Politik

Eine von vielen Pflegekräften in Bayern. Wie viele es genau sind, ist unklar. Das soll sich jetzt ändern. (Foto: dpa/Monika Skolimowska)

28.03.2024

Bescheid wissen über die Pflege

Bayerns Gesundheitsministerium will, dass sich Pflegekräfte künftig registrieren lassen – die Widerstände sind groß

Wie viele Pflegekräfte gibt es in Bayern? Die einzige Antwort, die sicher richtig ist, lautet: zu wenig. Konkretere Zahlen kann momentan niemand nennen, da Pflegekräfte nicht zentral organisiert sind. Das soll sich nun ändern: Das bayerische Gesundheitsministerium plant, alle Pflegefachkräfte dazu zu verpflichten, sich bei der „Vereinigung der Pflegenden Bayern“ (VdPB) zu registrieren. Dies könnte ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer Pflegekammer sein, was zum Beispiel für den Landespflegerat das erklärte Ziel ist. Es regt sich allerdings Widerstand: So befürchtet die Gewerkschaft Verdi nicht nur die schleichende Verkammerung des Berufs, sondern beäugt auch den Verhandlungsprozess mit Argwohn. Der Vorschlag liegt dem Landtag mittlerweile zur Abstimmung vor.

Das Register soll alle Pflegefachpersonen beinhalten, die „in ihrer Berufsausübung ihre pflegerischen Kenntnisse nutzen“, sagt Claudia Hauck, Vorstandsmitglied im Bayerischen Landespflegerat (BLPR) und Mitglied der Caritas-Gemeinschaft für Pflege- und Sozialberufe. Das sind allerdings nur die Fachkräfte, die die dreijährige Ausbildung oder ein Pflegestudium absolviert haben, nicht aber die Pflegehilfskräfte ohne oder mit der nur einjährigen Ausbildung. Ausländische Pflegekräfte sollen ebenfalls im Register stehen, „sofern sie in Bayern nicht nur vorübergehend tätig sind“, erklärt ein Sprecher des Gesundheitsministeriums.

Im Ministerium verspricht man sich viel von der Bestandsaufnahme: Kenntnis über die Qualifikation, deren Verteilung innerhalb Bayerns und damit die Steuerung von Aus- und Weiterbildung.

Die Gewerkschaft Verdi will keine Pflegekammer

Noch ungeklärt ist, ob die Registrierung in der VdPB die endgültige Lösung sein soll, oder ob am Ende doch eine Kammer steht. Bei der VdPB hält man die Registrierung für ausreichend. Eine Kammer sei schon in anderen Bundesländern gescheitert, die Pflegenden würden sie unter anderem wegen der Pflichtbeiträge vielfach ablehnen, so Anke Röver, Pressesprecherin der VdPB. Bei der Register-Lösung ist keine verpflichtende Mitgliedschaft in der VdPB vorgesehen. Das Ziel, die Selbstverwaltung zu stärken, könne auch mit dem Register verwirklicht werden, so Röver.

Eine andere Sicht der Dinge hat man beim Pflegerat: Dort sieht man die Schaffung des Registers als notwendig, aber nicht als ausreichend an. Am Ende sollen sich alle Pflegenden in einer Kammer organisieren, erklärt Hauck. Ihre Hauptgründe sind die Selbstverwaltung und die Gleichberechtigung mit der Ärzteschaft, die auch in einer Kammer organisiert ist. Schließlich handle es sich um einen anerkannten Heilberuf und die Mitglieder sollten, wenn sie schon erfasst werden müssen, auch von den Vorteilen ihrer Organisation profitieren können. Die Mitgliedschaft in der VdPB soll hingegen freiwillig bleiben.

Auch Verdi lehnt die Schaffung einer Kammer ab. Das bisherige Vorgehen bezeichnet Robert Hinke, Landesfachbereichsleiter für Gesundheit und Soziales bei Verdi Bayern, als „Salamitaktik zur Einführung einer Kammer“. Die zentrale Erfassung bei der VdPB an sich befürwortet er, die Gewerkschaft habe das selbst in Zusammenarbeit mit der früheren Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) auf den Weg gebracht, allerdings sei die aktuelle Ausarbeitung handwerklich mangelhaft.

Überhaupt nicht einverstanden ist Hinke mit dem Weg, auf dem das Vorhaben ausgearbeitet wurde: „14 Geheimtreffen“ sollen zwischen der VdPB, dem BLPR und der Landes-Dekanekonferenz Pflegewissenschaften stattgefunden haben. Danach seien die Ergebnisse nur schleppend veröffentlicht worden. „Das ist alles andere als ein konstruktiver, transparenter Weg“, kritisiert Hinke die Entscheidungsfindung. Auch das weitere Vorgehen, seit der Gesetzesvorschlag im Landtag ist, goutiert er nicht: Die Stellungnahmen zur Novellierung hätten zur ersten Lesung Ende Januar nicht den gesundheitspolitischen Sprecher*innen vorgelegen, auch der Evaluationsbericht, den er als „sehr diffus“ bezeichnet, sei erst ein Jahr nach seiner Erstellung bei der Opposition im Landtag angekommen.

Überdies wundert sich Hinke, warum Verdi nicht zu den Gesprächen eingeladen war. Schließlich sei die Gewerkschaft die größte aller Pflegeorganisationen. Offiziell speise man Verdi mit der Begründung, die Gewerkschaft stehe nicht im Lobbyregister, ab; dies habe allerdings noch nie eine Rolle gespielt, schließlich habe die Gewerkschaft eine verfassungsrechtliche Sonderstellung und hätte viel Expertise beitragen können. Für den Gewerkschafter ist das alles „sehr kurios“. Verdi fordert einen institutionalisierten Austausch aller Betroffenen, um die Problematik in der Pflege zu lösen. (Bianca Haslbeck)

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