Am 12. März schaut wieder ganz Bayern auf den Nockherberg. Zum ersten Mal derbleckt der 34-jährige Maxi Schafroth die Polit-Prominenz. Im Interview verrät er, warum Markus Söder ihn an seine ehemaligen Bankkollegen erinnert, Katharina Schulze an die Schulzeit und dass ihm Hubert Aiwanger schlaflose Nächte bereitet. Für seinen Auftritt kündigt der Allgäuer an: Es darf wehtun!
BSZ: Herr Schafroth, haben Sie Bammel vor Ihrem Auftritt auf dem Nockherberg?
Maxi Schafroth: Nein, es ist ein schönes Aufgewühltsein. Ich bin gespannt, aber ich habe keinen übermäßigen Respekt. Natürlich ist es eine große Aufgabe, aber man darf sich von dieser Größe nicht erdrücken lassen. Die besten Sachen entstehen nur in der Lockerheit. Auf einer Bühne ist nur derjenige groß, der sich nichts scheißt und entspannt ist. Keiner will wohin schauen, wo einer steht, der sich unwohl fühlt.
BSZ: In welche Rolle werden Sie schlüpfen?
Schafroth: In keine. Ich bleibe ich selbst. Den klassischen Weg werde ich nicht wählen, das wäre ja auch langweilig. Ich will es aber nicht so gravitätisch machen wie manche meiner Vorgänger, es muss alltäglich daherkommen. Die Astrid Lindgren hat mal gesagt: Wenn du was Großes sagen willst, nimm kleine Worte. Vielleicht hat sie’s auch nicht gesagt, aber es ist ein sehr schöner Satz.
BSZ: Es hat ja etwas von Hofnarrentum. Sie können den Politikern zwar die Leviten lesen, aber Sie bieten ihnen auch eine großartige Bühne, auf der sie zeigen können, wie humorvoll sie sind. Sehen Sie die Gefahr, instrumentalisiert zu werden?
Schafroth: Überhaupt nicht. Ich denke mir eher: Ich habe jetzt das Recht, über das zu reden, was mich bewegt, was ich gerecht, was ich ungerecht finde, wo sich was ändern muss. Ich darf reden, und die müssen mir zuhören. Vereinnahmung würde ich eher sehen, wenn es außerhalb der Rede Verpflichtungen gäbe. Ich würde mich zum Beispiel nicht danach mit in diese Diskussionsrunde mit den Politikern setzen. Aber die Rede zu halten, das ist für mich eine große Ehre.
BSZ: Man muss aber schon g’schert sein, kann die Kritik nicht so formulieren, wie man das in einem persönlichen Gespräch machen würde.
Schafroth: Sicher, es ist ein gefährlicher Tanz. Ich muss da eine Ebene finden, wie ich sage: Ich respektiere dich als Mensch, aber dein berufliches Tun, für das kann ich dich schon mal während einer Umarmung hinten etwas abwatschen. Ob es funktioniert, das muss ich erst ausloten. In meinem Programm mache ich das zum Beispiel mit den Münchnern. Wenn ich heute in München spiele, dann fange ich an, mich über den hiesigen Wohlstand, über die Mieteinnahmen und so weiter zu mokieren. Und das geht so weit, dass ich sage: Ihr dekadentes Pack! Und die Zuschauer lachen schallend.
"Ich träume vom Aiwanger - als rotbackiges Kasperl"
BSZ: Der Unterschied ist natürlich: Von diesen Münchnern denkt dann jeder, wie gut Sie doch seinen Nachbarn getroffen haben. Aber wenn Sie einen Markus Söder direkt ansprechen, weiß er, dass nur er gemeint sein kann.
Schafroth: Das stimmt. Obwohl es ja neuerdings mehrere Söders gibt. Er ist ja grad in der Selbstfindung. Ich bin mir aber auch noch nicht sicher, wie weit man gehen kann und wie weit ich gehen will. Natürlich muss ich bei aller Empathie bereit sein, etwas zu sagen, was wehtut. Auf bloßes Rumschimpfen habe ich aber keinen Bock. Da muss was schwingen. Ich werde es mir aber auch nicht übelnehmen, wenn ich das nicht auf Anhieb perfekt hinkriege.
BSZ: Gibt es für Sie Grenzen bei der Nähe zur Politik? Manche Kollegen von Ihnen kommen auch gern mal zu Parteiveranstaltungen.
Schafroth: Das würde ich nicht machen. Aber es gibt schon immer wieder Anfragen. Mit zunehmender Aktivität im politischen Kabarett gewinnt man in der öffentlichen Wahrnehmung einen gewissen Wert, der für manche auch reinwaschend sein kann. Das soll nicht überheblich klingen. Aber wenn ich mit dem Söder vor einem Aufsteller der Staatsregierung ein Foto machen würde, das würde der CSU in die Hände spielen. Da halte ich mich bewusst fern. Ich gehe auch nicht zum Neujahrsempfang der Staatsregierung. Meine Oma wäre entsetzt gewesen: Ja, was? Der Bub! Hätt’ am Minischtapräschident d’Hand schüttla könna.
BSZ: Jetzt sind ja nicht nur Sie neu beim Nockherberg, sondern auch ein Großteil Ihrer Protagonisten.
Schafroth: Ja, die Stunde Null. Ich find’ das gut. Das gibt mir mehr Stoff, da kann ich einfach mal den Zirkus in seiner neuen Formation beschreiben. Der Aiwanger zum Beispiel, der ist für mich ein gefundenes Fressen. Manchmal, wenn ich versuche einzuschlafen, denke ich an den Aiwanger, dann muss ich lachen und bin wieder hellwach. In meinen Träumen kommt der immer wieder als so ein rotbackiger Kasperl vor, das ist einfach eine tolle Figur. Und beim Söder, das ist halt diese Glattheit. Der erinnert mich ein bisschen an meine ehemaligen Bankkollegen, die Führungspositionen angestrebt haben. Du hast immer gemerkt, wo der Wind herkommt, da haben die sich gedreht. Dieses Opportune, diese Rollenwechsel, die aber gleichzeitig auch einfach nur Laientheater sind.
