbenannt. Elizabeth wurde neun Jahre später geboren - zeigte aber wenig Interesse an ihren deutschen Wurzeln.

Coburg erregte immer wieder mit einer etwas holprigen Aufarbeitung des Nationalsozialismus Aufsehen

Denn manche ihrer Vorfahren hatten zu der Verwandtschaft in Deutschland durchaus enge Bande unterhalten. Zumindest ihre beiden Onkel Edward VIII. und der Herzog von Kent hatten nachweislich mit Gesandten der Nationalsozialisten getuschelt. Experten fanden heraus, dass zwischen London und Berlin über deutsche Verwandtschaft der Royals dubiose Kontakte liefen. Coburg erregte immer wieder mit einer etwas holprigen Aufarbeitung des Nationalsozialismus Aufsehen. Es war die erste deutsche Stadt gewesen, in der die NSDAP eine absolute Stadtratsmehrheit erlangte und die Adolf Hitler die Ehrenbürgerwürde verlieh. Als die Kommune jüngst dem Unternehmer Max Brose (1884-1968) eine Straße widmete, fachte das eine alte Debatte um die braune Vergangenheit neu an - die Rolle Broses in der NS-Zeit ist umstritten. Gerade diese Stadt also konnte bisher kaum zehren von der prominenten Verwandtschaft in Großbritannien. Bis zum vergangenen Weihnachten. Da sah die Stadt ihre Chance gekommen. "Dass ein Baum zu Weihnachten so beliebt ist, das liegt auch an meinen Ur-Ur-Großeltern, Königin Victoria und Prinz Albert", hatte Elizabeth in ihrer Weihnachtsansprache im Dezember gesagt. Der Deutsche hatte diesen Brauch im Insel-Königreich bekannt gemacht.

Nun scheint sich der Buckingham Palace - wenn auch etwas vage - auf das Gemeinsame einzulassen

Das kommt auch in der Marketingabteilung der Stadt Coburg an: übersetzt von einer Sprachschule, handgeschrieben auf Büttenpapier geht ein Brief an die Queen. Ein bis zu 13 Meter hoher Baum soll es sein, aus "demselben Wald, in dem Prinz Albert jenen ersten Baum fand". Jener Baum, drum herum die Königliche Familie, zu sehen auf einer Zeichnung aus dem Stadtarchiv. Sie lag dem Brief bei. Nun scheint sich der Buckingham Palace - wenn auch etwas vage - auf das Gemeinsame einzulassen. "Die Geschichte, über die Ihre Stadt mit unserer Königlichen Familie verbunden ist, inspiriert", schreibt Johnstone-Burt in seiner Antwort vom 14. April an die Stadt Coburg. Ein Zeichen dafür, dass die Queen der langen - nun ja - Zurückhaltung gegenüber dem Coburger Herzogshaus ein Ende setzt? Diese Nachfrage kommentiert der Buckingham-Palast nicht. Man habe dem Schreiben nichts hinzuzufügen. Auch Hubertus Erbprinz von Coburg, der den Baum spendet, möchte lieber nicht zu viel hineinlesen in die Reaktion der Queen. "Es ist ein Unterschied, ob sie auf ein Angebot der Stadt Coburg reagiert oder auf ein privates Geschenk", sagt er. Und die Aktion sei nun einmal von der Stadt ausgegangen. Trotzdem, Hubertus Coburg freut sich: "über den Fokus, der jetzt auf Christbäume aus dem Forst Callenberg gelegt wird". Er verkauft die Bäume nämlich auch. Ob sich die Royals über die Werbung freuen? "Das kann auch nach hinten losgehen", meint die Medienwissenschaftlerin Ulrike Posch. Sollte sich die Königsfamilie unter Druck gesetzt fühlen durch die Werbestrategie, könnte sie sich erst recht zurückhalten. "Die Royals werden das nicht unbedingt mit sich machen lassen."  (Sophie Rohrmeier, dpa) Foto (dpa): Das Schreiben der Stadt Coburg an Königin Elizabeth II. Die Stadt bietet darin der Queen einen Christbaum aus dem Bestand des Herzoglichen Hauses Sachsen-Coburg und Gotha an.

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