Leben in Bayern

Hobbymineraloge Richard Scheiner in seinem Steinreich namens „Der Amethyst“ – jeden Monat trifft er Gleichgesinnte in Würzburg. (Foto: Christ)

03.02.2017

Steinreich im Main-Spessart

Fasziniert von Steinen: Seit 25 Jahren frönt ein Werkzeugmacher seiner Sammelleidenschaft – mehr als drei Tonnen hat er schon zusammen

Das Verlangen, sich mit Schönem zu umgeben, wird von Menschen auf ganz unterschiedliche Weise befriedigt. Manche züchten Rosen. Andere schwelgen in Schmuck. Wieder andere statten ihre Wohnung mit erlesenen Möbelstücken aus. Auch in Richard Scheiner aus Steinfeld im Landkreis Main-Spessart schlummert das Bedürfnis, Schönes um sich zu haben. Seit 25 Jahren lebt er es durch das Sammeln von Mineralien und Fossilien aus. Inzwischen hat der 63-Jährige ein beeindruckendes „Steinreich“ namens „Der Amethyst“ zusammengetragen.

Für den gelernten Werkzeugmacher ist es jedes Mal wieder ein erhebendes Gefühl, aus der Haustür zu treten, quer über den Hof zu schlendern und in einem Anbau seinen „Amethyst“ zu betreten. Ein großer Teil der Steine, die in zwei Ausstellungsräumen zu bewundern sind, stammen aus Madagaskar. Über den Auslöser seiner Sammelleidenschaft spricht Scheiner allerdings fast nur in vertrauten Zirkeln. „Das ist für die meisten Leute zu esoterisch“, sagt er und schmunzelt. Tatsächlich kam er vor 25 Jahren aufgrund eines Wirbelsäulenleidens in Kontakt mit Mineralien. Ein Bekannter riet ihm, vor der anstehenden Operation einen Achat in den Hosentaschen zu tragen. Sollen doch Achate Rheuma, Gelenkschwellungen, Knochenbrüche und Rückenschmerzen positiv beeinflussen. Scheiner tat, wie ihm geheißen. Und er hatte das Gefühl: Das hilft tatsächlich. Seither engagiert er sich auch im Verein „Steinheilkunde“ und bietet in seinem „Amethyst“ selbst eigene Tages- und Wochenendseminare an.

Im Laufe der letzten 25 Jahre hat sich Scheiner eine ganze Menge Wissen beigebracht. Allein vom Glitzern und Funkeln der Steine fasziniert zu sein, reicht ja nicht, um ein „echter“ Sammler zu werden. Steinsammlungen, erläutert er, sind umso wertvoller, je sorgfältiger die Mineralienfunde dokumentiert sind. Wie heißen die jeweiligen Steine? Aus welchem Land stammen sie? Wo befindet sich der Fundort ganz genau? Das herauszufinden, ist alles andere als unkompliziert, auch wenn es heute gute, frei zugängliche Datenbanken gibt. Zehntausende Datensätze und zahlreiche Abbildungen stehen zur Verfügung. Dennoch ist es nicht immer möglich, einen Stein bis auf die Mine zweifelsfrei zu identifizieren.

Wer will aber auch angesichts der Fülle an Mineralien den Überblick behalten? Weltweit sind derzeit mehr als 4600 Mineralien bekannt. Einige dieser Steine sind seit Jahrhunderten beliebt: Diamanten, Rubine, Smaragde, Opale, Bergkristalle oder Achate. Von der Existenz anderer Minerale wissen nur Insider. Der Tansanit oder der Smrkovecit gehören hierzu. Immer wieder werden auch neue Mineralien entdeckt. Vor fünf Jahren zum Beispiel fand man in der westaustralischen Pibara-Region ein Mineral, von dem bisher angenommen wurde, dass es nur auf dem Mond existiert. „Tranquillityt“ lautet sein Name. 1969 wurde es während der Apollo 11-Mission gesammelt.

