Leben in Bayern

"Die Ohren spitzen": Sprichwortexperte Rolf-Bernhard Essig im Museum für Kommunikation in Nürnberg (Foto: Daniel Karmann/dpa)

18.02.2016

Ohren spitzen und Muffensausen - woher kommt's?

Sprichwörter sind "das Salz in der Suppe" der Sprache. Die meisten Redewendungen haben viele hundert Jahre "auf dem Buckel". Wie die geflügelten Worte entstanden sind, bringt eine neue Ausstellung in Nürnberg "ans Licht"

Wir benutzen sie täglich etwa hundert Mal, meist ohne es zu merken: Redewendungen. Etwa 300 000 Sprichwörter und geflügelte Worte gibt es in der deutschen Sprache. Wie bekannte Redensarten entstanden sind, zeigt auf unterhaltsame Weise eine neue Ausstellung in Nürnberg. Im dortigen Museum für Kommunikation können die Besucher von diesem Freitag an unter anderem einen Sprichwortgenerator ausprobieren und erfahren, wie es ist, "wenn das Damoklesschwert über einem schwebt". An anderen Stationen können die Besucher sich dabei fotografieren, wie sie ihre "Ohren spitzen". Kurator der Sonderausstellung "Mein Name ist Hase" ist der Germanist und Bamberger Sprichwortexperte Rolf-Bernhard Essig.

Einige Redewendungen aus der Ausstellung - und wie sie Essig zufolge entstanden sind:
Der rote Faden Um die Besucher zur Sonderausstellung zu führen, wurde ein rotes Schiffstau quer durch die Gänge des Museums für Kommunikation gespannt - es ist der rote Faden der Ausstellung. Die Redewendung ist von einer cleveren Diebstahlsicherung der englischen Marine abgeleitet: Im 18. Jahrhundert ging durch alle Taue der Segelschiffe ein roter Faden hindurch. Er kennzeichnete sie als Eigentum der Marine. Entfernen ließ er sich nur, wenn man die Taue zerstörte. Johann Wolfgang Goethe griff den roten Faden 1809 in seinem Roman "Die Wahlverwandtschaften" auf. Er verglich ihn dort mit einem Gedanken, der sich durch einen Text zieht.

Der Spießer Im Mittelalter gab es Bürger, die das Recht hatten, Waffen - zum Beispiel Piken - zu tragen, worauf sie besonders stolz waren. Adelige verspotteten diese militärisch Unerfahrenen als "Spießbürger". Weil die Bu?rger noch an ihrem Recht, Spieße zu tragen, festhielten, als Feuerwaffen sie sinnlos gemacht hatten, nannten Studenten sie seit dem 18. Jahrhundert ebenfalls "Spießbürger", woraus sich die Worte "Spießer" und "spießig" entwickelten.

Fontane und die "Leiche im Keller"

Eine Leiche im Keller haben Theodor Fontanes erfolgreiche Novelle "Unterm Birnbaum" von 1885 führte zu dieser Redensart: Ein Wirt bringt einen Gast um und verscharrt ihn im Keller. Allerdings wird er bald wahnsinnig und stirbt selbst im Keller. Der beliebte US-Film "Arsen und Spitzenhäubchen" präsentierte ebenfalls Leichen im Keller.

Das Muffensausen "Ausgangspunkt dieser Redensart ist ein trockener oder auch feuchter Furz", sagt Redewendungs-Papst Rolf-Bernhard Essig. Im Darm gibt es einen Schließmuskel, eine Muffe. "Bei großer Angst, die den Schließmuskel erschlaffen lässt, entsteht Muffensausen durch lautstark entweichende Darmgase", erklärt Essig.

Die Ohren spitzen Hunde, Katzen und Pferde richten bei erhöhter Aufmerksamkeit die Ohren auf, die damit spitzer aussehen. Humorvoll oder mahnend übertrug man das in der Redensart auf Menschen.
Des Pudels Kern In Johann Wolfgang Goethes "Faust" unternimmt der Titelheld einen Spaziergang. In einiger Entfernung begleitet ihn ein unheimlicher Pudel. Der misstrauische Gelehrte beschwört das Tier mit Zaubersprüchen. Der Pudel entpuppt sich in Gestalt eines fahrenden Schülers als der Teufel Mephisto. Faust kommentiert die Verwandlung so: "Dies also war des Pudels Kern, ein fahrender Scholast". Fausts Erkenntnis der Wahrheit führte somit zum geflügelten Wort "des Pudels Kern" für jene Fälle, in denen man den wahren Hintergrund einer Sache erkennt.

Viktor Hase vor Gericht: "Mein Name ist Hase"

Einen Bock schießen und Schwein haben Bei früheren Schützenfesten gab es häufig neben den Siegprämien auch Spottpreise für die schlechtesten Schützen. Das waren entweder Böcke oder Ferkel. Somit erkannte jeder sofort die Nichtskönner, die einen Bock geschossen hatten. Dass ein schlechter Schütze ein Schwein - ein begehrtes Nutztier - bekam, führte wiederum zu einer anderen Redensart: "Schwein haben", wenn man Glück hat.

Mein Name ist Hase: Das Motto der Nürnberger Ausstellung geht auf den Heidelberger Studenten Viktor Hase zurück. Bei einer Befragung vor Gericht verpfiff er 1854 einen anderen Studenten nicht, sondern sagte nur: "Mein Name ist Hase, ich verneine die Generalfragen. Ich weiß von nichts." In der Kurzform wurde sein mutiger Ausspruch schnell deutschlandweit bekannt. (Roland Beck, dpa)

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