Leben in Bayern

Seit 150 Jahren offiziell eine "Stadt" in Bayern: Neu-Ulm. (Foto: Stefan Puchner/dpa)

02.04.2019

Neu-Ulm feiert und Ulm schmunzelt

Ohne Napoleon wäre Ulm wohl immer noch allein. Doch seit 150 Jahren wächst und gedeiht Neu-Ulm am anderen Ufer der Donau. Zwei Städte in zwei Bundesländern - vielen Einwohnern und Besuchern kommen sie wie eine einzige Stadt vor.

Neu-Ulm feiert, und Ulm feiert schmunzelnd mit. 150 Jahre, was ist das schon? Ein Lidschlag, verglichen mit der schier uralten Geschichte der Münsterstadt Ulm. Solche Frotzeleien dürften bei den Schwaben am linken Donauufer in Baden-Württemberg kaum ausbleiben, wenn jene am rechten Ufer in Bayern das 150. Gründungsjubiläum ihrer Bindestrich-Stadt begehen. Gefeiert wird unter dem Motto "Wir Leben Neu" mit etlichen Veranstaltungen und über Monate hinweg - vom 7. April bis zum 29. September.

Passend zum Jubiläum ist eine "Kleine Stadtgeschichte" erschienen. Der in Ulm geborene und in Neu-Ulm aufgewachsene Historiker und Kulturwissenschaftler Wolf-Henning Petershagen hat sie geschrieben. "Ulm & Neu-Ulm" (Verlag Friedrich Pustet, Regensburg) ist eine oft spannende und amüsante Darstellung des Werdens und Wachsens zweier Städte an der Donaugrenze zwischen den beiden südlichen Bundesländern. Zweier Städte, die Ortsfremde leicht für eine einzige halten könnten, gerieten da nicht immer mal Hinweise auf Unterschiede in den Blick. Die Ortsschilder etwa: "Hochschulstadt Neu-Ulm" hier, "Universitätsstadt Ulm" dort.

Die älteste urkundliche Erwähnung Ulms ist 1165 Jahre alt. Die Urkunde über die Schlichtung eines Streits zwischen dem Kloster St. Gallen und dem Bistum Konstanz unterzeichnete König Ludwig der Deutsche am 22. Juli 854 samt Ortsangabe "Hulmam palatio regio" - in der königlichen Pfalz zu Ulm. Kein Wunder, dass Petershagen weitaus mehr Raum der Stadt am linken Donauufer widmet. Ulm war Königspfalz und Freie Reichsstadt und gehörte später ein paar Jahre zu Bayern, ehe es 1810 endgültig württembergisch wurde.

Hätte es nicht Napoleon sowie die "Kapitulation von Ulm" gegeben, wäre Neu-Ulm möglicherweise nie entstanden. Hoch zu Ross, so schildert der Autor, habe Napoleon 1805 zugesehen, wie 23 000 besiegte österreichische Soldaten "gesenkten Hauptes an ihm vorbeizogen und ihre Gewehre auf einen Haufen warfen". Die verbündeten süddeutschen Fürsten belohnte der Franzosenkaiser für den Einsatz ihrer Soldaten mit Königskronen; sie wurden zu König Maximilian I. Joseph von Bayern und König Friedrich I. von Württemberg. Letzterer bekam Ulm am linken Flussufer zugesprochen, die gegenüberliegende Seite gab Napoleon dem Bayern.

Enten, Gänse, Schwäne: Sie bevorzugen das bayerische Ufer

Damals hatten die Ulmer dort ihre Gärten und Ausflugsstätten, von einer Neu-Stadt war noch nichts zu sehen. Plötzlich mussten sie Brückenzoll zahlen, wenn sie ihr Gemüse nach Hause bringen wollten. "Neu-Ulm" hätte das Gebilde am anderen Ufer wohl nicht geheißen, wie Petershagen berichtet, wäre der Bayern-König der Bitte seines Generalkommissärs Karl Ernst von Gravenreuth gefolgt, dort eine "Max-Joseph-Stadt" errichten zu dürfen.

Am 7. April 1811 erteilte der König die Erlaubnis zur Gründung einer Gemeinde, die Neu-Ulm heißen sollte. An dieses Datum wird mit dem offiziellen Auftakt der Jubiläumsfeiern erinnert. Am 29. September 1869 schließlich erhob König Ludwig II. Neu-Ulm "in allergnädigstem Wohlwollen" in die Reihe der Städte des Königreichs Bayern.

Auch das soll groß gefeiert werden. Und natürlich werden die Ulmer - ob nun schmunzelnd über die "gerade mal 150 Jahre" oder nicht - mitfeiern. Längst schon begehen Bewohner Ulms und Neu-Ulms viele Feste gemeinsam, wie man unter anderem zur Fastnachtszeit erleben kann.

Beim Bier aus Brauereien beiderseits der Donau erzählt man Besuchern dann gern von den Kuriositäten, die das Leben in der Doppelstadt zu bieten hat. Zum Beispiel, dass Enten, Gänse, Schwäne und Möwen sich angeblich lieber am bayerischen Donauufer aufhalten als am württembergischen. Grund: Baden-Württemberg hat ein EU-Verbot der Fütterung von Wasservögeln - erlassen aus Furcht vor der Ausbreitung von Bakterien - in seine Polizeiverordnung übernommen. Neu-Ulm hat das Thema hingegen nicht in einer Verordnung geregelt. Zum Vogelfüttern gehen Ulmer also besser über die Brücken nach Bayern.
(Thomas Burmeister, dpa)

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