Begehrt: Stein der Päpste

Die meisten Sammler wollen ganz bestimmte Steine besitzen. Sie konzentrieren sich beispielsweise auf Achate, Opale oder Quarze. Scheiner ist vergleichsweise breit aufgestellt. Wobei es ihm bestimmte Steine aus seiner Sammlung aufgrund von Form oder Farbe besonders angetan haben. Da gibt es etwa ein Kristall, in das „Urwasser“ eingeschlossen ist. Auch gehört ein durch seine goldenen Nadeleinschlüsse bestechender Rutilquarz für Scheiner zu den ästhetischen Highlights seiner Sammlung. Gerade ihn mag er auch als Heilstein, soll er sich doch positiv auf die Lunge auswirken.

Scheiner schätzt, dass er mittlerweile mehr als drei Tonnen Mineralien und Fossilien sein Eigen nennen kann. Neben Quarzen und Bergkristallen dürfen natürlich die für sein „Steinreich“ Namen gebenden Amethysten nicht fehlen. Auch die sind nicht nur schön. „Was meinen Sie, warum trugen Bischöfe und Päpste diesen Stein einst am Ring?“, fragt Scheiner schmunzelnd. Ganz einfach: Das violette Mineral soll verhindern, dass jemand, der Alkohol trinkt, „blau“ wird. Auf die vorgebliche Anti-Sucht-Wirkung verweist bereits der aus dem Griechischen stammende Name „amethystos“. Er bedeutet übersetzt: „Dem Rausche entgegenwirkend“.

Scheiner steht mit seiner Freude an Mineralien und Fossilien nicht alleine da. Steinfans aus ganz Unterfranken schlossen sich vor mehr als 15 Jahren zur Initiative „Mineralien- und Fossilienfreunde Würzburg“ namens „Mainfrankenstein“ zusammen. Seit 2004 ist die Organisation ein gemeinnütziger Verein, dem aktuell rund 100 Mitglieder angehören. Scheiner fungiert derzeit als Schatzmeister. An jedem ersten Freitag im Monat treffen sich die Sammlerfreunde in Würzburg, um unbekannte Funde zu bestimmen, über Mineralfundstellen zu diskutieren und sich über Neues aus der Welt der Mineralien auszutauschen. Alljährlich im November organisieren sie eine Mineralien- und Fossilienbörse, zu der bis zu 800 Steinfans aus der Region kommen.

Nachwuchs gesucht

Die Intensität, mit der Richard Scheiner und seine Mitstreiter der Gruppe „Mainfrankenstein“ ans Sammeln, Bestimmen und Erforschen von Mineralien gehen, ist jungen Menschen heute weitgehend fremd. Die Mineralienfreunde haben daher dasselbe Problem wie etwa Briefmarkensammler: Der Nachwuchs fehlt. Wobei Richard Scheiner unermüdlich versucht, junge Menschen mit dem „Stein-Virus“ zu infizieren. So bietet er regelmäßig eine „Kinder-Uni“ an. Bis zu 20 Grundschüler kommen dann in seinen „Amethyst“, um die Welt der Quarze, Bergkristalle und Achate zu entdecken und mehr über Steinbrüche, Vulkane und das Weltall zu erfahren.

Und besondere Steine gibt es keineswegs nur in Madagaskar. Besonderen Spaß macht es Mineraliensammlern, vor der eigenen Haustür auf Entdeckungstour zu gehen. Fündig werden die Steinfans keineswegs nur in Steinbrüchen. Niels Kölbl, ebenfalls ein „Mainfrankensteiner“, stöberte zum Beispiel stöberte unlängst auf einem Waldweg in Sachsen einen Amethyst auf. Auch Neubaugebiete sind für ihn oft eine ergiebige Fundgrube. So bescherte ihm ein Baugebiet nahe Würzburg unlängst einen Zuwachs seiner Sammlung. Er erklärt: „Überall, wo gebuddelt wird, da ist es für uns interessant.“ (Pat Christ)

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