Politik

13.03.2025

Soll man das neue Bundestagswahlrecht wieder ändern?

Um die Zahl der Sitze im Bundestag zu reduzieren, hatte die Ampel-Koalition das Wahlrecht geändert. Eine Konsequenz: Mehrere in ihren Wahlkreisen erfolgreiche Direktkandidaten zogen trotzdem nicht in den Bundestag ein. Alexander Hoffmann, Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, ist dafür, das wieder zu ändern. Sascha Müller, Sprecher der Grünen-Landesgruppe im Bundestag, ist dagegen

JA

Alexander Hoffmann, Parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag

Das Wahlrecht ist das Fundament unserer Demokratie. Es entscheidet darüber, wie Bürgerinnen und Bürger im Deutschen Bundestag repräsentiert werden. Doch die Reform, die die Ampel-Koalition ohne breite politische Zustimmung durchgesetzt hat, sorgt für eine massive Verzerrung der Wählerstimmen und muss in der neuen Legislaturperiode dringend korrigiert werden.

Einer der größten Konstruktionsfehler ist die Abschaffung der Überhang- und Ausgleichsmandate. Damit hatte die Ampel in Kauf genommen, dass ein Kandidat, der in seinem Wahlkreis direkt gewählt wurde, dennoch nicht in den Bundestag einzieht. Das ist nicht nur schwer vermittelbar, sondern auch eine Missachtung des Wählerwillens.

So werden drei bayerische Wahlkreise in dieser Legislaturperiode von Beginn an nicht direkt im Bundestag vertreten sein. Dies führt insbesondere in den Städten zu einer Missachtung des Wählerwillens. Viele Wähler in Augsburg, Nürnberg oder München haben nicht verstanden, warum ihr Direktkandidat zwar die Wahl gewinnt, aber nicht in den Bundestag einziehen darf.

Das geht anders! Wie so oft hilft hier der Blick nach Bayern, denn eine Möglichkeit der Verbesserung wäre die Anlehnung an das bayerische Landtagswahlrecht. Die Sitzverteilung im Bayerischen Landtag wird über die Gesamtstimmen aus Erst- und Zweitstimme bestimmt. Damit hat jede Stimme, ob für den Direktkandidaten oder die Parteiliste, den gleichen Wert und bestimmt gleichberechtigt über den Einzug ins Parlament. Überhangmandate werden dadurch verringert und die Größe des Parlaments begrenzt.

Unsere Demokratie lebt von fairen und nachvollziehbaren Wahlen. Das aktuelle Ampel-Wahlrecht jedoch führt zu Verzerrungen und macht das Wahlergebnis in vielen Fällen unberechenbar. Deshalb ist klar: Eine künftige Bundesregierung unter Führung der Union muss diese Reform dringend überarbeiten. Ein Wahlrecht, das die Wählerinnen und Wähler nicht mehr verstehen oder als ungerecht empfinden, schadet unserer Demokratie mehr, als es nützt.

NEIN

Sascha Müller, Sprecher der Grünen-Landesgruppe im Bundestag

Das Bundesverfassungsgericht hat das neue Wahlrecht für den Bundestag mit der Zweitstimmendeckung von Wahlkreiskandidierenden im entscheidenden Teil bestätigt. Es sorgt für eine Verkleinerung des Bundestags von über 730 inklusive Überhang- und Ausgleichsmandaten (statt der eigentlich vorgesehenen 598) auf immer 630 Abgeordnete.

Die rund 100 Abgeordneten weniger verteilen sich proportional zum Wahlergebnis auf alle Fraktionen. Es gibt keine Benachteiligung einer bestimmten Partei.

Wenn die voraussichtliche Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD eine erneute Wahlrechtsreform prüfen will, steht sie vor dem gleichen Problem wie die bisherige Mehrheit des Bundestags: Wie kann der Wählerwille möglichst genau abgebildet werden?

Eine Alternative wäre eine starke Reduzierung der Wahlkreise. Aber auch dann gäbe es weniger Abgeordnete der CSU – allerdings nicht aufgrund der Wahlergebnisse, sondern durch parteiinterne Prozesse: Wer bekommt einen Wahlkreis, wer nicht? Die Größe des Bundestags durch Wiedereinführung von Überhang- und Ausgleichsmandaten wäre erneut nicht im Voraus kalkulierbar.

Das vor allem von CSU und CDU öfter ins Gespräch gebrachte Grabenwahlrecht ist keine Alternative. Es hätte beim Wahlergebnis am 23. Februar dazu geführt, dass CDU und CSU zusammen bei 28,6 Prozent der Zweitstimmen und 32,1 Prozent der Erststimmen auf fast 50 Prozent der Sitze im Bundestag gekommen wären. Dies wäre eine klare Verzerrung des Wählerwillens.

Ich kann den Frust von Kandidierenden, die ihren Wahlkreis mit etwas über 30 Prozent „gewonnen“ haben und dennoch nicht in den Bundestag einziehen, nachvollziehen. Dass die CSU bayernweit mit rund 37 Prozent deutlich unter den letzten Umfragen geblieben ist, ist aber nicht dem Wahlrecht geschuldet: Es war die Entscheidung der Wählerinnen und Wähler.

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