Wenn die Stars keine Worte finden – er hat sie parat: Rudolph Schambeck notiert seine Songtexte auf Papier, bevor sie mit der passenden Musik hinaus in die Welt getragen werden. Dass derjenige, der „Ja, mir san mit’m Radl da“ geschrieben hat, in Neukirchen im Landkreis Straubing-Bogen lebt, wissen nur wenige. Der 82-Jährige landete vor Jahrzehnten mit diesem ersten Liedtext gleich den richtig großen Coup.
Ein One-Hit-Wonder ist Rudolph Schambeck wahrlich nicht geblieben. Erfolg an Erfolg hat er wie Wort an Wort aneinandergereiht. Und auch heute noch textet er fleißig weiter, wie er bei einem Besuch seiner Kreativwerkstatt zu Hause erzählt.
Er erinnert sich an einen besonderen Tag zurück: 30 Grad im Schatten, die Sonne brennt vom blauen Himmel. Die Menschen packen ihre Badetaschen und fahren an den See. Nur einer sitzt im stillen Kämmerlein, und das ist Rudolph Schambeck.
Während der Rest der Welt Eis schleckt, soll er ein Weihnachtslied schreiben. Nur einen Titel soll er für die neue CD der Schürzenjäger beisteuern, und zwar einen Weihnachtssong. Aber der soll ein Hit werden, unbedingt und ganz, ganz sicher. Aber wie soll das gehen, mitten im Hochsommer?
Da macht er auf einen guten Rat hin das Fenster zu und setzt sich hin. Stellt sich wirbelnde Schneekristalle vor, die sich als zarter Flaum auf den Boden legen. „Ja, so kann es gehen“, denkt Rudolph Schambeck und schreibt die erste Zeile: „Draußen vorm Fenster die Flocken im Wind, i möcht gern daheim sein, wär gern wieder Kind.“
Ein Lied entsteht, das legendär wird: A Weihnacht, wie’s früher war. Es wird noch heute im gesamten deutschsprachigen Raum in der Weihnachtszeit rauf und runter gespielt und ist auch von zahlreichen anderen Künstlern neu interpretiert worden. Ungefähr eine Million Mal mag es sich verkauft haben, zusammen mit den Neuinterpretationen, rechnet Rudolph Schambeck zusammen.
Per Zufall wird er zum berühmten Texter
Aber schon zuvor war der Gymnasiallehrer für Deutsch, Geschichte und Sozialkunde eine ganz große Nummer in der Szene der volkstümlichen Musik. Wie so vieles im Leben war es Zufall, dass aus dem gebürtigen Straubinger ein berühmter Texter wurde. Im Münchner Jazz-Keller lauschte er den Hot Dogs. Da sprach ihn der Chef der Dixie-Band, Gerhard Sterr, an: „Hey, du studierst doch die Literatur, du wirst uns doch wohl ein paar Verserl schreiben können!“
Rudolph Schambeck konnte und tat es. Er schrieb Ja, mir san mit’m Radl da. Ein Text, den heute jeder, vom Kleinkind bis zum Senior, lauthals mitschmettern kann. Klar, dass das nicht ohne Folgen blieb. „Es hat sich in der Szene rumgesprochen“, sagt der heutige Rentner leise schmunzelnd.
Das Alpentrio Tirol kam auf ihn zu, das Nockalm Quintett, die Kastelruther Spatzen, die Zillertaler Schürzenjäger und das Naabtal Duo. Der Niederbayer, der lange Zeit in München lebte und unterrichtete, schrieb Hits wie Großer Manitou und Venedig ist ein Katzensprung. Das Telefon schellte immer wieder: So viele Stars wollten seine Worte haben.
Alles hat er sich selbst beigebracht
Dabei hat er sich alles selbst beigebracht, was er kann. Sich bei anderen Textern umzusehen, kam für ihn nie in die Tüte. Rudolph Schambeck weiß, was er kann, und sagt das auch, aber ohne Arroganz – nur mit gebotenem Selbstbewusstsein. So verlässt auch kein Liedtext die heimischen Wände, bevor der Perfektionist damit nicht tausendprozentig zufrieden ist.
Hunderte von Liedern hat er geschrieben: „Natürlich waren auch Luschen dabei. Man kann nicht nur lauter Hits schreiben“, gibt er selbstkritisch zu. Dennoch: An seinem Treppenaufgang blitzt und blinkt es. Da hängen die Goldenen Schallplatten.
Wie bleibt man über Jahrzehnte so kreativ und erfolgreich? „Man muss die Trends voraussehen können und sich diesen anpassen, aber bitte, ohne dass man das Niveau aufgibt“, erklärt der Erfolgstexter. Und er weiß auch: „Beim Refrain muss es ‚Bumm‘ machen.“ Es muss da eine Kopfzeile her, die die Zuhörer in Erstaunen versetzt: „Die Leute müssen erst mal dumm schauen.“ Aber dann muss eine zweite Zeile kommen, eine, die alles auffängt. Hört sich einfach an, ist es aber nicht. „Schreiben ist harte Arbeit und dauert seine Zeit“, weiß er.
Mit 82 Jahren lässt Rudolph Schambeck es ein wenig ruhiger angehen. Das heißt aber nicht, dass es ihn in seinem beschaulich renovierten Elternhaus in Neukirchen nicht ab und an in den Fingern juckt.
Für die großen Stars und Plattenfirmen arbeitet er derzeit nicht. Es macht ihm aber große Freude, für einen langjährigen Freund die richtigen Worte zu finden: den Singenden Wirt Stefan Dietl aus Elisabethszell, der mit seiner Musik weit über die Grenzen Bayerns hinweg ein Botschafter der Heimat ist. „Zurzeit ist er der Einzige, für den ich schreibe“, erzählt Schambeck.
Weihnachtslied gegen Krieg und Gewalt
Gerade hat der 82-Jährige mit Herr, lass Frieden werden ein eindringliches Weihnachtslied geschrieben gegen Krieg und Gewalt in der Welt. Wortgewandt wie immer und mit dem Pfeil mitten ins Herz. Seinem Freund Stefan hat er es überlassen, es wird auch auf dessen neuer CD „Durchblick“ erscheinen. Denn eines kommt für die Texterlegende nicht infrage: „Es gibt keine A- und B-Ware, die einen für die großen Stars und die anderen für die nicht so bekannteren Sänger und Gruppen.“ (Melanie Bäumel-Schachtner)
Kommentare (1)