Politik

Online-Roulette: In Bayern bietet das jetzt der Staat an. (Foto: Lotterieverwaltung)

17.05.2024

Der Freistaat als Croupier

Immer mehr Menschen gleiten in die Spielsucht ab – da stellt sich die Frage, weshalb Bayern jetzt Online-Casinos betreibt

Es ist ein Milliardenmarkt und für einige ein Riesenproblem: Glücksspiele sind heutzutage überall und jederzeit verfügbar. Die Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern schätzt, dass rund 200.000 Menschen im Freistaat unter einer Glücksspielstörung oder sogar einer Glücksspielsucht leiden. Etliche von ihnen haben damit sich und ihre Familien in den Ruin gestürzt. Allein die Betroffenen, die bei den Beratungsstellen Hilfe suchen, haben im Schnitt 24.000 Euro Schulden. Um ihr Geld an Spielautomaten, beim Pokern, Roulette oder bei Sportwetten zu verlieren, müssen sie nicht einmal mehr ein Gebäude betreten. Alles ist im Internet verfügbar.

Leider auch viele illegale Angebote, die sich an keinerlei Auflagen halten müssen. Noch nie gab es in Bayern so viele Ermittlungsverfahren wegen illegalen Glücksspiels wie im Vorjahr: 762 Fälle – zehn Mal mehr als 2019, wie aus einer Antwort des Justizministeriums auf eine Anfrage der Grünen hervorgeht.

Der Freistaat, der über die Staatliche Lotterie- und Spielbankverwaltung neun Spielbanken, eine Lotterie und Rubbellose betreibt, will diesen illegalen Angeboten etwas Legales entgegensetzen: Seit März gibt es in Bayern ein staatliches Online-Spielcasino. Es ist das erste derartige Angebot in Deutschland. Wer sich für dieses Online-Casino registriert hat, kann virtuell Roulette, Blackjack und Poker gegen die Bank spielen – sofern man über 18 Jahre alt ist und aus Bayern kommt.

Viele persönliche Daten angeben

Bei der Registrierung muss man viele persönliche Daten angeben, unter anderem Geburtsdatum, Adresse und Handynummer. Alter und Identität werden laut Lotterie- und Spielbankverwaltung mit mehreren Checks überprüft. „Bisher gibt es in diesem Bereich nur illegale Angebote, die nach unserem Kenntnisstand weder den Spieler- und Jugendschutz gewährleisten noch die strengen Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrags erfüllen“, erklärt Verena Ober, Pressesprecherin der Staatlichen Lotterie- und Spielbankverwaltung.

Der Glücksspielstaatsvertrag von 2021 erlaubte erstmals das Anbieten von Online-Glücksspielen in Deutschland über Lotto-Toto hinaus. Erklärtes Ziel war es, das Glücksspielrecht erstmals bundesweit einheitlich zu regeln. Dahinter steckte der Gedanke, das Feld nicht illegalen Betreibern zu überlassen. Zur Aufsicht wurden eine neue länderübergreifende Behörde und ein bundesweites Sperrsystem für Spielende mit Problemen geschaffen. Seitdem wurden für Online-Poker und virtuelle Automatenspiele einige Konzessionen vergeben, bei Roulette und Blackjack fanden sich aber keine Anbieter, die alle Auflagen erfüllen konnten – bis auf den staatlichen Anbieter in Bayern.

Einzahlungslimit und Früherkennung

Beim Onlineangebot der Bayerischen Spielbanken gibt es etwa ein Einzahlungslimit von 1000 Euro pro Monat sowie ein Früherkennungssystem, welche Spieler*innen ein auffälliges Verhalten zeigen. Als letzte Konsequenz ist laut den Spielbanken auch eine Sperre möglich, die dann auch bei allen anderen – legalen – Anbietern in Deutschland gilt. Doch auch 1000 Euro, die man im Monat verspielt, sind viel Geld. Und ob sich alle Anbieter mit einer Konzession an die Gesetze halten, ist auch unklar. Recherchen des BR zeigten etwa, dass einige Wettbüros beim Platzieren von Sportwetten nicht wie vorgeschrieben nach dem Ausweis verlangten. Dazu kommt, dass nach wie vor viele illegale Angebote im Internet zu finden sind und nicht immer sofort klar ist, ob man gerade auf einem Portal mit oder ohne Konzession zockt.

Die Landtags-Grünen sind alarmiert. Tim Pargent, finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, fordert konsequente Kontrollen und Ermittlungen sowie mehr Prävention. Dazu müsse der Glücksspielstaatsvertrag nachgeschärft werden: um ausländische Anbieter, die illegal auf dem Markt sind, auszusperren. Und um die allgegenwärtige Werbung für Sportwetten zurückzudrängen.
Dass der Freistaat überhaupt ein Online-Casino betreibt, stört Pargent dagegen nicht. „Staatliche Spielbanken sind aus meiner Sicht noch immer der geeignetste Ort, um dem menschlichen Spieltrieb mit einem legalen Angebot zu begegnen.“
(Thorsten Stark)

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