Politik

16.04.2025

Braucht Deutschland ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde?

Ein Bündnis aus 14 Organisationen hat Anfang des Jahres die Einführung eines Tempolimits auf Autobahnen gefordert. In den Koalitionsvertrag von Union und SPD hat es die Forderung aber nicht geschafft. Markus Büchler, Sprecher für Mobilität der Grünen im Landtag, erklärt, warum er das Tempolimit für sinnvoll hält. Max Straubinger, bis vor Kurzem Abgeordneter der CSU im Bundestag, sieht das ganz anders

JA

Markus Büchler, Sprecher für Mobilität der Grünen im Landtag

Fast alle Staaten auf der Welt haben eines gemeinsam: eine Höchstgeschwindigkeit auf ihren Straßen, auch auf den Autobahnen. Dieses Tempolimit gibt es aus guten Gründen. Es hilft, Unfälle zu vermeiden, sorgt für geringeren Kraftstoffverbrauch und damit für mehr Klimaschutz, vermindert die Lärmbelastung und reduziert die Zahl der Staus. In Deutschland gibt es das trotz der vielen guten Gründe immer noch nicht.

Tempolimits sind ein wichtiges Mittel, um die Zahl der Verkehrstoten zu reduzieren. Deshalb fordert auch die Gewerkschaft der Polizei Geschwindigkeitsbeschränkungen. Sehr schnelle Fahrzeuge im Nacken zu haben, verursacht Stress, Angst und gefährliche Fahrfehler. Viele Autofahrerinnen und Autofahrer, gerade auch ältere Menschen, trauen sich kaum auf deutsche Autobahnen. Das ist unsozial und beeinträchtigt die Mobilität.

Andere Länder machen es vor: Gleichmäßigere Geschwindigkeiten auf den Autobahnen sind nicht nur angenehmer, sondern sie erhöhen auch die Leistungsfähigkeit der Straße. Weniger Spurwechsel und gleichmäßigere Abstände erhöhen die Kapazität und reduzieren Rückstau.

Rasen ist besonders laut und belastet Anwohnerinnen und Anwohner enorm. Vor allem nachts kann ein einzelner Motorradfahrer oder Sportwagen, der hochtourig auf 200 Stundenkilometer beschleunigt, viele Menschen aus dem Schlaf reißen. Lärm macht krank, ein Tempolimit schützt die Gesundheit.

Der Kraftstoffverbrauch von Fahrzeugen nimmt mit hohem Tempo überproportional zu. Langsamere Fahrt schützt das Klima. Das ist besonders wichtig, denn der Verkehrsbereich in Deutschland kann bislang die Klimaziele nicht ansatzweise einhalten. Dabei gäbe es mit reduzierter Geschwindigkeit auf Autobahnen und Landstraßen Einsparpotenziale von bis zu 6,8 Millionen Tonnen Kohlendioxid jährlich, hat das Umweltbundesamt festgestellt. Das ist noch mehr, als zum Beispiel das Deutschlandticket einspart – und kostet keinen Cent.
 

NEIN

Max Straubinger, bis vor Kurzem Abgeordneter der CSU im Bundestag

Ich freue mich, dass sich die Union im Koalitionsvertrag durchsetzen konnte und es kein von der SPD gefordertes Tempolimit auf Autobahnen geben wird. Ich bin neulich erst mit dem Auto nach Berlin gefahren, gefühlt die Hälfte der Strecke war mit Geschwindigkeitsbeschränkungen versehen. Teils wegen Baustellen, teils weil es der dichte Verkehr schlicht nicht zuließ. Die tatsächliche Durchschnittsgeschwindigkeit aller Fahrzeuge auf Autobahnen liegt unter Tempo 130.

Befürworter eines Tempolimits argumentieren dennoch, es reduziere Unfälle. Doch Statistiken zeigen, dass die Unfallzahlen seit Jahren sinken. Trotz fehlendem Tempolimit sind die Autobahnen dabei die sichersten aller Straßentypen. Moderne Fahrzeuge sind sicherer, Fahrassistenzsysteme ausgefeilter. Statt pauschaler Verbote sollten wir weiter in Prävention, Verkehrsüberwachung und Bildung investieren. Viele Unfälle entstehen nicht durch hohe Geschwindigkeit, sondern durch Ablenkung, Drogeneinfluss, Alkohol oder riskantes Fahrverhalten. Hier müssen wir ansetzen.

Auch ökologische Argumente überzeugen nicht. Jede neue Autogeneration ist abgasärmer als die vorherige, außerdem entsteht der Großteil der Emissionen im Stadtverkehr und durch Staus – ein Problem, das durch bessere Verkehrsplanung und den Ausbau alternativer Antriebe gelöst werden kann. In einem Flächenland wie Deutschland, in dem Millionen Arbeitnehmer weite Distanzen zurücklegen, würde ein Tempolimit zudem Pendler und die Wirtschaft belasten. Diese sind auf zügige Verbindungen angewiesen, gerade in ländlichen Regionen wie meiner Heimat in Niederbayern.

Die Autobahn ohne generelles Tempolimit ist somit nicht nur ein Symbol für individuelle Freiheit, sondern auch ein Standortvorteil für Deutschland. Wir können unseren mündigen Bürgern Selbstverantwortung beim Fahren auf der Autobahn zutrauen. Ein Tempolimit wäre ein Eingriff in diese Freiheit, ohne einen Nutzen zu garantieren. Statt Bürokratie und Bevormundung brauchen wir Lösungen, die Sicherheit, Umwelt und Mobilität klug vereinen – und freie Autobahnen. 
 

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