Politik

Auch beim Ankerzentrum Schweinfurt gab es Zoff um das versprochene Aus. Dann einigte sich man auf eine partielle Weiternutzung. (Foto: dpa/Hildenbrand)

22.11.2024

Enttäuschte Kommunen

Der Freistaat will zwei große Flüchtlingszentren weiter betreiben – vereinbart war aber, dass dort etwa Wohnungen entstehen

Eigentlich sollten die zwei großen Flüchtlingseinrichtungen in Bamberg und in Ingolstadt im Sommer beziehungsweise Ende 2025 wieder geschlossen werden – stattdessen sollten beispielsweise Wohnungen für die Bevölkerung errichtet werden. So war es vereinbart. Doch die Staatsregierung kündigte vor Kurzem an, wegen der immer noch hohen Zahl an Flüchtlingen den Betrieb auf unbestimmte Zeit verlängern zu wollen. Eine Wende, die nicht nur die betroffenen Kommunen irritierte.

Am 1. August 2018 fiel der Startschuss für die sogenannten Ankerzentren – eines für jeden der sieben Regierungsbezirke, teilweise mit mehreren Dependancen. Der Gedanke: Die Flüchtlinge kommen an; diejenigen mit einer guten Bleibeperspektive werden auf die Kommunen weiterverteilt, die anderen bleiben da. Alle notwendigen Behörden sind auf dem Gelände vertreten, was den Prozess vom Antrag bis zur möglichen Abschiebung oder der Anerkennung effizienter machen soll. Doch etliche Verfahren ziehen sich über viele Monate hin. Die Anker-zentren sind schon mehrfach an ihre jeweiligen Kapazitätsgrenzen gestoßen – besonders seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine.

Am schwierigsten ist die Situation in Bamberg. Auf einem ehemaligen US-Kasernengelände sind aktuell fast 1500 Flüchtlinge untergebracht – direkt neben einem Wohngebiet im Osten Bambergs. Zur Einrichtung des Zentrums war der oberfränkischen Stadt zugesichert worden, dass die Unterkunft Ende 2025 geschlossen wird. Nach der Vorstellung der Stadt soll an der Stelle ein neues Wohnviertel entstehen.

Innenministerium: System hat sich bewährt

Doch aus Sicht des Innenministeriums hat sich das System bewährt. Fünfeinhalb Monate dauere ein komplettes Asylverfahren derzeit in den Ankerzentren, erklärt eine Sprecherin auf Anfrage. Die Staatsregierung will deswegen in Bayern noch weitere Ankerzentren bauen, aktuell eines für 1000 Flüchtlinge in München. Derzeit befinden sich 136.700 Menschen in bayerischen Asylunterkünften, davon nur rund 10.200 in Ankerzentren.

Für Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) und den Stadtrat wäre ein Fortbestand der großen Unterkunft nicht tragbar. Es bestehe „weiterhin die Erwartung und Forderung, dass sich der Freistaat Bayern an die getroffene Vereinbarung halten wird“, erklärt ein Sprecher. Die Stadt setzt auf eine künftige dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge – und sucht schon Standorte im Stadtgebiet. Das hat man im Innenministerium registriert. Gerne sei man zum Gespräch „über konkrete und bezahlbare Vorschläge der Stadt bereit“, betont die Ministeriumssprecherin. Und:„Der Freistaat Bayern hält geschlossene Vereinbarungen ein.“ Bisher gibt es Zweifel, ob das auch in diesem Fall gilt.

Es regte sich Unmut

Auch im Ingolstädter Stadtrat regte sich Unmut, nachdem bekannt geworden war, dass der Freistaat das Ankerzentrum, das sich auf dem Gelände einer früheren Bundeswehrkaserne auf Ingolstädter und Manchinger Gebiet befindet, nicht wie ursprünglich vereinbart bis August nächsten Jahres räumen will. Sogar auf unbestimmte Zeit müsse das Ankerzentrum, in dem rund 1000 Menschen untergebracht sind, in Betrieb bleiben, teilte das Innenministerium der Stadt vor Kurzem mit. Mit einem weiteren Betrieb auf Zeit könnte Ingolstadts Oberbürgermeister Christian Scharpf (SPD) leben – sofern ein klares Enddatum genannt würde. „Eine unbefristete Verlängerung lehnt er hingegen ab“, teilt ein Sprecher mit. Denn die Stadt müsste sonst Alternativen für die Unterbringung finden – und das bei der derzeitigen Wohnungsnot und der angespannten Finanzlage der Stadt. Auch hier gebe es Gespräche, heißt es aus dem Innenministerium.

Womöglich läuft es ja in Bamberg und Ingolstadt auf eine Kompromisslösung wie beim Ankerzentrum im Landkreis Schweinfurt heraus: Auch für die ehemalige US-Kaserne war zunächst ein Ende für 2025 vereinbart worden. 2022 wurde dann ein Vertrag unterzeichnet, der zwar einen unbefristeten Betrieb vorsieht, aber auch eine Herauslösung von mehreren Hektar Gelände, auf denen ein großer Gewerbepark entwickelt werden kann.
(Thorsten Stark)

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