Leben in Bayern

Am Palmsonntag hat der Straubinger Pfarrer Heinrich Weber bereits seinen Gottesdienst live gestreamt. (Foto: Bäumel-Schachtner)

09.04.2020

"Ostern fällt nicht aus!"

Das Fest in Corona-Zeiten: Viele Traditionen der Feiertage können dieses Jahr nicht stattfinden – Gemeinden in Bayern werden deshalb kreativ

Damit das Osterfest zu Hause möglichst viel Normalität in diesen Zeiten erhält, gibt es nicht nur Livestreams aus Bayerns Gotteshäusern. Podcasts, Osterpäckchen oder auch Malvorlagen für Kinder – die Einschränkungen in der Corona-Krise bringen einige neue Ideen hervor.

Kein Kinderkreuzweg am Karfreitag, und auch die Ostergottesdienste fallen in diesem Jahr aus. Für Pfarrer Georg Rieger von St. Ulrich im Münchner Stadtteil Laim ist das ein „schmerzlicher Einschnitt“ – Ostern ist schließlich der höchste katholische Feiertag. Immerhin: Die Kirche bleibt offen – die Gläubigen müssen aber entsprechende Abstände in den Kirchenbänken einhalten.

Seit dem 13. März finden bereits keine Gottesdienste mehr statt. Pfarrer Rieger sitzt im Pfarrhaus an einem Tisch mit einer Kerze und sagt: „Das Telefon hat in dieser Situation beachtlich an Bedeutung gewonnen.“ Die Gemeinde des 55-Jährigen hat rund 18 000 Mitglieder. Viele der Kirchgänger sind betagt, gehören somit zur Risikogruppe in Zeiten des Coronavirus. „Manchen fällt wegen der Ausgangsbeschränkung die Decke auf den Kopf“, berichtet der Pfarrer.

Und auch das Internet kommt in St. Ulrich an Ostern zum Einsatz. Die Osternachtfeier des Pfarrverbands Laim wird in einer nicht öffentlichen Feier des Seelsorgerteams aufgezeichnet – und ist am Morgen des Ostersonntags auf der Webseite des Pfarrverbands abrufbar. Und auch für die Kleinen gibt es ein Angebot: Video-Kindergottesdienste für die Karwoche, aufgezeichnet unter Federführung der fünf katholischen Pfarrgemeinden in München-Neuhausen. Auch Bastelanleitungen für den Osterstrauß oder Malvorlagen mit kirchlichen Motiven lassen sich über die Webseite von St. Ulrich finden.

Es gibt derzeit auch keine Trauergottesdienste, sie werden nachgeholt. Beerdigungen allerdings müssen stattfinden. Auf dem Waldfriedhof stand Pfarrer Rieger kürzlich mit den Trauernden vor der geschlossenen Aussegnungshalle in einem weiten Halbkreis – mit großem Abstand zueinander. „Es ist schon arg für die Leute, dass sie sich in ihrer Trauer nicht umarmen und so beistehen können“, sagt er.
Nicht nur in München, in ganz Bayern versuchen die Gemeinden, den Gläubigen das Feiern des Osterfests auch in diesen widrigen Corona-Zeiten zu ermöglichen.

„Seit meiner Erstkommunion weiß ich kein Osterfest, das ich nicht in einer großen Gemeinschaft Glaubender gefeiert habe“, sagt Pfarrer Michael Nirschl vom Pfarrverband Waldkirchen im Landkreis Freyung-Grafenau. „Die Feier der Ostertage wird sehr bedrückend sein. Mir fehlen die Menschen, die feierlichen Liturgien“, erklärt er. Aber, und das betont der niederbayerische Pfarrer auch: „Ostern fällt nicht aus. Auferstehung wird trotzdem gefeiert – auch wenn es nur Notlösungen sind.“

Bei verschlossener Türe wird Nirschl in Waldkirchen zusammen mit den Hauptamtlichen des Pfarrteams die Gottesdienste feiern. Die Kirchen werden geschmückt – denn auch sie stehen offen. Am Karfreitag zur Verehrung des Kreuzes und an den Ostertagen zum Abholen des Osterlichts. „Wenn ich täglich in der leeren Kirche die Messe feiere, dann habe ich immer den Gedanken der Stellvertretung im Sinn. Auch wenn die Gemeinde nicht physisch anwesend sein kann, gibt es eine geistliche und geistige Verbundenheit“, sagt der Pfarrer.

Auch für die Gläubigen ist die Situation nicht leicht, weiß er. Als die Einschränkungen verkündet wurden, habe er oft den Satz „So etwas haben wir noch nie erlebt!“ gehört. Er habe auch viele Anfragen wegen der Osterbeichten bekommen.

