Politik

US-Vizepräsident J. D. Vance. (Foto: dpa)

21.02.2025

Meinungsfreiheit in Gefahr? In diesen Punkten hat US-Vizepräsident Vance Recht

Natürlich ist die USA unter Tump auf dem Weg in die Autokratie. Einzelne der Vorwürfe von US-Vizepräsident Vance gegen Deutschland haben aber einen wahren Kern - denn es stand schon besser um die Meinungsfreiheit hierzulande. Die Demonstrationsfreiheit wurde zuletzt mehrfach eingeschränkt. Und wegen Beleidigungen wie „Pimmel“ oder „Suffkopf“ gegen Politiker ließen Richter Wohnungen durchsuchen. Ein Kommentar von Tobias Lill

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet US-Vizepräsident J. D. Vance den europäischen Regierungen vorwirft, Demokratie und Meinungsfreiheit einzuschränken. Schließlich ist es die Regierung Trump, die in den USA gerade die Gewaltenteilung aushöhlt. Die bei Trump vorherrschende Orwellsche Gedankenwelt zeigt sich etwa darin, dass er Journalisten einer Agentur nicht mehr in den Briefing Room des Weißen Hauses lässt – nur, weil diese den Golf von Mexiko nicht „Golf von Amerika“ nennen.

Wegen dem Wort "Märchenerzählerin" ins Gefängnis?

Dass Washington nicht die Bastion der Redefreiheit ist, als die sie Vance darstellt, ändert aber nichts daran, dass Teile seiner Kritik einen wahren Kern haben. Das Plädoyer des Republikaners gegen das äußerst rigide Vorgehen gegen „Hassreden im Internet“ muss man ernst nehmen. Vance spricht von einer „Kriminalisierung der Sprache“. Anders als er glaubt, sollte die Justiz durchaus gegen Drohungen und schwere Beleidigungen vorgehen. Allerdings: Manche Politikerinnen und Politiker hierzulande erstatten bereits wegen Pipifax-Äußerungen Anzeigen. „Schwachkopf“, „Pimmel“ und „Suffkopf“– wegen solcher Begriffe lassen Richter Wohnungen durchsuchen. Und weil er eine Spitzenpolitikerin als „Märchenerzählerin“, titulierte sollte ein Mann laut eienm Medienbericht allen Ernstes ins Gefängnis.

Ohnehin stellt sich die Frage, warum das Beleidigen von Politikern härter bestraft werden darf als das von einfachen Bürgern. Zudem werden im Netz immer wieder auch bloße Meinungsäußerungen gelöscht. Und auch um die Demonstrationsfreiheit stand es schon besser. Deutsche Behörden verboten ein ums andere Mal Corona- oder Pro-Palästina-Demos – mit dem Argument, es könnte zu verbalen Straftaten kommen. Auch die der Trump-Nähe unverdächtige der Meinungsfreiheit verschriebene Stiftung „Freedom House“ macht sich deshalb Sorgen. Schließlich ist die Versammlungsfreiheit eine zentrale Grundlage der Demokratie.

Der Wunsch vieler Menschen nach weniger illegaler Migration wurde ignoriert

Recht hat Vance zudem mit der Aussage, dass der Wunsch vieler Menschen hierzulande nach einem Stopp oder zumindest einer deutlichen Verringerung der illegalen Migration jahrelang ignoriert wurde. Dies hat die AfD groß gemacht. Die Kommunen sind am Rande der Aufnahmefähigkeit. Die Integration der Geflüchteten kann nur funktionieren, wenn die Zahl der Schutzsuchenden nicht so hoch ist wie in den vergangenen Jahren. Um gegenzusteuern, braucht es aber keine Koalition mit der teils rechtsextremen AfD. Eine solche verbietet sich. Es würde stattdessen genügen, wenn man das Dublin-Abkommen und damit Recht und Gesetz konsequent umsetzt.

Mit der Behauptung, die größte Gefahr für die Sicherheit gehe nicht von Russland oder China aus, sondern von Europas Regierungen, liegt Vance dagegen voll daneben. Denn beide Länder sind anders als das noch immer freiheitlich-demokratische Deutschland repressive Diktaturen. Dass Vance nun die US-Bündnishilfe mit der Meinungsfreiheit verquickt, ist ein Skandal. An der teilweisen Richtigkeit einiger Aussagen ändert das aber nichts. Denn eine Behauptung wird nicht dadurch falsch, nur, weil sie der Falsche sagt.

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