Politik

11.12.2020

Corona-Maßnahmen: Frontalangriff auf die Kultur

Ein Kommentar von Marco Frei

Jetzt hat es die Staatsregierung schwarz auf weiß. Bayern zählt in der Corona-Pandemie kulturpolitisch zu den restriktivsten Regionen Europas, und dies mit weitem Abstand. Das haben am vergangenen Montag international bekannte Musikschaffende dem Freistaat bescheinigt: auf einer Pressekonferenz im Münchner Gasteig. Für die Wahrung der verfassungsrechtlich geschützten Kunstfreiheit prüfen sie juristische Schritte.
Inzwischen berühren die restriktiven Maßnahmen der Staatsregierung für Kunst und Kultur jedoch auch die Pressefreiheit, konkret den Kulturjournalismus. Es geht um die vielen Live-Streams im Internet. Schon seit dem ersten Lockdown im Frühjahr versuchen Theater, Opern, Konzerthäuser und Orchester, mit solchen Angeboten sichtbar und präsent zu bleiben.

Das ist fraglos gut und richtig, aber: Weder können die Streams das Kunsterlebnis vor Ort mit Publikum ersetzen noch den geschulten, kritischen Blick von Kulturjournalist*innen. Ob Nahaufnahmen, Zoom-Einstellungen oder Weitwinkel-Blicke: Die konkrete Kamera-Führung nimmt faktisch immer auch eine Wertung vor und interpretiert. Sie lenkt die Wahrnehmung und behindert im Grunde den freien, kritischen Blick.

Rezensionen aufgrund von Streams sind ein No-Go

Im seriösen Kulturjournalismus gilt längst die Regel, dass Bild- und Tonaufnahmen niemals mit einer Live-Aufführung vor Ort verglichen werden dürfen. Die Rezension einer Aufführung allein auf Grundlage von Live-Streams ist gänzlich unprofessionell und ein absolutes No-Go, aber: Genau dazu sind Medien in Bayern gezwungen. In manchen Bundes- wie auch Nachbarländern sind nämlich bei Live-Streams in begrenzter Zahl auch Presseleute vor Ort zugelassen, nicht aber in Bayern.

Tatsächlich soll zuletzt das Gärtnerplatztheater für seine Live-Stream-Premiere Anna Bolena versucht haben, Medienleute zuzulassen: ohne Erfolg. Offenbar wird in Bayern auch die professionelle Arbeit der Presse in Teilen behindert. Das ist eigentlich ein klassischer Fall für den Bayerischen Journalistenverband (BJV). Sonst könnte Ministerpräsident Markus Söder bald nicht nur Totengräber der Kunst sein, sondern auch noch des Kulturjournalismus.

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