Politik

Klimaschutzaktivist*innen legten am frühen Samstagmorgen den Münchner Flughafen lahm. Sie waren in den inneren Bereich des Airport-Geländes gelangt. (Foto: dpa/Hildenbrand)

21.05.2024

Aktivisten auf freiem Fuß

Sie kleben wieder: Radikale Klimaschützer haben in München zum Start in die Pfingstferien den Flugverkehr empfindlich gestört. Politiker sind empört – und die Aktivisten wieder frei.

Nach ihrer Blockade-Aktion am Münchner Flughafen sind die beteiligten Klimaschutzaktivisten wieder frei gekommen, die Ermittlungen dauern aber an. Es stünde schließlich eine Zahl von Straftaten im Raum, sagte ein Sprecher der Polizei am Montag. Das Ergebnis der Ermittlungen gehe an die Staatsanwaltschaft.

Gegen die Aktivisten wird unter anderem wegen gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr ermittelt. Ihnen drohten Freiheitsstrafen, sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Wochenende.

Zu Beginn der bayerischen Pfingstferien hatten die Klimaschutzaktivisten den Flughafen blockiert und damit den Feiertagsreiseverkehr erheblich behindert. 

Ab 5.19 Uhr am Samstagmorgen war der Flughafen für knapp zwei Stunden voll gesperrt, wie Herrmann erläuterte. Acht Menschen wurden festgenommen, bei zwei weiteren die Personalien erfasst, wie die Polizei mitteilte. Einen Tag nach der Aktion seien alle wieder auf freiem Fuß gewesen - eine Ermittlungsrichterin habe keinen Grund für eine Haft gesehen, sagte ein Polizeisprecher.

Flüge annulliert, Maschinen umgeleitet

60 Flüge wurden nach Angaben des Flughafens komplett annulliert. 14 Maschinen, die in München landen sollten, wurden auf andere Flughäfen umgeleitet. 140 000 Menschen sollten am Samstag in München bei 1000 Starts und Landungen abgefertigt werden. Alle Passagiere kämen an ihr Ziel, sagte ein Flughafensprecher. Der Großteil müsse allerdings Verspätungen in Kauf nehmen. Am Sonntag lief der Flugverkehr nach Polizeiangaben wieder in normalen Bahnen.

Die Aktivisten drangen am frühen Samstagmorgen auf das Gelände des Airports vor und klebten sich an Zubringer-Rollbahnen neben den Landebahnen fest. Die Gruppe Letzte Generation hatte auf dem Netzwerk X mitgeteilt, dass sich sechs Menschen in Zweiergruppen an unterschiedliche Stellen des Flughafens gesetzt hätten. Zahlreiche Polizisten und Feuerwehrleute waren vor Ort, um die Aktivisten zu entfernen, die unter anderem mit dem Spruch "Problem ist die Regierung ? nicht unser Urlaub!" auf X über die Aktion informierten. 

Klimaaktivisten schneiden Zaun an vier Stellen gleichzeitig auf

Wie der Sprecher der Bundespolizei sagte, wollten die Aktivisten zunächst an vier unterschiedlichen Stellen zeitgleich auf das Gelände gelangen. Die Männer und Frauen hätten sich durch den Sicherheitszaun des Flughafens geschnitten. Zwei der Aktivisten hätten noch im Bereich des Zaunes festgehalten werden können, die anderen seien weiter in den Innenbereich gekommen.

Der Münchner Flughafen hatte am ersten Ferienwochenende zahlreiche Urlauber erwartet, etwa 350 000 Passagiere waren von Freitag bis Sonntag angekündigt. Der Airport wollte in dieser Zeit 2860 Flüge abfertigen. 

Letzte Generation wollte Ferienbeginn am Flughafen stören

Mitglieder der Letzten Generation hatten nach eigenen Angaben geplant, auf das Gelände des Flughafens zu gelangen, um mindestens eine der beiden Start- und Landebahnen zu blockieren. Hintergrund der Protestaktion sei, dass der Flugverkehr knapp zehn Prozent der deutschen Verantwortung für die Erderhitzung ausmache. Die Flugbranche werde durch den Verzicht auf Kerosin- und Mehrwertsteuer vom Staat subventioniert, kritisierten die Aktivisten. Die Gruppe hatte Ende Januar angekündigt, auf Straßenblockaden zu verzichten und sich auf "Orte der fossilen Zerstörung" zu konzentrieren - explizit genannt wurden Flughäfen.

In der Vergangenheit hatte die Gruppe bereits ähnliche Aktionen an deutschen Flughäfen durchgeführt, etwa in Berlin, Hamburg und Düsseldorf. In München gab es bereits im Dezember 2022 eine Blockade. Damals konnte deswegen nach Behördenangaben ein Flugzeug mit einem Notfall-Patienten an Bord erst 20 Minuten verspätet landen.

Die neue Protestaktion löste in der Politik eine Welle der Kritik aus. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) schrieb auf der Plattform X: "Solche kriminellen Aktionen gefährden den Flugverkehr und schaden dem Klimaschutz, weil sie nur Unverständnis und Wut hervorrufen." Sie verlangte: "Die Täter müssen konsequent verfolgt werden, die Schutzmaßnahmen am Flughafen überprüft werden." Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) betonte: "Das ist kein legitimer Protest, sondern ein gezielter Eingriff in den Flugverkehr."

Auch Bundesagrarminister Cem Özdemir von den Grünen übte Kritik: "Was soll es bringen, Menschen den Urlaubsstart zu vermiesen? Nehmt uns Politiker in die Pflicht, argumentiert, streitet", schrieb er auf X. "Aber zerstört bitte nicht das Wichtigste, das wir im Kampf gegen die Klimakrise haben: Den breiten Konsens in der Gesellschaft."

Bayerns Innenminister Herrmann betonte: "Das war erneut eine absolut hirnlose Aktion der Klimachaoten. Mit solchen Blockaden in den Flugverkehr einzugreifen und dies zu Beginn der Reisezeit ist nicht nur rücksichtslos, sondern gefährdet potenziell das Leben vieler Menschen". Für den Flughafenverband ADV unterstützte Geschäftsführer Ralph Beisel die Forderung nach härteren strafrechtlichen Konsequenzen. (Ulf Vogler, Michael Donhauser, Kathrin Zeilmann, dpa)

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