Politik

Ein Bild aus Corona-Zeiten? Nein, vom Oktober 2024. Claudia Pechstein (rechts) vor Prozessbeginn mit ihren Anwälten Thomas Summerer (links) und Simon Bergmann. (Foto: dpa/Peter Kneffel)

22.11.2024

Das Comeback der FFP2-Masken im Gericht

Trotz fehlender fachlicher Grundlage kann in Sitzungssälen wieder das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes angeordnet werden

Wer Ende Oktober den Prozess der ehemaligen Eisschnellläuferin Claudia Pechstein am Oberlandesgericht (OLG) München verfolgt hat, dürfte sich in der Zeit zurückversetzt gefühlt haben. Denn es galt für alle Anwesenden eine FFP2-Maskenpflicht. Dabei war im Frühjahr in den freigeklagten Protokollen des Robert Koch-Instituts zu lesen: „Keine fachliche Grundlage zur Empfehlung FFP2-Maske für die Bevölkerung vorhanden.“

Es ist genau drei Jahre her, dass das Bundesverfassungsgericht die 2G++-Regel einführte. Das bedeutete, alle Prozessbeteiligten mussten Maske tragen, geimpft oder genesen sein und einen PCR-Test vorweisen können. Schon damals war umstritten, ob ein solch drastischer Ausschluss dem Öffentlichkeitsgrundsatz entspricht, der Transparenz und Kontrolle garantieren soll. 

Nachdem im April 2022 die Maskenpflicht in Innenräumen fiel, kassierte das Verwaltungsgericht Sigmaringen in einem Eilverfahren die Maskenpflicht am Tübinger Landgericht. Das Schild „Hier herrscht Maskenpflicht“ am Eingang könnte Verfahrensbeteiligte oder Prozessbesucher einschüchtern, hieß es.

Wie kam es jetzt zu dem Relikt aus Corona-Zeiten? Ein OLG-Sprecher begründet das auf Anfrage der Staatszeitung mit dem Gesundheitszustand einer anwesenden Person. Rechtsgrundlage dafür sei Paragraf 176 des Gerichtsverfassungsgesetzes, das zur Aufrechterhaltung der Sicherheit Ausnahmen beim Verhüllungsverbot zulässt. Die Entscheidung darüber obliegt dem Vorsitzenden.

Im Zweifelsfall kann das Gericht zur Prüfung der Maßnahme gezwungen werden

Das ist grundsätzlich zulässig, bestätigt das Bundesjustizministerium. „Sitzungspolizeiliche Maßnahmen dürfen aber nur bei konkretem Anlass getroffen werden.“ Im Zweifelsfall könnte das Gericht zur Nachprüfung gezwungen werden. Die Justiz könnte sich allerdings auch einfach auf das Hausrecht in Gebäuden der öffentlichen Hand berufen. Das Ressort von Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) will den Fall nicht bewerten und verweist auf die richterliche Unabhängigkeit. Wie viele Verhandlungen mit Maskenpflicht es seit 2023 gab, sei nicht bekannt. 

Die Freien Wähler halten die Entscheidung des OLG für richtig, da trotz aller Fortschritte und Erkenntnisse weitere Pandemien „nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen“ werden könnten. Die Bayerische Justizgewerkschaft fordert, auf das Sicherheitsempfinden von Menschen im Sitzungssaal Rücksicht zu nehmen, „auch wenn das verpflichtende Tragen von FFP2-Masken keine fachliche Grundlage hatte“.

Ganz anders sieht das die AfD im Landtag. Sie befürchtet, dass „hysterische Einzelfallentscheidungen“ zu einer neuen Maßnahmenspirale führen könnten. Die FDP in Bayern, die sich während der Corona-Pandemie laut gegen Grundrechtseinschränkungen positionierte, wollte den aktuellen Fall auf BSZ-Anfrage nicht kommentieren. (David Lohmann)

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