BSZ: Söder versucht sich ja gerade neu zu erfinden. Nehmen Sie ihm das ab?
Schafroth: Jeder kann sich wandeln, und ich bin gespannt, wie die Söder-Soap weitergeht. Aber: Wenn ich jemanden sehe, der über Jahrzehnte in der politischen Landschaft ganz klares Kalkül zeigt, dann braucht’s für mich ein bisschen mehr, als dass über den Jahreswechsel die Mundwinkel ein bisschen nach oben gehen und er sagt: Jetzt setzen wir uns mal alle an einen Tisch und werden vernünftig. Mir kommt er ein bisschen so vor wie einer, der auf dem Schulhof gerade noch in die schönste Schlägerei verwickelt war, und wenn dann der Lehrer kommt, noch mit dem Blut an der Nase sagt: Herr Lehrer, ich hab nicht angefangen, Herr Lehrer, ich bin auf Ihrer Seite ...
"Das Gefälle zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung ist bei Männern höher"
BSZ: Sind Männer denn leichter zu derblecken?
Schafroth: Ich finde schon. Der Grad der Selbstgefälligkeit, dieser Gedanke, unantastbar zu sein, aber auch das Gefälle zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung ist bei männlichen Akteuren wesentlich größer. Das kann man natürlich wunderbar parodieren. Oder die Pseudoreflektiertheit eines Markus Söder. So was findet man bei Frauen relativ selten. Die Barbara Stamm war da noch relativ gut.
BSZ: Wie sieht’s mit Oppositionsführerin Katharina Schulze aus?
Schafroth: Bei der merke ich: Das ist meine Generation. Vor 15 Jahren bin ich selbst in der Schülersprecherkonferenz gesessen, und wenn ich heute die Schulze höre und die Augen zumache, höre ich die Schülersprecherin neben mir, dieses quirlige Weltverbessernde: Aber wir müssen doch Hausaufgabenhilfe anbieten, und wir wollen die Welt doch besser machen.
BSZ: Der Vollständigkeit halber: Kann man mit der SPD satirisch noch etwas anfangen?
Schafroth: Das ist schwer. In der Bank hatte ich mal einen Kunden, und in diesem Kunden war der Wurm drin. Und wir wollten beide daran arbeiten, dass der Wurm wieder rauskommt. Wir haben den Wurm nicht rausgekriegt. So kommt mir das mit der SPD vor. Als ob alle die hehrsten und besten Absichten haben, aber sie kriegen es nicht hin. Dazu kommt, dass das verbliebene Personal auch recht blass ist. Die Natascha Kohnen mit ihrer sozialpädagogischen Tiefstimmigkeit – so funktioniert die politische Landschaft halt nicht mehr.
BSZ: Sie sind Allgäuer. Wird Ihr Mit-Allgäuer, CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer, in der Rede also endlich mal groß rauskommen?
Schafroth: Ich denke die ganze Zeit schon: Was zum Teufel sag ich über den Kreuzer? Ich hab’ schon meinen Papa angerufen: Papa, was soll ich über den Kreuzer sagen? Dem ist aber auch nichts eingefallen. Für mich ist der Kreuzer die archetypische Verkörperung dieses nicht wirklich begründbaren Lodenbewusstseins.
BSZ: Wie haben Ihre Milieustudien mit Blick auf den Nockherberg ausgeschaut?
Schafroth: Ich war zweimal im Landtag und habe auf der Besuchertribüne eine Plenarsitzung mitverfolgt. Das war lustig. Irgendwann haben sie alle zu mir hochgeschaut und sich gegenseitig angetippt. Dann sind plötzlich lauter CSUler gekommen und wollten Selfies, aber das ging natürlich gar nicht. Und als ich vor denen weggerannt bin, stand auf einmal wie so eine Statue der Söder vor mir, und ich wäre fast in ihn reingerannt. Wir haben uns in die Augen geschaut, das war ein bisschen wie in Spiel mir das Lied vom Tod, da hat nur die Mundharmonika gefehlt, und ich habe gedacht: Was mache ich jetzt? Ich kann dem nicht lächelnd die Hand schütteln, da sind lauter Fotografen. Dann habe ich nur schnell „Servus“ gesagt und hab’ mich aus dem Staub gemacht.
BSZ: Manche Ihrer Vorgänger haben schon für Verärgerung gesorgt, vereinzelt sind sie sogar aus dem Verkehr gezogen worden. Zuletzt hat Landtagspräsidentin Barbara Stamm den Nockherberg boykottiert – wegen vermeintlich frauenfeindlicher Pointen von Luise Kinseher.
Schafroth: Das kann passieren. Dass einzelne Politiker vielleicht nicht wiederkommen, muss man einkalkulieren, vielleicht komm’ ich ja auch nicht wieder. Ich glaube aber, dass die Gratwanderung grundsätzlich möglich ist. Es geht ja nicht um das Abwatschen um des Abwatschens willen. Mit Aggression bringt man keine Botschaft rüber. Aber die Dinge, die an politischen Schaltstellen falsch laufen, die kann man klar benennen, auch satirisch überspitzen. Und an diesen Schaltstellen sitzen halt nun mal Personen, deshalb muss ich mir die auch vorknöpfen.
(Interview: Dominik Baur)
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