Lustige Visiten im Krankenhaus via Whatsapp, Comedy-Serien aus dem Wohnzimmer oder Laughter-Wellness via Zoom. Lachen entspannt, stärkt die Immunabwehr und ist derzeit gefragter denn je. Am 3. Mai ist Weltlachtag. Den feiern nicht nur die Klinikclowns. Auch beim Lachyoga-Verband prustet man dann in virtuellen Treffen gemeinsam los.
Kein Zweifel: Ihre Therapie ist hochwirksam und ruft sofort vergnügtes Kichern hervor. Trotz Besuchsverbot lassen sich Dr. Paletti und Dr. Rhabarbera nicht ausbremsen. Die wöchentliche Visite via Whatsapp der Klinikclowns Peter Spiel und Barbara Draeger in der onkologischen Kinderstation im Schwabinger Krankenhaus in München ist heiß begehrt. Nicht nur die jungen Patient*innen, auch das Pflege- und Betreuerteam sowie die Eltern genießen die heilsame Auszeit. „Wir mussten uns die Technik erst aneignen, aber das läuft von Woche zu Woche besser und wir haben immer mehr Kinder, die uns an-appen, an-whatsen, wie sagt man, äh, anklingeln“, erklärt Spiel und lacht herzhaft. Er ist der künstlerische Leiter der insgesamt 67 Klinikclowns in Bayern.
In seinem Büro hat Spiel ein kleines Studio für die Videovisite eingerichtet. Von dort aus meldet er sich als Dr. Paletti mit roter Pappnase, in karierter Hose mit knallgelben Hosenträgern auf der Kinderstation. Paletti spielt Gitarre, bläst Seifenblasen vor der Handykamera oder zeigt Zaubertricks. Zugeschaltet ist ihm Clownkollegin Dr. Rhabarbera, die ebenfalls Unfug macht. Trotz der kleinen Displays kommen die Onlinevisiten bestens an. „Ein Junge hat uns gefragt, ob sein Bruder zu Hause auch zusehen darf, und das geht ja mit der Handyfunktion“, freut sich Spiel. Auch Zaubereien funktionierten über das Smartphone gut.
„Gerade jetzt sind die Auszeiten ganz wichtig und das Bedürfnis nach Lachen und Humor noch größer“, betont Spiel. Auch beim Onlinebesuch merken die Clowns schnell, ob ein Kind schüchtern oder spielfreudig ist. Entsprechend gestalten die beiden ihr Programm, das immer improvisiert ist, damit niemandem langweilig wird. In der Regel 16 bis 18 Kinder auf der Station bringt das Komiker-Team zum Lachen. Besonders freut es Spiel, dass zwischen den Familien eine größere Solidarität entstanden sei. Neulich habe beispielsweise ein Vater das Handy auch dem anderen Kind ans Bett gebracht, damit es dabei sein konnte.
Lachen senkt die Schmerzempfindlichkeit
In ganz Bayern lassen sich die Klinikclowns viel einfallen, um die Isolation zu durchbrechen und kranke oder alte Menschen aufzuheitern. Innenhofkonzerte und Outdoorvisiten veranstalteten die lustigen Artist*innen vor dem Hospiz in Vilsbiburg, vor Senioren- und Pflegeheimen in und um München, in Nürnberg, Manching, Bamberg, Vilsbiburg und Traunstein. „Die Begegnungen waren trotz nötigem Abstand freudig und oft sehr berührend, und die Begeisterung groß“, betont die Sprecherin der Klinikclowns Bayern, Karin Platzer. Die Besuche sind gratis, der Verein ist auf Spenden dringend angewiesen. Als „Lichtblick im Dunkeln der Zeit“ empfand Evelyn Walchshofer, Leiterin des AWO-Sozialzentrums in Laim, die Aufführung vor dem Haus. Es habe sie zu Tränen gerührt und sehr gefreut, die Bewohner*innen mal wieder so fröhlich zu sehen.
In der Cnopfschen Kinderklinik in Nürnberg traten die Clowns auf dem Balkon auf. Es gab Zaubertricks durch die Glasscheibe, Luftballon-Spiele oder fetzige Musik, die durch das geschlossene Fenster zu hören war. Auch via Zoom und andere Videoplattformen besuchen die Komiker Pflegeheime und Krankenstationen. Eine gemeinsame Tanzperformance aus allen Wohnzimmern und Gärten gibt es auf Youtube.
