Kiffen wird vielleicht noch in diesem Jahr in Deutschland legal. Das Vorhaben wird nun von der Ampel auf den Weg gebracht. Es ist eine Teil-Legalisierung und nicht der ursprünglich geplante große Wurf.
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek hat von der Bundesregierung dennoch einen sofortigen Stopp ihrer Pläne zur Cannabis-Legalisierung gefordert. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dürfe Kritik von Ärzten, Deutschem Richterbund und der Gewerkschaft der Polizei an dem Vorhaben nicht ignorieren, sagte der CSU-Politiker am Mittwoch in München. "Wenn Lauterbach immer noch nicht zur Vernunft kommt, muss Bundeskanzler Scholz die Notbremse ziehen und den aberwitzigen Legalisierungs-Kurs stoppen."
Zuvor hatte auch Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) die Pläne der Bundesregierung zur Legalisierung von Cannabis kritisiert. "Wenn wir irgendetwas jetzt nicht brauchen, dann ist es dieses Gesetz", sagte er dem Radiosender "NDR 90,3". "Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass mit der Legalisierung der Konsum deutlich zunimmt - mit allen Risiken und Nebenwirkungen."
Das Bundeskabinett will den Gesetzentwurf voraussichtlich am Mittwoch beschließen. Später müssen Bundestag und Bundesrat darüber beraten. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums ist das Gesetz in der Länderkammer aber nicht zustimmungspflichtig. Ein Inkrafttreten ist laut Ministerium für Ende des Jahres vorgesehen.
Was konkret soll nun rechtlich neu geregelt werden?
Cannabis soll aus dem Betäubungsmittelgesetz herausgenommen werden, wo es bisher neben Heroin und anderen Drogen als verbotene Substanz gelistet und mit entsprechenden Strafvorschriften belegt ist. Ab 18 Jahren soll künftig der Besitz von 25 Gramm erlaubt sein - von Volumen und Gewicht in etwa vergleichbar mit zwei gehäuften Esslöffeln Blumenerde. Privat sollen maximal drei Cannabis-Pflanzen angebaut werden dürfen. In Vereinen, sogenannten Cannabis-Clubs, sollen Mitglieder die Droge gemeinschaftlich anbauen und gegenseitig abgeben dürfen.
Soll Cannabis auch frei verkauft werden können?
Nein, erst einmal nicht, obwohl das der ursprüngliche Plan war - angelehnt an Länder wie Kanada oder einzelne US-Bundesstaaten. Dort gibt es spezielle Läden, in denen von Blüten ("Gras") über fertig gerollte Joints bis hin zu mit Cannabis versetzten Süßigkeiten verschiedenste Produkte frei an Erwachsene verkauft werden. Das soll nun in Deutschland zunächst vereinzelt in Modellprojekten erprobt werden. Allerdings ist dafür auch erst noch ein gesondertes Gesetz nötig, das noch gar nicht vorliegt.
Wie genau soll das in diesen Cannabis-Vereinen laufen?
Dort sollen die Pflanzen "gemeinschaftlich" und "nicht-gewerblich" angebaut und ausschließlich an Vereinsmitglieder abgegeben werden dürfen. Die Finanzierung läuft über den Mitgliedsbeitrag. Pro Verein sind maximal 500 Mitglieder erlaubt. Pro Tag dürfen maximal 25 und pro Monat höchstens 50 Gramm pro Mitglied ausgegeben werden - bei unter 21-Jährigen nicht mehr als 30 Gramm im Monat mit maximalem THC-Gehalt von zehn Prozent. Die Droge darf nur in einer "neutralen Verpackung" mit Beipackzettel ausgegeben werden, auf dem Gewicht, Erntedatum, Mindesthaltbarkeitsdatum, Sorte und Wirkstoffgehalt angegeben sind. Räume und Grundstücke der Cannabis-Clubs müssen umzäunt und einbruchssicher gestaltet werden. Gewächshäuser brauchen einen Sichtschutz. Jeder Verein soll ein Gesundheits- und Jugendschutzkonzept erstellen und einen Sucht- und Präventionsbeauftragten benennen müssen, der sich schulen lassen und regelmäßige Auffrischungsschulungen machen muss.
Welche Regeln sind noch geplant?
Kiffen in den Cannabis-Clubs und deren Nähe soll verboten sein, genauso wie im Umkreis von 200 Metern zum Eingangsbereich von Schulen, Kindergärten oder Spiel- und Sportplätzen und in Fußgängerzonen zwischen 7.00 und 20.00 Uhr.
Ab wann darf in Deutschland legal ein Joint geraucht werden?
Das Bundesgesundheitsministerium schreibt auf seiner Webseite, dass das Cannabis-Gesetz Ende des Jahres in Kraft treten könnte. Bis dahin bleibt die Droge verboten, auch wenn der Besitz kleiner Mengen schon lange vielerorts gar nicht mehr strafrechtlich verfolgt wird. Der genaue Zeitpunkt des Inkrafttretens hängt davon ab, wie schnell das Vorhaben nach der Sommerpause im Bundestag beraten und beschlossen wird. Auch der Bundesrat muss sich wie bei jedem Gesetz formal damit befassen, kann es aber wohl nicht stoppen. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums ist es in der Länderkammer nicht zustimmungspflichtig. Das CSU-regierte Bayern etwa ist strikt gegen eine Legalisierung.
Was spricht für eine Legalisierung von Cannabis, was dagegen?
Hier tobt eine aufgeladene Debatte: Befürworter und die Bundesregierung argumentieren damit, dass die Verbotspolitik gescheitert sei, da trotzdem immer mehr gekifft wird. Dann lieber qualitativ korrekte Produkte begrenzt freigeben, ohne möglicherweise giftige Beimischungen und mit Klarheit über den THC-Gehalt, so das Argument. Außerdem könnten so der Schwarzmarkt und die organisierte Drogenkriminalität eingedämmt werden. Gegner befürchten dagegen eine "Normalisierung" der Droge, sinkende Hemmschwellen auch bei Jugendlichen und verweisen auf Gefahren des Cannabis-Konsums für das noch nicht ausgereifte Gehirn bei Heranwachsenden. (dpa)
Kommentare (0)
Es sind noch keine Kommentare vorhanden!