Politik

Denkmal für das Oktoberfest-Attentat. (Foto: dpa/Tobias Hase)

26.09.2023

Oktoberfest-Attentat: Reiter würdigt Kampf der Opfer um Anerkennung

Zum 43. Mal jährt sich das Attentat auf das Oktoberfest von 1980. Es war der größte rechtsextreme Anschlag der bundesdeutschen Geschichte. Zu der Gedenkveranstaltung kamen Überlebende und Angehörige

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat zum 43. Jahrestag des Oktoberfest-Attentats auch an Unrecht erinnert, das Überlebende und Opfer-Angehörige beim späteren Umgang mit Behörden erfuhren. Das reiche von fehlender Versorgung und Betreuung über Mangel an Verständnis bis zu Erfahrungen von Ausgrenzung und Abwiegelung, sagte Reiter am Dienstag beim Gedenken am Festgelände.

Am 26. September 1980 riss eine Bombe zwölf Wiesn-Besucher und den rechtsextremen Täter Gundolf Köhler in den Tod. Es gab mehr als 200 Verletzte. Der Anschlag wurde als Tat eines Einzelnen aus privatem Frust eingeordnet. Erst 2020 stellte die Bundesanwaltschaft fest, dass Köhler aus rechtsextremistischer Motivation handelte. Es war der schwerste rechtsextreme Anschlag in der bundesdeutschen Geschichte.

Der beharrliche Kampf um Anerkennung des persönlichen Leids ebenso wie der staatlichen Schuld zeige nun zunehmend Wirkung, sagte Reiter. Diesem Engagement sei wesentlich mit zu verdanken, dass die Versorgung von Gewaltopfern heute deutlich besser sei und weiter verbessert werde. Zeichen seien das neue Entschädigungsrecht ab 2024 und speziell ausgebildete Fallmanagerinnen und -manager, die den Umgang mit Betroffenen in den Versorgungsämtern verbessern sollen.

Reiter blickte auch zurück auf die Gesellschaft der 1980er Jahre, in der sich eine gefährliche rechte Szene entwickelt hatte. Vor allem mit den bewaffneten sogenannten Wehrsportgruppen habe sich damals in Deutschland ein strukturierter Rechtsterrorismus herausgebildet.

Der Attentäter Gundolf Köhler hatte zeitweise der Wehrsportgruppe Hoffmann angehört - die damals von der Politik verharmlost wurde.

Seit 40 Jahren organisiert die DGB-Gewerkschaftsjugend mit dem Kulturreferat das Gedenken. Zum 40. Jahrestag kam mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erstmals ein deutsches Staatsoberhaupt zum Jahrestag. Nun ist das Gedenken wieder ein lokales Ereignis - und kurz nach Kranzniederlegung und Ansprachen öffnen die Festzelte.

Klage eingereicht

Der bei dem Attentat schwer verletzte Robert Höckmayr sagte, es sei klar, dass kein Staat der Welt seine Bürgerinnen und Bürger absolut schützen könne. "Aber jeder Staat kann dafür sorgen, dass er nach einer Terrortat konkrete, praktische Hilfe bietet."

Höckmayr hatte 1980 als Zwölfjähriger zwei kleine Geschwister verloren, immer wieder stritt er auch vor Gericht für seine Rechte. Was ihn im Kontakt mit Betroffenen anderer Terroranschläge umtreibe, sei, dass sie im Kern dasselbe beklagten wie er: Unzureichende Hilfe, fehlende Ansprechpartner und Mangel an Empathie bei den Behörden.

Höckmayr hat Ende August wieder Klage bei der Kammer für Opferentschädigung eingereicht, wie das Sozialgericht München am Dienstag bestätigte. Sein Mandant wolle einen finanziellen Ausgleich für die beruflichen Nachteile, die er in der Vergangenheit erlitten habe, sagte der Rechtsanwalt Alexander Frey auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatte der Bayerische Rundfunk (BR) darüber berichtet.

Höckmayr hatte seinem Anwalt zufolge eigentlich davon geträumt, zur Feuerwehr, zur Bundeswehr oder zum Sanitätsdienst zu gehen. "Da hätte er eine sehr schöne Karriere machen können mit einem schönen Gehalt", berichtete Frey. Aufgrund seiner massiven Verletzungen sei dies aber nicht möglich gewesen, auch wenn er immer wieder versucht habe, dort unterzukommen.

Höckmayr sagte dem BR, er hätte keine Ausbildung machen können. Stattdessen habe er sich jahrzehntelang mit Hilfsarbeiter-Jobs durchschlagen müssen. Auf den Wunsch, darüber zu sprechen, gingen die Behörden nach Angaben Freys nicht ein. Deshalb gebe es nun diese Klage gegen den Freistaat Bayern.

Frey sagte, sein Mandant habe überhaupt erst ab dem Jahr 2005 Zahlungen erhalten, um die erlittenen Schädigungen auszugleichen. Im Laufe der Jahre sei der Schädigungsgrad erhöht worden, unter anderem im Rahmen eines Aufsehen erregenden Prozesses 2016. Ende 2021 einigten sich Höckmayr und der Freistaat schließlich darauf, den Grad der Schädigung auf 60 Prozent anzuheben. (Sabine Dobel. dpa)

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