Politik

18.04.2017

CSU fordert Ende des Doppelpasses

Eine Mehrheit der in Bayern lebenden Türken hat für das Präsidialsystem von Staatschef Recep Tayyip Erdogan gestimmt. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer hält das für einen "Irrwitz"

Nach der überwiegenden Zustimmung der in Bayern lebenden Türken zu einem Präsidialsystem in Ankara hat CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer erneut ein Ende des Doppelpasses gefordert. "Wir brauchen die Rückkehr zum bewährten Optionsmodell. Der deutsche Pass ist kein Ramschartikel, den man neben der Staatsbürgerschaft des Herkunftslandes mal noch mitnimmt", sagte er.

Eine Mehrheit der in Bayern lebenden Türken hatte für das Präsidialsystem von Staatschef Recep Tayyip Erdogan gestimmt - und damit nach der Auffassung von Scheuer die in der Türkei lebenden Landsleute in eine Autokratie geschickt. Das sei "ein Irrwitz aus Absurdistan", sagte er.

Der deutsche Pass könne nur am Ende eines gelungenen Integrationsprozesses stehen, sagte Scheuer. Bereits im März hatte er angesichts der jüngsten deutsch-türkischen Auseinandersetzungen für eine Rückkehr zum Optionsmodell plädiert. Auch der CSU-Politiker Stephan Mayer hatte in der "Welt" seine Forderung nach einer strengeren Regelung beim Doppelpass bekräftigt.

62,7 Prozent der in Bayern lebenden Türken stimmten mit "Ja"

Von den 13.373 im Jahr 2015 in Bayern eingebürgerten Personen haben laut bayerischem Innenministerium allerdings lediglich 7523 Personen ihre erste Staatsangehörigkeit beibehalten – davon 4628 von 4735 eingebürgerten Unionsbürgern. Bei den eingebürgerten türkischen Staatsangehörigen waren es nur 82 von 1979. Zahlen von 2016 liegen noch nicht vor. Im Generalkonsulat München stimmten nach dem vorläufigen Ergebnis der türkischen Wahlkommission 62,7 Prozent der in Bayern lebenden Türken mit "Ja", 37,3 Prozent mit "Nein". Im Generalkonsulat Nürnberg war die Zustimmung geringer, lag mit 55,4 Prozent aber immer noch in der Mehrheit. 44,6 Prozent der Wähler stimmten dort mit "Nein". Am Sonntag hatten insgesamt 51,3 Prozent der Türken für eine Verfassungsreform gestimmt, die Präsident Recep Tayyip Erdogan deutlich mehr Macht gibt.  Nach Ansicht von CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer hat die Türkei mit dem Ergebnis des Referendums die EU-Beitrittsgespräche selbst abgebrochen. "Erdogan hat die Türken in der Türkei und in Europa gespalten", sagte Scheuer. Obwohl sich viele Türken für Freiheit und Grundrechte entschieden, habe es nicht gereicht. "Der Despot vom Bosporus will eine veraltete, rückwärtsgewandte Staatsform", sagte der Scheuer. Das knappe Volksvotum müsse respektiert werden. "Wir müssen aber auch die richtigen Konsequenzen daraus ziehen." Das Land habe über seine Zukunft abgestimmt, die Türkei bewege sich jetzt in Richtung Autokratie. "Die Türkei habe für den Türkxit gestimmt", sagte Scheuer.

Die Türkische Gemeinde warnt davor, vorschnell von einer gescheiterten Integration zu sprechen

Die Türkische Gemeinde in Bayern warnte derweil davor, vorschnell und pauschal von einer gescheiterten Integration zu sprechen. Schließlich sei nur die Hälfte der 400 000 türkeistämmigen Bayern wahlberechtigt gewesen. "Und die Wahlbeteiligung lag mit unter 50 Prozent recht niedrig. Effektiv haben sich im Freistaat also weniger 15 Prozent der hier lebenden Türkeistämmigen für eine Verfassungsänderung ausgesprochen" gab Vorstandssprecher Vural Ünlü zu bedenken.

Auch Wahlforscher hatten nach dem Referendum darauf hingewiesen, dass weniger als die Hälfte der etwa drei Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln hierzulande wahlberechtigt war. Davon wiederum stimmte etwa die Hälfte ab, 63 Prozent votierten für die Pläne des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Das bedeute, dass lediglich rund 15 Prozent der Deutschtürken Erdogan unterstützt hätten.

Nach Einschätzung des Vorsitzenden des türkischen Kulturvereins in Fürth, Kya Gögus, stellt das Ergebnis des Verfassungsreferendums weder Gegner noch Befürworter zufrieden. "Beide Seiten sind geschockt: Die Befürworter, weil sie nicht die erhoffte 60- bis 70-prozentige Zustimmung erreicht haben. Die Gegner, weil sie so knapp unterlegen sind", sagte Gögus. Mit einer Spaltung der türkischen Gemeinde in der Region rechnet er trotz des knappen Wahlausgangs aber nicht. (BSZ/dpa)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Soll die tägliche Höchstarbeitszeit flexibilisiert werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.