Keine andere Partei im Freistaat hat vergangenes Jahr mehr Neumitglieder verzeichnet als die Bayernpartei. Deren Vorsitzender Florian Weber spricht im Interview über die mutmaßlichen Gründe – und über den Kampf gegen das in seinen Augen „unsinnige Gendern“.
BSZ: Herr Weber, die Mitgliederzahl der Bayernpartei ist im Vorjahr von 5300 auf 6500 nach oben geschossen. Können Sie uns einen typischen Menschen beschreiben, der Ihrer Partei neu beigetreten ist?
Florian Weber: Das ist schwierig, weil es das typische Mitglied bei uns nicht gibt. Es sind mehrere Gruppen, aus denen sich die Neueintritte speisen. Eine ganz wichtige sind junge Menschen, die eine politische Heimat jenseits der etablierten Parteien suchen, sich aber nicht radikalen Parteien wie der Linken oder der AfD anschließen wollen.
BSZ: Der Altersschnitt der Bayernpartei liegt bei 45 Jahren – weit niedriger als etwa bei CSU oder SPD …
Weber: Ein Grund dafür ist sicher unsere starke Präsenz in den sozialen Medien. Dort sind wir – wenn man die Follower bei Facebook, Insta-gram und Twitter zusammenzählt – die drittstärkste Partei in Bayern. Ganz vorne liegt mit großem Vorsprung die CSU, danach folgt leider die AfD, aber gleich dahinter kommen schon wir – noch vor Grünen und SPD.
BSZ: Anders als bei CSU und SPD, die seit Jahren einen Mitgliederrückgang beklagen, haben neben der Bayernpartei zuletzt auch FDP und Grüne einen Zugewinn verzeichnet. Gibt es hier Parallelen, die bei diesen drei Parteien ursächlich für den Erfolg sind?
Weber: Ja, die gibt es durchaus. Aus meiner Sicht hängt diese Entwicklung unter anderem mit der Unzufriedenheit vieler Menschen mit den etablierten Parteien zusammen. Die langen Jahre der Großen Koalition, in denen Union und SPD fast schon austauschbar wirkten, haben uns sicher geholfen. Mit der neuen Ampel-Regierung wird sich das womöglich ändern. In der jüngeren Vergangenheit ist es aber regelmäßig vorgekommen, dass CSU-Mitglieder zu uns gewechselt sind – und das war gar nicht so selten.
BSZ: Schon 2015 verzeichnete Ihre Partei viele Neumitglieder, damals infolge der Flüchtlingskrise. Aktuell sind wieder viele Menschen verunsichert wegen des Krieges in der Ukraine und der explodierenden Energiepreise. Reüssiert die Bayernpartei besonders in Krisenzeiten?
Weber: Ich denke nicht, dass wir Krisengewinnler sind. Vielmehr erkennen in diesen schwierigen Zeiten immer mehr Menschen, dass der Weg, den die Regierung eingeschlagen hat, nicht der optimale ist. Diese Menschen sind dann offener für neue Ideen und kommen nicht selten zu uns.
BSZ: Ein Thema, das sich die Bayernpartei auf die Fahnen geschrieben hat, ist der Kampf gegen gendergerechte Sprache. Ist das auch ein Grund für den Mitgliederzuwachs?
Weber: Vermutlich schon. Allerdings denke ich nicht, dass das eine große Rolle spielt. Wobei wir durchaus bemerkt haben, dass dieses emotionale Thema viele Menschen umtreibt ...
BSZ: … weshalb Ihre Partei derzeit Unterschriften sammelt für eine Petition an den Landtag gegen das „unsinnige Gendern“. Gibt es – Stichwort Ukraine und Energiekrise – keine wichtigeren Themen?
Weber: Doch, absolut! Aber das Gendern ist ja nicht unser einziges Thema, sondern eines von vielen. Natürlich ist das keine weltbewegende Sache, aber für viele Menschen eben doch ein Ärgernis. Auch ich selbst bin ein vehementer Gegner der Genderitis.
BSZ: Womit will Ihre Partei abseits des Gender-Themas punkten?
Weber: Wir sind die Kraft, die sich für das Subsidiaritätsprinzip einsetzt, wo immer es sinnvoll ist. Ich denke, dieses Thema ist aktueller denn je. Denken Sie nur an den fürchterlichen Krieg in der Ukraine und die daraus folgende Energiekrise. Das hat uns eindrucksvoll gezeigt, wie wichtig es ist, regionale Wirtschaftskreisläufe zu stärken. Unsere Partei vertritt die Überzeugung, dass es in einigen Bereichen bestimmte Strukturen im Inland braucht, um zumindest die Grundbedürfnisse abzudecken, nicht nur beim Thema Energie, sondern beispielsweise auch bei der Ernährung und in der pharmazeutischen Industrie.
BSZ: Mit 6500 Mitgliedern liegt die Bayernpartei im Freistaat inzwischen klar vor der AfD, die 4500 Mitglieder hat, und der Linken mit 3300 Mitgliedern, und sie ist gar nicht so weit entfernt von der FDP mit 8800 Mitgliedern. Dennoch hat Ihre Partei nur eine überschaubare Zahl von Mandaten und verfügt über geringe politische Entscheidungsgewalt. Woran liegt das?
Weber: Das hat sicherlich mit unserem Wahlrecht zu tun. Als Partei, die nicht im Bundestag vertreten ist, müssen wir jedes Mal eine bestimmte Zahl an Unterschriften vorlegen, wenn wir an einer Kommunalwahl teilnehmen wollen. Das ist ein Riesenaufwand, schließlich müssen unsere Unterstützer dafür extra ins Rathaus gehen, um sich dort in eine Liste einzutragen. Parteien wie die Linke oder die AfD haben diese Hürde nicht. Weil sie im Bundestag vertreten sind, können sie ohne Unterschriftenliste bei jeder Gemeinderatswahl antreten.
(Interview: Patrik Stäbler)
Kommentare (1)