Politik

24.10.2024

Braucht Bayern einen Tierschutzbeauftragten?

Schon mehrere Male haben die Landtags-Grünen beantragt, die Position eines oder einer unabhängigen Landestierschutzbeauftragten für Bayern zu schaffen. Doch bislang scheiterten sie immer mit dem Vorstoß. Paul Knoblach, tierschutzpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, erläutert, warum seine Fraktion es jetzt wieder versucht. Günther Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbands, erklärt, warum er gegen die Einrichtung einer solchen Stelle ist

JA

Paul Knoblach, tierschutzpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Bayerischen Landtag

Der Tierschutz in Bayern führt ein Schattendasein. Und das hat seinen Grund in den Strukturen: Es gibt zu viele zuständige Einrichtungen, der bayerische Tierschutzbeirat ist nur ehrenamtlich tätig und dessen Ergebnisse werden nicht veröffentlicht. Für viele Tiere hat das leidvolle Folgen.

Deshalb fordern wir eine zentrale und unabhängige Stabsstelle für den Landestierschutz, die all die unterschiedlichen Kompetenzen bündelt und so eine effektivere Herangehensweise an Tierschutzfragen ermöglicht.

Andere Bundesländer machen es uns längst erfolgreich vor: Solche Landestierschutz-Stellen reagieren schneller und kompetent auf alle auftretenden Probleme, sie beraten umfassend und arbeiten im Austausch mit den Verbänden weiter an der konzeptionellen Entwicklung des Tierschutzes. Auch Bayern hat das nötig, schließlich hat der Tierschutz Verfassungsrang.

Aber bis heute wälzt die Söder-Regierung die haarsträubendsten Tierschutzskandale auf unterbesetzte Veterinärämter ab, Missstände werden teils gar nicht oder lange Zeit nicht beseitigt.

Denken Sie nur an die qualvollen Fälle in den Schlachthöfen in Aschaffenburg und in Hobbach, bei denen Rinder wegen unzureichender Bolzenschussgeräte mehrfach betäubt werden mussten und kranke Tiere nicht separiert wurden. Oder an den grausigen Fall in Rimsting, wo auf einem Bauernhof die noch lebenden Kühe zwischen ihren verwesenden Artgenossen knietief in der Gülle standen.

Es gibt noch viele weitere drängende Aufgaben: Bayern braucht eine Katzenschutzverordnung gegen die übergroße Vermehrung verwilderter Katzen, die für die Tiere großes Leid bedeutet. Auch die illegalen Welpentransporte nehmen stetig zu, und die bei Laborversuchen verbrauchten Tiere werden von Jahr zu Jahr mehr.

Leider ist hier das Fazit: Die Söder-Regierung bekommt den Tierschutz nicht in den Griff. Sie braucht externe Hilfe. Und genau das leistet eine Landestierschutz-Stelle. 

NEIN

Günther Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbands

Wir haben auf unseren Bauernhöfen verantwortungsvolle Tierhalter, die sich 365 Tage pro Jahr um ihre Tiere kümmern. Bei Fragen und Problemen werden sie begleitet und betreut von ihren Hoftierärzten, von beratenden Selbsthilfeeinrichtungen wie zum Beispiel dem Tiergesundheitsdienst oder dem Landeskuratorium für tierische Veredelung. Ergänzend haben die Betriebe zum Beispiel über die bei der Schlachtung von Tieren erhobenen und über die Onlineplattform Qualifood des Fleischprüfrings jedem Tierhalter zugänglichen Daten und Befunde einen hervorragenden Überblick über die Tiergesundheitsdaten.

Außerdem wird die große Mehrheit der Betriebe aufgrund ihrer Teilnahme an Qualitätssicherungsprogrammen umfangreich und engmaschig von unabhängigen Kontrolleinrichtungen geprüft und zertifiziert. In der Umsetzung von Tierschutz ist also sicher kein zusätzlicher Tierschutzbeauftragter nötig.

Und für die gesetzlichen Rahmenbedingungen? Hier braucht es einen oder eine Beauftragte zum Schutz der Tierhaltung – und zwar auf Bundesebene! Aktuell ist das Problem doch, dass nationale Alleingänge wie das geplante Tierschutzgesetz die heimische Tierhaltung Stück für Stück aus unserem Land vertreiben würden. Damit gefährden wir letztlich die Versorgung unserer Bürger mit heimischen tierischen Lebensmitteln.

Und hier in Bayern? Da nutzen wir die Gelder, die für die Stelle eines oder einer Tierschutzbeauftragten auszugeben wären, lieber dafür, das bayerische Tierwohlprogramm BayProTier weiter auszubauen und von einem einjährigen in ein mehrjähriges Programm zu überführen. Denn zur Umsetzung von noch mehr Tierwohl auf ihren Betrieben brauchen Tierhalter verlässliche und planbare Rahmenbedingungen. Auch die Förderung weiterer konkreter und praxisnaher Tierwohlprojekte entlang der Wertschöpfungskette ist eine sinnvolle Aufgabe für den bayerischen Staat, die Tierhalter und Tierschutz gleichermaßen voranbringt. 
 

Kommentare (1)

  1. Silvia am 28.10.2024
    Bayern braucht einen Landestierschutzbeauftragten. Sich alleine auf den landwirtschaftlichen Bereich zu beschrönken wie Herr Felßner in seinen Ausführungen, greift zu kurz. Wir Tierschutzvereine machen laufend die Erfahrung, dass der Bezug zum Tier vielfach nicht mehr gegeben ist. Die Corona-Zeiten haben das Grundproblem deutlich gezeigt, Tiere werden zur Freizeitbeschäftigung angeschafft und danach wieder abgeschoben. Wir müssen laufend erleben, dass kranke, verletzte Tiere keiner Behandlung unterzogen werden, dass Tiere in völliger Unkenntnis derer Bedürfnisse angeschafft werden (Abgabe von Kätzchen mit 3-4 Wochen!!) etc. etc. §2 Tierschutzgesetz regelt die Bedingungen, aber wer vermittelt §2 Tierschutzgesetz an die (potenziellen) Tierhalter? Von Seiten der Bayerischen Staatsregierung gibt es kaum Publikationen zum Thema Tierschutz. Ein Vergleich mit z.B. der HP der hessischen Landestierschutzbeauftragten macht den Unterschied ganz offensichtlich. In Bayern verlässt man sich zu einem großen Teil auf die Arbeit der Tierschutzvereine alleine, dieser kann das aber nicht schaffen, denn wir sind zu einem großen Teil nur ehrenamtlich tätig und es fehlt uns an Befugnissen. Der Tierschuzt ist Staatsziel, dazu braucht es aber auch Maßnahmen. Es braucht v.a. einen umfassenden Tierschutzunterricht an Schulen um bereits bei den Kindern die Basis zu schaffen, es braucht deutlich mehr Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung. Wir Tierschutzvereine würden uns wünschen, zunächst überhaupt einmal gehört zu werden und wir wünschen uns einen parteiübergreifenden Austausch, Tierschutz darf nicht zum politischen Spielball werden. Gemeinsame Lösungen sind gefragt.
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