Leben in Bayern

Damals und heute: Katrin Plewka im Münchner Jagdmuseum vor einem alten Bild. Die Jagd ist längst kein Männerphänomen mehr. (Foto: Stumberger)

28.02.2020

Waidfrauheil statt Waidmannsheil

Die Lust am Jagen erfasst auch immer mehr Frauen – eine von ihnen: die Oberpfälzerin Katrin Plewka

Wenn sie loszieht, dann meist kurz vor Tagesanbruch. „Für mich ist das die Stunde der absoluten Stille“, sagt die Oberpfälzerin Katrin Plewka. „Das Handy ist ausgeschaltet und ich genieße die Ruhe.“ Etwa 200 Mal im Jahr packt die 37-Jährige ihre Büchse Kaliber 30-06, Lodenrucksack, Messer, Fernglas und Gehörschutz zusammen und geht in den Wald. Ebenfalls immer dabei: Seifenblasen. „Da weiß ich, woher der Wind weht“, erklärt sie und schmunzelt.

Plewka ist Jägerin. Immer mehr Frauen wie sie begeistern sich für das Hobby, das einst eine Männerdomäne war. Im bayerischen Jagdverband ist bereits jedes zehnte Mitglied weiblich. Tendenz steigend. „Ich habe mindestens zwölf Freundinnen, die auch etwas mit der Jagd zu tun haben“, sagt Plewka. Natur, Ökologie und die Sehnsucht nach Naturerlebnissen – das alles reizt auch junge Frauen.

In den Ausbildungskursen liegt laut bayerischem Jagdverband der Anteil der Frauen bei fast 30 Prozent. Plewka selbst besitzt seit drei Jahren einen Jagdschein. Ihr Vater hatte sie bereits früher mit auf die Jagd genommen – daheim, im oberpfälzischen Regenstauf. Plewka war das bald aber nicht mehr genug, sie wollte mehr wissen. „Über die Zusammenhänge in der Natur“, erzählt sie. „Das hat mich sehr interessiert.“ Ein halbes Jahr lang hat Plewka, Inhaberin einer Kommunikationsagentur, zweimal die Woche Abendkurse besucht. Eine anspruchsvolle Ausbildung mit Fächern wie Wildbiologie, Jagdpraxis, Waffenkunde, Hundewesen, Fleischhygiene, Naturschutz, Land- und Forstwirtschaft, Tier- und Naturschutzrecht. Etwas Sorgen hat Plewka das Schießen gemacht. „Bin ich so gut, dass das Wild gleich erlegt wird, sodass es nicht leiden muss?“, waren ihre Gedanken. Derartige Ängste haben sich mittlerweile verflüchtigt, die junge Frau vertraut auf ihre Schießkünste. Auf ihrer Trophäenliste stehen mittlerweile Wildschweine, Rehe, ein Murmeltier, ein Fuchs, Wildenten und Krähen.

Problem: Jagdkleidung gibt es oft nur in Männergrößen

Allein im dunklen Wald unterwegs zu sein, macht der jungen Frau nichts aus. „Ich habe keine Angst“, sagt Plewka. „Ich bin ja auch bewaffnet und habe eine starke Taschenlampe dabei.“ „Aber“, räumt sie ein, „es gibt Frauen, denen es draußen im Wald unwohl ist.“ Auch zu diesem Thema gebe es extra Kurse, so die junge Jägerin. Und zwar nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer.

Für Plewka ist die Jagd nicht nur ein Hobby, sondern auch eine Aufgabe. Gehe es doch auch um die Hege und Pflege des Wildes. Und für Frauen, sagt sie, sei das Wild auch als gutes Lebensmittel sehr wichtig. „Meine Schnitzel sind vom Wildschwein.“ Auch wenn man das Fleisch regelmäßig auf seine radioaktiven Strahlungswerte testen muss – dem Atomkraftunfall in Tschernobyl von 1986 sei Dank.
Zur Jagd gehört nicht nur das Erlegen von Wild, sondern auch das Aufbrechen der Beute. „Doch das war nicht so schlimm, wie ich gedacht hatte“, erzählt Plewka. Das erste Tier, dem sie die inneren Organe entnahm, war ein geschossenes Reh.

Beim Frauenstammtisch treffen sich die Jägerinnen

Die männlichen Jägerkollegen haben sich an den weiblichen Nachwuchs gewöhnt. „Ich selbst habe noch keine schlechten Erfahrungen gemacht“, sagt Plewka. Bis auf ein Mal bei einer Jagd in Frankreich. Dort habe sie der Jagdhelfer dreimal gefragt, ob sie wirklich alleine auf den Hochstand wolle.

Ein Problem allerdings haben viele Jägerinnen – und zwar mit der Kleidung. Noch immer sei es so, dass viele Jacken, Mäntel und Hosen auf Männergrößen ausgerichtet seien, erklärt Plewka. Im Textilbereich sei der Jäger immer noch vor allem eines: männlich. Aber Jägerinnen wie sie wissen sich zu helfen. „Ich habe mir einfach eine Männerjacke gekauft und dann abgenäht“, so Plewka.

Sogar ihren Lebenspartner hat Katrin Plewka über ihr Hobby gefunden – sie hat ihn in einem Jagd-Forum im Internet kennengelernt. Die Oberpfälzerin ist aber nicht nur im Wald in Sachen Jagd vor allem analog unterwegs. Einmal im Monat trifft sie bei einem Frauenstammtisch auf andere Jägerinnen: Waidfrauheil statt Waidmannsheil.
(Rudolf Stumberger)

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