Politik

Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender, Chef der Unions-Bundestagsfraktion und Kanzlerkandidat der Union, scheitert mit dem Zustrombegrenzungsgesetz. (Foto: dpa/Hannes P Albert)

31.01.2025

Asyl-Gesetz abgelehnt – auch Unions- und FDP-Abgeordnete verweigerten sich

Die Niederlage ist für Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz schmerzlich. Auch Abgeordnete aus den eigenen Reihen blieben der Abstimmung fern – SPD, Grüne und Linke votierten dagegen geschlossen gegen das Gesetz

Der Bundestag hat den auch wegen einer möglichen Unterstützung durch die AfD heftig diskutierten Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion zur Begrenzung der Migration abgelehnt. Sitzungsleiterin Petra Pau teilte mit, das "Zustrombegrenzungsgesetz" habe in zweiter Lesung keine Mehrheit gefunden. Damit entfiel die dritte Lesung mit der Schlussabstimmung.

So stimmten die Fraktionen ab

Nach Angaben von Pau gaben 693 Abgeordnete ihre Stimmen ab: 338 Ja-Stimmen, 350 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen. Zuvor hatten neben Vertretern von CDU/CSU auch Abgeordnete der AfD, der FDP, des BSW und Fraktionslose Zustimmung signalisiert. SPD und Grüne hatten die Pläne heftig kritisiert. Kritiker hatten gewarnt, die "Brandmauer" anderer Parteien zur AfD falle, wenn ein Gesetz verabschiedet werde, für das AfD-Stimmen maßgeblich gewesen wären. Wie die Abgeordneten im Einzelnen abgestimmt haben, soll noch mitgeteilt werden.

Nach Angaben der Bundestagsverwaltung stimmten 184 Unionsabgeordnete für den Entwurf. Zwölf Abgeordnete der Fraktion gaben ihre Stimme nicht ab. Von der AfD gab es 75 Ja-Stimmen, ein AfD-Abgeordneter gab seine Stimme nicht ab. Auch fünf Fraktionslose, sieben Abgeordnete des BSW und 67 FDP-Abgeordnete unterstützten das Vorhaben. Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) zeigte sich etwas enttäuscht, dass es auch aus der FDP-Fraktion zwei Nein-Stimmen, fünf Enthaltungen und 16 nicht abgegebene Stimmen gab. SPD, Grüne und die Linke hatten die Pläne geschlossen abgelehnt und heftig kritisiert - inhaltlich und weil aus ihrer Sicht kein Gesetz in den Bundestag eingebracht werden sollte, dem die AfD zu einer Mehrheit verhelfen könnte. 

Baerbock spricht von "Schande"

Am Mittwoch hatte ein Antrag der CDU/CSU für Zurückweisungen von Migranten an den deutschen Grenzen, der keine bindende Wirkung hat, eine Mehrheit gefunden. Ihm hatten Vertreter von CDU/CSU, AfD, FDP sowie fraktionslose Abgeordnete zugestimmt, was Empörung auslöste.

Zehntausende Menschen gingen allein am Donnerstag auf die Straße - unter anderem in Berlin, Freiburg, Hannover und München. Auch aus den eigenen Reihen gab es Gegenwind für die Union: Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel schaltete sich ein und nannte es "falsch", erstmalig eine Mehrheit mit Stimmen der AfD zu ermöglichen.

Es gehe nun darum "die Schande von Mittwoch" zu korrigieren, hatte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in der Debatte am Freitag gesagt. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich rief Merz zu: "Der Sündenfall wird Sie für immer begleiten. Aber das Tor zur Hölle, ja, ich sage es, das Tor zur Hölle können wir noch gemeinsam schließen."

Hitzige Verhandlungen und gegenseitige Vorwürfe

Die Debatte zum Gesetzentwurf begann mit einer Verspätung von dreieinhalb Stunden. Die FDP schlug zunächst vor, den Entwurf in die Ausschüsse zurückzuschicken und so einen möglichen erneuten Beschluss mit entscheidenden Stimmen der AfD zu verhindern. Es folgten hektische Beratungen zwischen CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP, die allerdings keine Einigung erbrachten. Die FDP verzichtete daraufhin auf ihren Vorschlag.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte, er habe SPD und Grünen angeboten, dass die FDP einem rot-grünen Gesetzentwurf zur Migration zustimme, wenn diese im Gegenzug den Unions-Entwurf mittragen. Dieses Kompromissangebot sei aber abgelehnt worden. Dürr kündigte an, dass die FDP dem Unions-Gesetzentwurf zustimmen wolle.

Unionsfraktionschef Friedrich Merz wies den Vorwurf einer Zusammenarbeit mit der AfD bei den Abstimmungen über eine schärfere Migrationspolitik erneut strikt zurück. Zur Forderung von SPD-Fraktionschef Mützenich, er solle sich dafür entschuldigen, dass er der AfD die Hand gereicht habe, sagte der CDU-Vorsitzende und Unionskanzlerkandidat in der Debatte über den Gesetzentwurf seiner Fraktion: "Von meiner Partei aus reicht niemand der AfD die Hand."

Der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Bernd Baumann, warf der Union einen unglaubwürdigen Kurs in der Migrationspolitik vor. Baumann sagte im Bundestag, Merz wolle vorangehen, er fange aber an zu zaudern und zu tänzeln und verhandle mit Rot-Grün. Außerdem hätten Unions-Ministerpräsidenten bereits angekündigt, dem "Zustrombegrenzungsgesetz" im Bundesrat nicht zuzustimmen.

FDP-Vize Wolfgang Kubicki warf den Grünen eine unmoralische Migrationspolitik vor. "Wer glaubt, andere mit moralischen Appellen beeindrucken zu können, während er selbst nichts tut, um offenkundige Probleme im Land anzugehen, der zeigt nur eins: Es geht ihm nicht ums Land, es geht ihm nur um sich selbst", sagte Kubicki.

Entwurf mit strengeren Regelungen

Kern des Gesetzentwurfs war eine Aussetzung des Familiennachzugs zu Geflüchteten mit eingeschränktem Schutzstatus. Zu dieser Gruppe gehören in Deutschland viele Syrerinnen und Syrer. Außerdem sollten die Befugnisse der Bundespolizei erweitert werden. Sie sollte, wenn sie etwa an Bahnhöfen Ausreisepflichtige antrifft, selbst für eine Abschiebung sorgen können. Die Union drang in ihrem Entwurf überdies darauf, das Ziel einer "Begrenzung" des Zuzugs von Ausländern wieder ins Aufenthaltsgesetz aufzunehmen.
(dpa)

Anmerkung: Dieser Artikel wurde im Laufe des Abends mehrfach aktualisiert.

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