Leben in Bayern

Knut Starringer mit seiner elektronischen Lederhose. (Foto: Stumberger)

10.01.2020

Traditionsschneider für Spezialaufträge

In Schrobenhausen fertigt Knut Starringer elektronische Kleidung – zum Beispiel Hightech-Lederhosen

Bayerische Politiker zitieren ja gerne das Begriffspaar „Laptop und Lederhose“, wenn sie auf ihre Erfolge bei der Entwicklung des Landes vom einstigen Agrarland zum Hightech-Staat hinweisen wollen. In Knut Starringers Werkstatt im oberbayerischen Schrobenhausen wird der Spruch Wirklichkeit. Der Schneidermeister hält eine von ihm gefertigte kurze Lederhose in die Höhe, an der Seite sind Bedienknöpfe für das Handy angebracht. „Sie war für japanische Kunden zum Oktoberfest gedacht“, erzählt der 58-Jährige.

„Die Ledermanufaktur“ ist draußen auf einem Schild zu lesen. 1961 gründete Starringers Vater den Betrieb. Damals gab es in Schrobenhausen noch ein gutes Dutzend Lohnschneider, die Konfektionsware von der Stange war noch nicht so verbreitet. Bereits in den 1960er-Jahren aber setzte der Niedergang der deutschen Textilindustrie ein, produziert wurde immer öfter im kostengünstigeren Ausland.

Die Starringer-Firma überlebte, weil sie sich auf eine Nische konzentrierte. Auf hochwertige und hochpreisige maßgeschneiderte Kleidung nach dem Motto: „Traditionelles mit Neuem“. Schneidermeister Starringer begann, Motorradkleidung zu entwerfen. Unter dem eigenen Label „Goachad“ – so heißt ein Wasserschutzgebiet bei Schrobenhausen. „Da haben wir als Kinder immer gespielt“, erzählt der. Von außen sehen die Motorradjacken aus wie traditionelle Trachtenjanker, haben es aber in sich. Verarbeitet werden unter dem Loden Funktionstextilien und Protektoren. Alles in Maßarbeit.

Eine der aktuellen Ideen: eine Feinstaubmessjacke

Inzwischen hat sich Starringers Unternehmen von der klassischen Maßschneiderei vollends in Richtung Hightech entwickelt. Unter dem Firmennamen Wearable Solutions (deutsch: tragbare Lösungen) entwickelt es immer mehr mit Elektronik angereicherte Textilien. Dabei sieht es in der Werkstatt genau so aus, wie man es von einer Schneiderei erwartet. Es gibt Nähmaschinen, Zuschneidetische, Lineale und Kreide. Dazwischen aber finden sich für eine Schneiderei aber auch ungewöhnliche Dinge: Sensoren, kleine Platinen, Drähte.

Wozu die gut sind, zeigt Firmenmitarbeiter Tobias Scholz. Er hält einen weißen Kittel in der Hand und deutet auf die Verdrahtungen an dessen Rückseite. Sie sind das Herzstück des Dynasens-Projekts, bei dem es um eine „dynamische sensorgestützte Personaleinsatz- und Tourenplanung in der ambulanten Pflege“ geht, erklärt er. Ein Projekt, unterstützt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Fraunhofer-Institut für integrierte Schaltungen in Erlangen. Es ist nur eines von 68 Spezialprojekten, mit denen sich die Firma bis heute beschäftigt hat. Begonnen hatte alles mit dem Auftrag des Chipherstellers Infineon, der die Lederhosen mit Handytastatur für seine asiatischen Kunden bei Knut Starringer in Auftrag gab. 20 Stück davon hat er gefertigt.

„Es gibt eine Idee und wir überlegen, wie wir die Idee in die Kleidung integrieren können“, erläutert der Firmenchef die Vorgehensweise. Aktuell arbeitet die Firma zum Beispiel an einer Arbeitskleidung, mit der man die Feinstaubbelastung in der Luft messen kann. Was sonst nur an einzelnen Messstationen geschieht, könnte dann zum Beispiel in der Parkraumüberwachung flächendeckend eingesetzt werden.

Das neueste Projekt der Schrobenhausener aber ist ein Falknerhandschuh aus Leder, der es ebenfalls in sich hat. Er ist gedacht für wohlhabende Scheichs aus dem arabischen Raum, die mit ihren teuren Jagdfalken an Wettbewerben teilnehmen. Tobias Scholz zeigt die Funktion des Handschuhs. In ihm ist ein Sensor integriert, der den Druck der Krallen misst. Angezeigt wird der Druck auf einem kleinen Display im Leder, er kann aber auch über einen Computer ausgelesen werden. Der Falkner kann aus dem Ergebnis den Gesundheitszustand des Raubvogels ableiten. (Rudolf Stumberger)

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