Eineinhalb Jahre vor der bayerischen Landtagswahl sieht der ehemalige CSU-Vorsitzende Erwin Huber seine Partei in einer dramatischen Lage. Er warnt die Parteiführung um CSU-Chef Markus Söder aber vor Panik - und rät nun zu kühlem Kopf, zügigen Personalentscheidungen und einer offensiven Klärung von Problemen.
"Der gewaltige Stimmenverlust bei der Bundestagswahl, das Pandemiemanagement, vor allem aber indiskutable moralische Fehltritte von Mandatsträgern und zuletzt der Blackout des Generalsekretärs haben die CSU in eine dramatische Situation gebracht", sagte Huber der Deutschen Presse-Agentur in München. Er spielte damit auf die Maskenaffäre an, bei der CSU-Abgeordneten im Zentrum stehen, und auf den Rücktritt von Generalsekretär Stephan Mayer am Dienstagabend - Mayer soll zuvor einen Journalisten telefonisch bedroht haben.
"Es besteht kein Anlass zur Panik"
"Aus meiner Erfahrung in vielen Funktionen in 50 Jahren und der Betroffenheit mit mehreren Krisensituationen rate ich zunächst, kühlen Kopf zu bewahren", betonte Huber. "Es besteht kein Anlass zur Panik." Die Gremien seien handlungsfähig. "Mit Klugheit, breiten internen Abklärungen und zügigen personellen Entscheidungen ist die baldige Rückkehr zur inhaltlichen politischen Arbeit herbeizuführen."
Huber betonte, die Substanz der Volkspartei CSU sei stark, und man habe es auch bei Krisen in der Vergangenheit immer geschafft, "reinen Tisch" zu machen. "Aber das setzt große Standfestigkeit und erkennbare Klärungen voraus, die breit anzugehen sind", forderte Huber, der viele Jahre Minister im bayerischen Kabinett und von 2007 bis 2008 CSU-Chef war. "Zu diesen Problemen gehören die Einbrüche im Stammwählerbereich, die zu geringe Attraktivität für die junge Generation, die schonungslose Aufklärung des Fehlverhaltens einzelner Mandatsträger, die glaubwürdige Durchsetzung der Transparenzregeln und insgesamt die absolute Konzentration auf Bayern."
Mit Blick auf die Landtagswahl im Herbst 2023 sagte der 75-Jährige, er rate "zu intensiver Teamarbeit und einer klaren Zukunftsbotschaft für Bayern". "In der gegenwärtigen Lage sind nicht Wahlgeschenke vertrauensbildend, sondern eine Politik der finanziellen Stabilität und Konsolidierung." Man müsse die Menschen überzeugen, dass nur eine starke Volkspartei CSU die Spitzenposition Bayerns in Deutschland und Europa halten könne - darauf müsse nun der Fokus gerichtet sein.
Mayer hatte am Dienstagabend nach lediglich gut zwei Monaten im Amt seinen Rücktritt als Generalsekretär erklärt. Der 48-Jährige nannte dafür in einer schriftlichen Erklärung gesundheitliche Gründe. Zugleich räumte er allerdings eine "möglicherweise" im Rückblick nicht angemessene Wortwahl einem "Bunte"-Journalisten gegenüber ein. Der Journalist hatte Mayer zuvor vorgeworfen, ihn telefonisch bedroht zu haben, im Zusammenhang mit einem Bericht über Mayers Privatleben. Söder hatte am Mittwoch angekündigt, die Nachfolge rasch zu klären.
(Christoph Trost, dpa)
SPD-General Kühnert: CSU-Skandale häufen sich spürbar
Nach dem Rücktritt von CSU-Generalsekretär Stephan Mayer erhebt SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert gegenüber CSU-Chef Markus Söder schwere Vorwürfe. "Ein gutes Jahr vor der Landtagswahl häufen sich die CSU-Skandale spürbar. Markus Söder ist mehr damit beschäftigt, seine CSU zu managen und führt den Freistaat nur noch im Nebenjob", sagte Kühnert der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Donnerstag). Söder werde zwar nachgesagt, er sei ein Instinktpolitiker. "In diesen Tagen drängt sich der Eindruck auf, dass das Gegenteil der Fall ist." So sei der Rücktritt von Mayer "nur der neue traurige Höhepunkt einer langen Liste von personellen Fehlbesetzungen durch Markus Söder".
Kühnert erinnerte an die Maskendeals von Unionspolitikern zu Beginn der Corona-Pandemie und den ehemaligen Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), "der als Verkehrsminister den Steuerzahlern ein skandalöses Milliardengrab hinterlassen hat und von Söder trotzdem nicht aus der Regierung abgezogen wurde". Die Attacken von Ex-Generalsekretär Mayer auf einen Journalisten könne man zudem nicht einfach als schlechten Stil bezeichnen, "sondern als das, was sie sind: Angriffe auf die Pressefreiheit", sagte der SPD-Politiker.
Mayer hatte am Dienstagabend nach lediglich gut zwei Monaten im Amt seinen Rücktritt als Generalsekretär erklärt. Der 48-Jährige nannte dafür in einer schriftlichen Erklärung gesundheitliche Gründe. Zugleich räumte er allerdings eine "möglicherweise" im Rückblick nicht angemessene Wortwahl einem "Bunte"-Journalisten gegenüber ein.
(dpa)
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