Politik

Bayerns Innenminister Herrmann: Mit der Klage gegen einen Anwalt ist er gescheitert, sein "wunderbarer Neger"-Fauxpas dafür wieder in aller Munde. (Foto: dpa)

09.05.2016

Anwalt darf Bayerns Innenminister "Inzuchtsprodukt" nennen

Joachim Herrmann bezeichnet Sänger Roberto Blanco in einer Talkshow als "wunderbaren Neger". Ein dunkelhäutiger Jurist ärgert sich darüber - und tituliert den Politiker in einem Brief als "wunderbares Inzuchtsprodukt". Laut Gericht ist das zulässig

Ein Karlsruher Anwalt darf den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in einem persönlichen Brief ungestraft ein "ganz wunderbares Inzuchtsprodukt" nennen. Herrmann hatte im vergangenen August in einer Talkshow über den Sänger Roberto Blanco gesagt, er sei ein "wunderbarer Neger". Daraufhin schrieb der dunkelhäutige Anwalt David Schneider-Addae-Mensah dem CSU-Politiker einen Brief mit der beanstandeten Formulierung unter dem Betreff "Ihre rassistische Gesinnung". Das Amtsgericht Karlsruhe lehnte den von der Staatsanwaltschaft beantragten Strafbefehl über 2500 Euro ab. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete am Montag über die Entscheidung.

Die Äußerung sei von der Freiheit der Meinungsäußerung gedeckt, stellte das Amtsgericht in dem Beschluss vom 27. April fest. Zudem gebe es nach der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts ein "Recht zum Gegenschlag", dem zufolge ehrverletzende Angriffe oder überspitzte Kritik scharf und drastisch erwidert werden dürften. Voraussetzung sei ein Sachbezug des Gegenschlags. Das war nach Angaben des Gerichts auch deshalb erfüllt, weil der Rechtsanwalt einen persönlichen Brief an Herrmann geschickt und keine größere Öffentlichkeit einbezogen hatte.

Amtsgericht: "Recht zum Gegenschlag"

Auch die im Betreff gewählte Formulierung ist nach Ansicht des Gerichts nicht strafbar. Denn die Bezeichnung "Neger" sei nach überwiegender Auffassung ein Schimpfwort und rassistisch abwertend.

Ein "Inzuchtsprodukt" ist nach Schneider-Addae-Mensahs Überzeugung jeder Mensch, der nicht gemischt ist. Die Bezeichnung "wunderbar" sei nicht abwertend, aber ironisch. Den Brief habe er geschrieben, weil er sich über die Ausfälle de Ministers in der Fernsehsendung geärgert habe, sagte Schneider-Addae-Mensah der Deutschen Presse-Agentur.

Herrmann reagierte zurückhaltend: Er habe den Beschluss noch nicht und könne deswegen noch nichts dazu sagen. Er habe die Entscheidung heute aus der Zeitung entnommen, sagte der Minister in München. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ist der Beschluss noch nicht rechtskräftig. (dpa)

Kommentare (1)

  1. Schullehrabua am 10.05.2016
    Juristen dürfen halt fast alles in Deutschland. Diese Tendenz der Rechtsprechung bzgl. "Standesgleichen" hat sich die CSU aber auch schon früher selbst zu Nutze gemacht (der Jurist und spätere Bundesinnenminister "Old Schwurhand"). Darum sollte sich mein Mitleid eigentlich in Grenzen halten. Obwohl auf bairisch (bzw. frängisch) das "N" -Wort eigentlich gar nicht negativ belastet ist, sondern erst durch den Gebrauch der Ideologen von 33-45. Vieles auch bayrische wurde da missbraucht und damit zum neudeutsch "no go" gemacht. Angefangen von Militärmärschen wie dem "Badonwiller Marsch" der Kgl. bayr. Armee, der heute noch als "Badenweiler"-N-S Parteimarsch geächtet ist.
    Aber eigentlich ärgert mich sowas doch, rein menschlich.
    Der Begriff "Inzucht" dagegen hat an sich schon einen sehr rassisch geprägten "Geruch" an sich. Und selbst wenn er rein im juristischen Sinne "neutral" angewandt worden sein sollte , so dürfte er wohl die Tatbestände der üblen Nachrede, Beleidigung und der falschen Bezichtigung einer Straftat gegenüber den Eltern von Herrn Hermann.
    Schon deswegen würde ich, wenn ich Johannes Hermann wäre, den Instanzenweg über das Landgericht wenn nötig bis zum BVerfG und den EuGH gehen.
    Aber wahrscheinlicht liegt diese Sichtweise daran, dass ich kein "Volljurist" bin.
    Aber wehe man hätte was gegen Erdogan, dem großen Beschützer Deutschlands gesagt.......das wär ganz was anderes.
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