Wenn Nirschl täglich die Messe feiert, läutet er die Wandlungsglocke. „Das findet Resonanz“, sagt er. Außerdem postet der Pfarrer täglich Kurzpredigten und Kreuzwegstationen mit Text und Musik auf Facebook. Auch Bilder und Filmausschnitte von den Gottesdiensten der Karwoche stellt er online. Für alle, die kein Internet haben, liegen in der Kirche Gebetshilfen in Druckform aus. Und statt des regulären Pfarrbriefs gibt es ein Info-Blatt, mit dem Menschen auch jenseits des Netzes erreicht werden sollen. Zudem druckt die örtliche Tageszeitung die Osterbotschaft.

Aber: Die reale Begegnung ist durch nichts zu ersetzen

Pfarrer Heinrich Weber von der Pfarrei St. Stephan in Straubing-Alburg will die Feier der Osternacht sogar live auf Facebook streamen. Die Generalprobe hat beim Palmsonntagsgottesdienst bereits stattgefunden – und gut geklappt, kleine Verbesserungen werden noch vorgenommen. Weber setzt schon seit Längerem auf neue Medien, um seine Predigten und Gottesdienste anschaulich und lebendig zu machen. „Spirituelle Verbundenheit reicht in diesen Zeiten manchmal nicht aus“, sagt er. „Wir brauchen ein Medium, um zum Ausdruck zu bringen: Wir gehören zusammen.“

Seit Beginn der Ausgangsbeschränkung veröffentlicht Weber jeden Sonntag eine Fünf-Minuten-Predigt. Diese geht an den E-Mail-Verteiler des Online-Pfarrbriefs und wird auch auf Youtube und Facebook gezeigt. Weil aber auch Weber weiß, dass nicht jedes seiner Gemeindemitglieder online ist, liegt der Pfarrbrief nicht nur weiterhin in der Kirche zur Abholung bereit, er bittet auch Familienangehörige, ihn für ihre älteren Verwandten auszudrucken. Für die Zeit nach Corona hat sich Weber vorgenommen: „Wenn irgendwann wieder Seniorennachmittage stattfinden, dann werde ich die ältere Generation noch mehr dazu anhalten, das Internet zu nutzen. Es ist nie zu spät, damit anzufangen.“

Am Palmsonntag hatte Weber die Pfarrangehörigen dazu eingeladen, ihre Palmzweige zur Weihe in die Kirche zu bringen –  natürlich unter Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen. An Ostern werden Osterkerzen und geweihtes Taufwasser zur Abholung vor den Altar gestellt. „Zudem bieten wir Material für Hausgottesdienste an“, so der Pfarrer, der aber zugibt: „Trotzdem ist es unendlich schmerzlich. Die reale Begegnung ist eben durch nichts zu ersetzen.“ Ihm helfe es, sich beim Gottesdienst mit dem engsten Pastoralteam vorzustellen, dass die Gläubigen dennoch in den Kirchenbänken sitzen. In dieser schweren Zeit müsse man vor allem eines: „Jeden Tag kreativ sein.“

In Regensburg bringt das Missionsmobil Ostereier

Kreativ ist man auch in der Erzdiözese Regensburg. Dort wird die Ostermesse nicht nur als Livestream über das Internet übertragen. Damit das Osterfest zu Hause möglichst viel Normalität in diesen Zeiten erhält, gibt es auch das traditionelle Beten des Kreuzwegs als Podcast.

Solche Kapazitäten hat man in der Basilika St. Martin in Amberg zwar nicht. Trotzdem will die Gemeinde ihren eigenen Pfarrer sehen. „Dann haben wir das relativ spontan auf den Weg gebracht, mit iPhone auf dem Stativ drauf und fertig“, sagt Stadtpfarrer Thomas Helm. Seine Predigten werden wie in Alburg auf Facebook und Youtube übertragen. Trotzdem sei der Livestream nicht das Allheilmittel, meint er. Ostern müsse auch zu Hause in den Familien gestaltet werden, sagt Helm.

Und weil zu Ostern mehr gehört, hat der Regensburger Pfarrer Thomas Schmid ein Missionsmobil eingerichtet. Damit verteilt er in der Stadt Osterpäckchen. „Da ist eine kleine Osterkerze drin, Weihwasser. Dann ein kleines Osterei und ein kleiner Osterhase und Hefte mit Andachten“, sagt Schmid. Ausnahmsweise auch alles schon gesegnet. „So tingeln wir jetzt mal zwei, drei Tage durch unser Bistum“, sagt der Pfarrer.

Auch in der St. Lorenz Kirche in Nürnberg bringen die Einschränkungen in der Corona-Krise neue Ideen hervor. In ihren Online-Kurzandachten werden Besonderheiten der Kirche gezeigt. Details wie Kunstwerke, Malereien, Schnitzereien – „einfach mal Dinge, die man normal nicht sieht“, sagt Pfarrerin Claudia Voigt-Grabenstein. „Mithilfe der Kamera kann man sie ranzoomen.“ Ihr Konzept für die 15-Minüter: „Knackig, moderne Sprache und was zum Sehen.“
(M. Bäumel-Schachtner, R. Stumberger, A. Säuberlich, dpa)

Foto (Stumberger): Der Münchner Pfarrer Georg Rieger.

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