Die Maske soll das Infektionsgeschehen in der Corona-Pandemie reduzieren. Doch die Maske nervt auch, vor allem das Verkaufspersonal. Dieses muss die Maske während der gesamten Arbeitszeit tragen. Atemnot, Kopfschmerzen und Augenbrennen sind die häufigsten Belastungen, mit denen Verkäufer*innen zu kämpfen haben. Aus Angst vor Repressalien wollen sie aber häufig nichts sagen. „Es ist schrecklich – und wie soll das erst im Sommer werden?“, klagt ein Münchner Verkäufer, dem das Maskentragen zu schaffen macht.
Doch Widerstand formiert sich. Ernst Härter, Geschäftsführer von Naturkost Süd, schrieb bereits am 29. April 2020 per E-Mail ans bayerische Gesundheitsministerium: „Wir brauchen eine Aufhebung dieser Quälerei, wir brauchen Arbeitsfähigkeit.“ Eine Antwort ist bis heute nicht erfolgt. Bei Naturkost Süd sind knapp 40 Bio-Einzelhandelsunternehmen organisiert – meist aus dem Freistaat. Zusammen mit Partnern aus Herstellung und Großhandel sind es über 80 Unternehmen.
Auch Härter beklagt: Das Maskentragen führe zu Kopfschmerzen, Kreislaufproblemen, Kratzen und Brennen im Hals und in der Lunge. Ärzte kennen das Problem. „Die Atemwege trocknen aus“, so ein Münchner Mediziner. Viel trinken könne zumindest dagegen helfen, die Kopfschmerzen lindert es aber auch nicht. Sie entstehen dadurch, dass man ständig die ausgeatmete verbrauchte Luft wieder einatmet.
Aiwanger plant Erleichterungen
Auch beim Handelsverband Bayern ist man sich der Problematik bewusst. Verstärkte Krankmeldungen wegen der Maske verzeichnet man dort aber noch nicht. Das stellen auch der Landesinnungsverband des Friseurhandwerks und der Bayerische Landesinnungsverband für Augenoptik und Optometrie fest.
Dass die Masken bei hochsommerlichen Temperaturen problematisch werden können, hat man im Wirtschaftsministerium bereits auf dem Radar. „Gesichtsvisiere aus Plexiglas, die für die Angestellten in Handel und Gastronomie angenehmer zu tragen sind und gleichzeitig den Kundenkontakt erleichtern, sollten eingeführt werden“, fordert Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Man habe mit der Staatsregierung darüber bereits gesprochen. Wobei auch das Tragen von Gesichtsvisieren über Stunden hinweg unangenehm ist – die schweren Teile können ebenfalls Kopfschmerzen verursachen.
Zumindest für das Personal an der Kasse oder beim Empfang solle es künftig genügen, „hinter einer hohen Plexiglasscheibe zu sitzen oder zu stehen, ohne Maske und Visier“, sagt Minister Aiwanger der Staatszeitung.
Und vielleicht bekämen die Kunden dann auch wieder mehr Lust am Einkaufen. Denn derzeit vergällt die Maskenpflicht vielen Menschen das Shoppen. „Die Menschen kaufen in den Geschäften nur das Nötigste. Den Rest bestellen sie online“, bedauert Bernd Ohlmann, Geschäftsführer des Handelsverbands Bayern. Das ist eine fatale Entwicklung, denn gerade nach den coronabedingten Zwangsschließungen bräuchten die Läden wieder Kundschaft.
5000 Einzelhändler werden nicht überleben
Laut Ohlmann ist zwar bislang die große Pleitewelle ausgeblieben. Doch er geht davon aus, dass in Bayern rund 5000 Einzelhändler nicht überleben werden. Um die Händler vor Ort zu unterstützen, fordert Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK), von der Staatsregierung, bestimmte Sonntage freizugeben, an denen zwischen 13 und 17 Uhr eingekauft werden kann. Denn Stadtfeste, in deren Rahmen dies bisher möglich war, könnten wegen der Infektionsgefahr auf unabsehbare Zeit nicht durchgeführt werden. Auch eine lange Nacht der Innenstadt wäre laut Gößl vorstellbar.
Und noch ein Problem gibt es mit der Maskenpflicht: Menschen mit psychischen und physischen Problemen wie Asthma können sich zwar ein ärztliches Attest ausstellen lassen, das sie von der Maskenpflicht befreit. Doch nicht immer machen Betroffene davon Gebrauch. Oft müssen sie dann Anfeindungen von Mitmenschen ertragen.
Vermutlich könnte ein Selbstversuch mit achtstündigem Maskentragen so manchen Entscheidungsträger zum Umdenken bewegen. Tatsächlich wissen gerade Politiker*innen überhaupt nicht, was sie den Menschen zumuten. Weder im Landtag noch bei Kabinettssitzungen herrscht Maskenzwang.
(Ralph Schweinfurth)
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