Politik

Trump, der Unberechenbare. Blick auf die Dax-Kurve hinter einem Monitor, auf dem der US-Präsident zu sehen ist. (Foto: dpa/Eibner-Pressefoto/Florian Wiegand)

11.04.2025

Das große Bibbern

So hart treffen die neuen US-Zölle Bayern tatsächlich

Es war ein schwarzer Montag. Der Deutsche Aktienindex (Dax) rauschte zum Handelsauftakt Anfang der Woche um rund 10 Prozent nach unten. Er fiel zeitweise auf 18 500 Punkte. Bei Redaktionsschluss lag der Dax noch weit unter dem Stand von über 23 000 Punkten, den er Mitte März innehatte. Auch andere internationale Börsen verzeichneten massive Einbrüche. Hintergrund ist die Angst vor einem Handelskrieg nach den Zollankündigungen von US-Präsident Donald Trump.

Er hatte vergangene Woche verkündet, dass ab Dienstag dieser Woche auf fast alle Waren aus der EU ein Zoll von 20 Prozent fällig wird – auf Stahl, Aluminium und Autos sind es seit Ende vergangener Woche sogar 25 Prozent. Zwar machte Trump am Mittwoch einen teilweisen Rückzieher – die 20-Prozent-Zölle sollen für 90 Tage halbiert werden. Doch keiner weiß, was danach kommt. Und die Autozölle bleiben ohnehin unverändert.

Der alte Mann im Weißen Haus attackiert die Weltwirtschaft – auf chinesische Güter werden sogar 145 Prozent an Zöllen fällig. Aktienbesitzer sind die ersten großen Verlierer des Trump’schen Protektionismus – aber sie werden nicht die letzten sein. Stark betroffen sind exportorientierte Regionen. Für bayerische Firmen sind die Folgen der Autozölle dramatisch.

Jedes fünfte Auto aus Bayern ging in die USA

2024 wurden fast 450.000 Fahrzeuge aus deutscher Produktion in die USA exportiert. Gut jedes fünfte exportierte bayerische Auto wurde im vergangenen Jahr in die Vereinigten Staaten verschifft – ein Exportvolumen von 8 Milliarden Euro. Fast jeder sechste BMW wurde in den Vereinigten Staaten verkauft, bei Audi lag dieser Anteil bei 12 Prozent. Audi bedient den US-Markt komplett mit Importwagen. BMW ist etwas besser dran, es importiert nur die Hälfte der in den USA verkauften Autos.

Von dem 10- oder bald 20-Prozent- Zoll auf alle anderen EU-Importgüter sind laut Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft Firmen aus dem Freistaat „besonders schwer betroffen“ – allen voran die Maschinenbauer. Bayerische Hersteller exportierten 2024 Maschinen im Wert von 6 Milliarden Euro in die USA – das entspricht einem Anteil von 15 Prozent aller Exporte in diesem Segment. Für Elektronikprodukte sowie Luftfahrzeuge und -teile spielt der US-Markt mit Exportanteilen von 18,2 und 14,9 Prozent ebenfalls eine überdurchschnittliche Rolle.

Eine Maschine, die zuvor 10 000 Euro kostete, wird künftig 12 000 Euro kosten – damit wird für US-Amerikaner der Kauf europäischer Waren unattraktiver. Außer, die Firmen verzichten auf Gewinne oder produzieren künftig in den USA. Beides kostet hierzulande Jobs, und Letzteres dauert Jahre und kostet ebenfalls viel Geld. Die Unternehmen können also nur verlieren. Das arbeitgebernahe IW Köln schätzt den Gesamtschaden durch die Zusatzzölle für Deutschland über die vierjährige Amtszeit Trumps auf gut 200 Milliarden Euro. Bayerische Unternehmen exportierten im vergangenen Jahr Produkte im Wert von etwa 29 Milliarden Euro in die USA. 13 Prozent aller Exporte aus dem Freistaat gehen dorthin – so viel wie in kein anderes Land.

Gewerkschafter sind alarmiert

Auch Gewerkschafter sind alarmiert. Horst Ott, Bezirksleiter der IG Metall Bayern, ist besorgt darüber, dass die Hälfte der Exporte in die USA Autos und Maschinen sind. Europa müsse jetzt zusammenstehen. Er warnt jedoch vor einer „Spirale aus Zöllen und Gegenzöllen zulasten der Beschäftigten und Verbraucher in allen beteiligten Ländern“. Ott fordert Bayerns Unternehmen auf, „verstärkt andere Märkte zu erschließen, etwa in Indien, Afrika und Südamerika“.

Die Linken-Bundestagsabgeordnete Evelyn Schötz nennt die Zölle „einen Rückfall in einen nationalistischen Protektionismus, der Arbeitsplätze weder schützt noch schafft“. Schutzzölle würden „oft nur Preise erhöhen und Krisen verschärfen“, sagt Schötz der BSZ. Stattdessen brauche es „faire Besteuerung globaler Konzerne und internationale Zusammenarbeit“. Sie will eine EU-Digitalsteuer.

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sagt im BSZ-Interview (Seite 4), die EU müsse „versuchen, mit Trump zu verhandeln, um Schlimmeres für beide Seiten zu verhindern“. Für Aiwanger ist klar: „Jetzt Zölle nur mit Gegenzöllen zu vergelten, sodass sich alles immer mehr hochschaukelt, schadet uns in Bayern massiv.“

EU ist kompromissbereit

Tatsächlich ist die EU kompromissbereit, bietet etwa einen beidseitigen Verzicht auf Zölle an. In der Hinterhand hat man aber einige Giftpfeile, falls Washington hart bleibt. Neben bereits beschlossenen, aber am Donnerstag für 90 Tage ausgesetzten Zöllen auf US-Produkte wie Motorräder und Jeans könnte Brüssel auch US-Dienstleistungen ins Visier nehmen. Facebook, Google, X und Co könnten mit hohen Digitalsteuern überzogen werden. Denn was Trump bei seiner Rechnung gerne verschweigt: Bezieht man Dienstleistungen mit ein, schrumpft der Handelsüberschuss zugunsten der EU massiv zusammen.

Klar ist: Auch US-Unternehmen werden kurzfristig unter Trumps ökonomischem Amoklauf leiden – sei es durch Abgaben oder höhere Zulieferkosten. Besonders werden jedoch US-Verbraucher bestraft. Denn sie müssen künftig für viele Produkte deutlich mehr zahlen. Langfristig hofft Trump durch neue Ansiedlungen von Fabriken in den USA zu profitieren – ob diese, wenn überhaupt, noch in seiner Amtszeit entstehen, ist jedoch fraglich.
(Tobias Lill)

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