Leben in Bayern

Der Projektentwickler und Geschäftsmann Markus Gildner vor dem Rohbau eines Reihenhaus-Komplexes für Asylbewerber in Eckental bei Nürnberg. (Foto: dpa)

20.07.2015

Reihenhäuser gegen Flüchtlings-Wohnungsnot

Ein Investor in Franken zeigt neue Wege auf

Sie kommen mit großen Hoffnungen, spätestens nach ihrer Anerkennung aber holt viele Flüchtlinge die Realität des deutschen Wohnungsmarktes ein. Ihre Chancen auf eine preiswerte Unterkunft halten Experten zumindest in den Großstadtregionen für gering. Angesichts der hohen Flüchtlingszahlen schlagen Kommunale Dachverbände und Städteplaner inzwischen Alarm. Nach Erkenntnissen des Instituts für Städtebau, Wohnungswirtschaft und Bausparwesen (IFS) in Berlin fehlt in Deutschland allein aufgrund der gestiegenen Zuwandererzahlen pro Jahr Wohnraum für rund 420 000 Menschen.   

Mitten in dieser Debatte sorgt der aus der Oberpfalz stammende Projektentwickler Markus Gildner für Aufsehen. Der Hamburger Geschäftsmann lässt gerade in Eckental-Eckenhaid, 15 Autominuten von Nürnberg entfernt, einen gefälligen Reihenhaus-Komplex errichten - geplant und gebaut für die Unterbringung von bis zu 60 Flüchtlingen. Auch wenn manche die Pläne in den sozialen Netzwerken als "Luxus-Asyl" geißeln - bei Bürgermeistern stoße das Projekt inzwischen bundesweit auf großes Interesse, berichtet Gildner. Er hat dafür eigens die "The People Project"-Gesellschaft gegründet.

Im Januar 2016 könnten die ersten Flüchtlinge einziehen

Voraussichtlich im Januar 2016 sollen dort die ersten Flüchtlinge einziehen. Ein auf zehn Jahre abgeschlossener Mietvertrag mit der Regierung von Mittelfranken garantiert dem früheren Siemens-Manager sichere Mieteinnahmen. Details zur Miethöhe wollte die Regierung von Mittelfranken nicht nennen. Ein Behördensprecher erklärt nur allgemein: "Der Mietpreis orientiert sich bei derartigen Projekten stets an den ortsüblichen Mietpreisen."

Gildner selbst sieht in den dreigeschossigen Reihenhäusern eine Art Modellprojekt, um rasch ausreichend Wohnraum für Flüchtlinge zu schaffen - und das nicht nur wegen der kurzen Bauzeit von einem halben Jahr. Dafür und für tragbare Baukosten sorgten "konstruktive Optimierungen", etwa der Verzicht auf tragende Innenwände. Die erlaubten auch bei späterer Vermietung an einheimische Familien eine flexible Raumgestaltung.

Nach Gildners Angaben besteht jedes der sechs Häuser aus drei Wohneinheiten für jeweils vier Asylbewerber. "Jede Wohneinheit hat zwei Schlafzimmer, ein Bad, eine Küche und einen Aufenthaltsraum." Der 44-Jährige Hamburger, der sonst eher auf die Vermarktung gehobenen Wohnraums spezialisiert ist, macht aus seinem geschäftlichen Interesse an dem Projekt keinen Hehl. Das Projekt sichere ihm langfristig eine sichere Rendite. Außerdem hat er inzwischen erkannt: "Der größere Markt ist eigentlich einfacher Wohnraum." 

"Flüchtlinge integrieren sich leichter, wenn sie ein schönes Zuhause haben"

Aber auch aus gesellschaftspolitischen Gründen hält er eine ordentliche Unterbringung von Flüchtlingen für wichtig. Er selbst habe in den 1980er Jahren in seiner Heimat Oberpfalz erlebt, wie damals Flüchtlinge "in den letzten Baracken" untergebracht worden seien. "Die Folge war: Die Asylbewerber wurden von den Einheimischen nie akzeptiert." Gildner ist der Überzeugung, dass Asylbewerber sich leichter in die deutsche Gesellschaft integrierten, wenn sie sich in Deutschland zu Hause fühlten. Dazu bräuchten sie entsprechende Wohnungen. 

Auch der bayerische Städtetagspräsident und Nürnberger Oberbürgermeister, Ulrich Maly (SPD), sieht bei billigem Wohnraum inzwischen dringenden Handlungsbedarf. Nach seiner Rechnung werden künftig pro Jahr allein für Flüchtlinge und Asylbewerber mit Bleiberecht rund 5000 Wohnungen pro Jahr benötigt. Derzeit stünden aber nur 4000 staatlich geförderte neue Wohnungen zur Verfügung. Die bayerische Staatsregierung hat inzwischen die Wohnraumfördermittel für dieses Jahr um 50 auf 270 Millionen Euro erhöht.

Auch das Berliner Institut für Städtebau (ISF) fordert einen verstärkten Wohnungsbau - geht aber davon aus, dass Asylbewerber davon nur indirekt profitieren würden. Denn wegen der vergleichsweise hohen Mieten kämen Neubauwohnungen für Flüchtlinge in der Regel nicht infrage, hatte das Institut bereits im Frühjahr in einer Analyse betont. Sie profitierten aber davon, wenn einheimische Familien in Neubauwohnungen oder in ein Eigenheim umzögen und damit Altbauwohnungen freimachten. Um solche "Sickereffekte" zu erzielen, ist nach ISF-Einschätzung vor allem Wohnungsneubau in Wachstumsregionen mit breitem Arbeitsmarktangebot erforderlich. (Klaus Tscharnke, dpa)

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