Wie heilsam das Lachen für Körper und Psyche ist, haben bereits zahlreiche Studien untersucht und sie haben belegt, dass damit Krankheiten und Krisen besser bewältigt werden. Lachen senkt auch die Schmerzempfindlichkeit, baut Stress ab und stärkt die Atmung. Ein Lachausbruch aktiviert an die hundert Muskeln im Körper, deswegen wird es oft als „Joggen im Sitzen“ bezeichnet. Negative Lebensereignisse werden von heiteren Menschen besser bewältigt, vor allem, wenn man zusammen lacht, wie Forscher feststellten.
Humortraining kann auch bei Depressionen helfen
Wie man auch psychisch Erkrankten wieder den Humor vermitteln kann, hat etwa Barbara Wild, Professorin für Neurobiologie mit eigener Praxis in Stuttgart, untersucht. Bereits als Chefärztin der Stuttgarter Fliedner-Klinik bot Wild Angst- und Depressionspatient*innen zusätzlich zur Behandlung ein spezielles Humortraining an. Nicht nur in der Therapie, auch grundsätzlich ermöglichen Witze nach Ansicht von Psychotherapeut*innen gerade in Krisenzeiten die Möglichkeit, sich durch das Lachen zumindest kurzzeitig über die Situation zu stellen.
Auf Humor und Comedy in Corona-Zeiten setzen gegenwärtig auch neue TV- und Webformate. So nimmt Kabarettist Till Reiners im Videotalk mit Moritz Neumeier in der Serie Homies auf ZDFneo die Alltagsbewältigung satirisch unter die Lupe. Und reizt etwa mit seinen Überlegungen zum „Daydrinking“ die Lachmuskeln. Schauspielerin Lavinia Wilson kämpft zur Belustigung der Zuschauer in der neuen Comedy-Serie Drinnen (ZDF neo) via Zoom mit Tinder-Dates, dem nervigen Ehemann und dem komplizierten Talk mit den Eltern. In der neuen Web-Serie Curfew Calls (Ausgangssperre), die drei Studentinnen der Münchner Hochschule für Film und Fernsehen initiierten, ist Humor ebenfalls gefragt. Die insgesamt 14 kurzen virtuellen Kammerspiele in Video-Call-Optik sind auf Instagram zu sehen. Kinder werden darin etwa mit Onlinehilfe auf die Welt gebracht oder Yogaverrenkungen geübt.
Auch Schauspielerin Sophia Schober hat für Curfew Calls zusammen mit Regisseurin Lea Becker eine satirische Episode entwickelt: ein Vorstellungsgespräch zweier Frauen (Kandidatin K.). „Wir wollten mal etwas Lustiges machen“, erzählt Schober. „Viele aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis haben zurzeit keine Lust mehr auf Thriller oder dystopische Serien.“ Beim Schreiben des Drehbuchs habe sie sich überlegt, dass die Situation der Quarantäne nicht extra betont werden solle, so die 27-jährige Münchnerin. Viel interessanter sei es, die derzeitige Lage bereits als akzeptiert zu betrachten.
Eine Auszeit im Krisenmodus bietet überdies Cornelia Leisch, Vorsitzende des Europäischen Berufsverbands für Lachyoga und Humortraining in Planegg. Wer lacht, verliere keineswegs die Fähigkeit, zu trauern oder ernsthaft zu sein, so Leisch, sondern gewinne Abstand und erkenne leichter neue Perspektiven. „Beim Lachen lockern sich nicht nur die Muskeln, sondern auch die Gedankenmuster“, sagt die Münchner Lachtrainerin. Derzeit trifft sich Leisch mit Teilnehmer*innen via Zoom zweimal die Woche zum Laughter-Wellness, einer Weiterentwicklung des Lachyogas. Auch am Welttag des Lachens ist Leisch mit zwei Sessions online dabei. „Beim Laughter-Wellness geht es vor allem darum, dass man loslässt, sich entspannt, tiefer atmet. Das Lachen ist dann ein wunderbarer Nebeneffekt, der dabei eintritt“, sagt Leisch, die ihre Kurse mit einer Aufforderung zum Lächeln beginnt. Es seien immer Menschen im Kreis, die gleich losplatzen, und das stecke an.
Trotzdem hätten viele Hemmungen zu lachen oder seien skeptisch. „Manche sagen mir auch, ich würde gerne mitmachen, aber jetzt nicht, weil mein Angehöriger im Krankenhaus liegt“, erzählt die Laughter-Wellness-Trainerin. Gerade in solchen Fällen sei es wichtig, bei einem Treffen mitzumachen und sich eine Stunde zu entspannen. „Denn nach dem Lachen ist der Kopf vollkommen frei.“
(Lucia Glahn)
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