Leben in Bayern

Thorsten Schmiege, Geschäftsführer der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), mahnt die Lokalsender zu Reformen. (Foto: dpa/Hoppe)

04.07.2023

Medienaufseher: Bayerns Lokalsender brauchen schnell Digitalstrategie

Bei den Lokalrundfunktagen in Nürnberg ist am Dienstag die neueste Funkanalyse vorgestellt worden. Demnach schneiden die mehr als 80 privaten Lokalradios gut ab. Allerdings mahnte Thorsten Schmiege, der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), bei dem Branchentreffen dringende Reformen an

Der Chefaufseher für Bayerns regionale Radio- und TV-Sender hat mit einem eindringlichen Appell eine klare Digitalstrategie der Branche gefordert. "Lokalrundfunk steht immens unter Druck", sagte der Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM), Thorsten Schmiege, am Dienstag in Nürnberg. "Ohne klare Strategie wird es der Lokalfunk in der Zukunft schwer haben."

Die Medien stünden vor Herausforderungen durch Künstliche Intelligenz und durch den Wettbewerb vieler neuer Kanäle, Streaming-Plattformen und Mediatheken, sagte Schmiege zur Eröffnung des zweitägigen Branchentreffs Lokalrundfunktage. Die Folgen von Pandemie und Krieg sowie die Inflation belasteten zusätzlich die Einnahmen. "Das alles in Zeiten, wo eigentlich die Reserven in den letzten Jahren aufgebraucht sind", sagte der BLM-Präsident.

Ein "Weiter so" funktioniere für die Privatsender deshalb nicht mehr. "Weiter denken statt weiter so, muss das Motto für die Zukunft lauten." Zugleich habe die Pandemie deutlich gemacht: "Lokalrundfunk ist relevant, systemrelevant", sagte Schmiege. "Lokalrundfunk ist relevant für die Berichterstattung vor Ort."

Umstieg auf DAB+ enorm wichtig

Für das Radio sei der Umstieg auf die digitale Übertragung via DAB+ eine wesentliche Zukunftsfrage. "Das ist für uns auch keine Frage mehr des Ob, sondern des Wie", sagte Schmiege. Aktuell nutzen noch viele Menschen den klassischen Weg via Ukw. Viele Sender fürchten, beim technischen Umstieg Publikum zu verlieren.

DAB+ legt stetig zu. Ein wesentlicher Grund: Radio läuft besonders viel unterwegs in Autos, und die haben immer mehr DAB+ an Bord. Mehrere Übertragungswege parallel kosten die Sender aber viel Geld.

Für Lokalradio und regionales Fernsehen sei eine Verbreitung via neue Wege und Plattformen eine Zukunftsfrage, sagte Schmiege. "Ein wichtiger Baustein dabei könnte eine eigene Medienplattform für lokale TV-Anbieter in Bayern sein."

Die BLM ist eine der 14 Landesmedienanstalten in Deutschland. Sie beaufsichtigt und fördert zugleich die lokalen und regionalen Radio- und TV-Programme in Bayern.

Beliebte Lokalradios

Beim Branchentreffen wurde auch die neuste Funkanalyse vorgestellt. Die Funkanalyse erfolgt im Auftrag der Programmanbieter im Freistaat unter Förderung und Koordination der BLM).  Demnach rangieren Bayerns mehr als 80 private Lokalradios alle zusammen unter den Sendern im Freistaat mit an der Spitze. Insgesamt erreichen die Lokalradio-Programme an einem Tag unter der Woche fast ein Viertel der Bevölkerung ab 14 Jahren im Land. Im Schnitt sind das knapp 2,7 Millionen Menschen.

Allerdings sinken die Einschaltzahlen für Radio generell im langfristigen Trend. Die gesamte Radioreichweite liegt der aktuellen Analyse nach in Bayern von Montag bis Freitag im Schnitt bei 81,3 Prozent - im Vergleich zu 85,5 Prozent vor vier Jahren. Bei den Lokalradios sind es derzeit 24,3 Prozent (2019: 26,7).

Noch vor den Lokalprogrammen liegt in der Funkanalyse bei den über 14-Jährigen auf Platz 1 der Tagesreichweite unter der Woche das landesweite Bayern 1 des öffentlich-rechtlichen Bayerischen Rundfunks (29,6 Prozent). Nach den versammelten Lokalradios auf Platz zwei folgen landesweit der Privatsender Antenne Bayern (18,8 Prozent) und Bayern 3 vom BR (18,1 Prozent).

Neben dem klassischen Radioprogramm auf allen Wegen von Ukw über DAB+ bis Internet mischen im Audiobereich unzählige reine Podcastanbieter und Webradios mit. Alle privaten Audioanbieter finanzieren sich fast ausschließlich über Werbung - was aktuell zunehmend schwieriger ist.

Schmiege: "Lokalfunk steht immens unter Druck"

BLM-Präsident Thorsten Schmiege sagte: "Lokalfunk steht immens unter Druck: Große Konkurrenz durch eine Vielzahl neuer Kanäle, Angebote und Plattformen einerseits, herausfordernde Zeiten mit Pandemie-Nachwirkungen, Krieg und Inflation andererseits."

Dennoch behaupteten sich Lokalradio und Lokalfernsehen in der digitalen Welt mit relevanten Reichweiten, sagte Schmiege einer BLM-Mitteilung zufolge. "Das sind gute Nachrichten."

Im Fernsehen erreichten Bayerns 14 lokale TV-Programme der Studie zufolge unter der Woche im Schnitt 746 000 Zuschauer pro Tag. Das war ein Plus zum Vorjahr (706 000), langfristig gehen auch hier die Zahlen tendenziell zurück (2019: 762 000). Die Reichweite bei den Menschen ab 14 Jahren liegt der Studie nach 2023 bei 6,7 Prozent.

Die mit Abstand meisten Menschen setzen der Analyse zufolge auf ihre Lokal- und Regional-TV-Sender zu den Hauptnachrichten zwischen Spätnachmittag und Vorabend. In dem Zeitraum angesiedelt sind auch das RTL-Fenster und das Fensterprogramm "17:30 Sat.1 Bayern".

Schmiege appellierte an die TV- und Radiosender, ihre bewährten Stärken noch sichtbarer zu machen. "So zeigt die Funkanalyse Bayern 2023 ganz deutlich, wie wichtig und wie unersetzlich Lokalradio und Lokalfernsehen für die regionale und lokale Informationsvermittlung sind." (Roland Freund, dpa)

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