Montagmorgen, der Schulgong ertönt, die Schüler kommen nach und nach ins Lise-Meitner-Gymnasium in Unterhaching (Landkreis München). Ein Bild, das es so lange nicht gegeben hat. Doch was in diesen Corona-Zeiten wie ein Stück Normalität wirkt, ist es ganz und gar nicht. Alles ist anders, vor allem der Unterricht.
Die Stimmung ist trotzdem gut - vor allem gelöst: "Ich bin erleichtert, dass es wieder losgeht, weil ich jetzt nicht mehr zu Hause lernen muss", sagt Zwölftklässler Matthias. "Aber es sind natürlich erschwerte Bedingungen."
Vor dem Gebäude empfangen die Lehrer die Abschlussklässler. Sie tragen Mundschutz oder Einweghandschuhe und verteilen Masken an diejenigen Schüler, die noch keine eigenen mitgebracht haben.
Eine Maskenpflicht besteht in den Schulen im Freistaat zwar nicht, auf den Fluren und in den Klassenzimmern werden sie trotzdem getragen. Man habe sich gegen eine Pflicht entschieden, da vier, fünf Stunden mit Maske für Lehrer und Schüler sehr anstrengend sein könnten, sagt Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) bei seinem Besuch an der Schule.
Die Tische sind im ganzen Raum verteilt
Nach sechs Wochen ohne Präsenzunterricht wegen der Corona-Krise sitzen die Abschlussklassen der bayerischen Gymnasien, Real-, Mittel- und Berufsschulen wieder in Klassenräumen. Nach Angaben des Kultusministers sind dies rund 14 Prozent der Schüler im Land - also etwa 224 000 der insgesamt 1,6 Millionen.
Die Tische der Schule in Unterhaching sind jeweils im ganzen Raum verteilt. Mindestens 1,5 Meter Abstand zwischen ihnen - nach vorne, nach hinten und zu beiden Seiten. Auch die Klassen wurden verkleinert, so dass möglichst wenig Schüler gleichzeitig im selben Raum sind.
Vorher musste der ganze Stoff daheim gelernt werden. "Zuhause bin ich ziemlich aufgeschmissen gewesen", sagt Abiturient Michael. Für viele Schüler gilt: Im Homeschooling ist es schwer, alle Fragen loszuwerden, alles genau zu verstehen. Auch an der Motivation hapert es manchmal. "Die letzten Wochen waren schon ziemlich anstrengend", berichtet Michael.
Im Klassenzimmer gibt es nur Frontalunterricht: kein Abfragen an der Tafel und keine Gruppenarbeiten. Aber immerhin besteht jetzt wieder die Möglichkeit, dass Lehrer und Schüler miteinander ins Gespräch kommen. Auch wer nicht die technischen Voraussetzungen, einen Computer oder eine Internetverbindung, zuhause hat, kann jetzt wieder am Unterricht teilnehmen - ohne Nachteile.
Jeder hat einen ganz individuellen Stundenplan
Und dann ist da noch der Stundenplan: Jeder hat einen anderen, ganz individuellen Plan. Wichtig sind vor allem die Kern- und Prüfungsfächer, alles andere wird nur nach Möglichkeit unterrichtet.
Der Sportunterricht fällt sogar ganz aus, sagt die Schulleiterin des Lise-Meitner-Gymnasiums, Michaela Trinder. Immerhin hat keiner der Schüler hier Sport als Abi-Prüfungsfach. An anderen Schulen gibt es laut Kultusministerium im Sport zunächst nur Theorieunterricht. Auch Klausuren werden an den Gymnasien keine mehr geschrieben.
Los geht es an der Schule in Unterhaching erst spät - zur dritten Stunde, also um kurz vor 10.00 Uhr. Manche Schüler kommen sogar erst später, je nach Kurswahl. So soll der Unterricht entzerrt werden, damit nicht alle jungen Leute gleichzeitig in der Schule sind.
Andere Schulen im Freistaat handhaben es ähnlich. Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV) kommentiert das so: "Nichts ist mehr normal, nicht einmal mehr der Gongschlag."
Am 11. Mai sollen zusätzlich die Jahrgänge wieder in die Schulgebäude zurückkehren, die im kommenden Jahr ihren Abschluss machen. Alle anderen Klassen einschließlich der Grundschuljahrgänge dürfen zunächst nicht in die Schule zurück. Man prüfe jetzt sehr genau, wie auch für sie die Rückkehr in die Schule organisiert werden könne, sagt Piazolo.
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist da etwas konkreter: "Eigentlich sollte das Ziel sein, dass vor Pfingsten jeder Schüler zumindest einmal wieder in der Schule war". Es sei nun an der Zeit, bei den Schulen die vielen, klugen Konzepte, die in der Diskussion seien, miteinander zu verzahnen. Ziel sei es, langsam wieder in den Alltag zurückzukehren, "aber mit allen maximalen Schutzmaßnahmen".
(Jennifer Weese, dpa)
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