Politik

Windräder im oberfränkischen Lindenhardter Forst. (Foto: dpa/Daniel Vogl)

21.03.2025

Fachleute kritisieren Aiwangers Pläne

Bürgerinnen und Bürger sollen an den Erlösen von Windrädern und Photovoltaik-Parks beteiligt werden – dazu gibt es nun einen Gesetzentwurf, der aber nicht allen gefällt

Um die Akzeptanz von Windrädern und Photovoltaik-Parks zu erhöhen, plant die Staatsregierung eine bessere finanzielle Beteiligung von Kommunen und Bürgern an den Erlösen der Anlagen. Bei einer Fachanhörung im Landtag erhielt der dazu von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger vorgelegte Gesetzentwurf keine guten Noten. Die Vorlage sei unzureichend, bürokratisch und wirtschaftsfeindlich.

Der vom Ministerrat auf Vorschlag von Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) dem Landtag zugeleitete Gesetzentwurf zur besseren Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Kommunen an den Erlösen von Windrädern und großen Photovoltaikanlagen (PV) steht vor einer grundlegenden Überarbeitung. Bei einer Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Landtags äußerten mehrere Fachleute fundamentale Kritik daran. „So wie das Gesetz jetzt ist, ist es für die CSU-Fraktion nicht zustimmungsfähig“, erklärte die CSU-Wirtschaftssprecherin Kerstin Schreyer im Anschluss. Das Ministerium müsse die vorgetragenen Bedenken und Änderungsvorschläge ernst nehmen. Auch Grüne und SPD sahen Verbesserungsbedarf an dem Entwurf. Sie verlangten Gründlichkeit vor Schnelligkeit.

Nach den Plänen Aiwangers sollen die Betreiber neu errichteter Anlagen dazu verpflichtet werden, eine Abgabe von 0,3 Cent je erzeugter Kilowattstunde zu zahlen – 0,2 Cent an die Kommunen und 0,1 Cent an die Bürger. Beteiligungsberechtigt sind nach dem Entwurf alle Gemeinden und deren Bürger, die im Umkreis von 2,5 Kilometern um eine Windkraftanlage liegen oder auf deren Gemeindegebiet sich Freiflächen-PV mit einer installierten Leistung von mehr als 5 Megawatt befinden. Geregelt werden soll die Beteiligung über Vereinbarungen zwischen den Betreibern und den Kommunen. Kommt eine solche nicht zustande, müssen die Betreiber eine Ausgleichsabgabe an die Standortgemeinden entrichten. 

Auf die Kritik der Fachleute stießen – bei aller grundsätzlichen Sympathie für die Intention des Gesetzes – vor allem die von Aiwanger geplanten Regeln zur direkten Bürgerbeteiligung. Diese kann unter anderem in Form eines entsprechend reduzierten Strompreises oder durch eine direkte Anteilsbeteiligung an den Anlagen gewährt werden. Die Einzelheiten sollen die Kommunen mit den Anlagenbetreibern aushandeln. Vertreter des Städte- und des Gemeindetags erklärten dazu, dieses Mandat überfordere die Kommunen und führe zu erheblichem bürokratischen Mehraufwand. Die Vereinbarungen über die direkte Bürgerbeteiligung müssten im Gesetz gesondert geregelt werden. Bezüglich der Beteiligung der Kommunen forderten deren Vertreter eine Stärkung ihrer Verhandlungsposition gegenüber den Betreibern.

Als für die Bürger deutlich zu gering bewertete der bayerische Genossenschaftsverband (GVB) die in Aussicht gestellten 0,1 Cent pro Kilowattstunde. Dies bedeute für die Berechtigten eine Zahlung von rund 4 Euro pro Kopf und Jahr. „Ein derart geringer Betrag ist schlichtweg nicht ausreichend, um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zu fördern und die notwendigen Anreize zu setzen“, erklärte GVB-Präsident Stefan Müller in einer Stellungnahme. Die Vergütungsmodelle müssten den tatsächlichen Mehrwert und die Erwartungen der Bürgerschaft widerspiegeln. Ansonsten werde keine ausreichende Akzeptanz für die Energiewende in Bayern geschaffen. Gelingen könne dies durch eine gleichberechtigte Teilhabe von Bürgerenergiegenossenschaften an dem geplanten Verteilungssystem.

Zusätzliche Abgabe "wirtschaftsfeindlich"

Als kontraproduktiv bezeichnete der Geschäftsführer der Energieallianz Bayern, Ulrich Geis, die Zahlungspflicht von Anlagenbetreibern, die den erzeugten Strom direkt an örtliche Unternehmen abgeben. Die zusätzliche Abgabe senke die Rentabilität und den Nutzen dieser Anlagen erheblich. In diesem Punkt sei das Gesetz „wirtschaftsfeindlich“, urteilte Geis. Bernd Wust, Vorstandsmitglied im bayerischen Landesverband Erneuerbarer Energien (LEE), zeigte auf, dass einige im Gesetz vorgesehene Beteiligungsregeln entweder gar nicht praktikabel oder nur mit immensem bürokratischen Aufwand umsetzbar seien. Es brauche einfache und verständliche Lösungen zum Beispiel über eine niederschwellige direkte Beteiligung von Bürgern an den Anlagen.

Als ausbaufähig bezeichnete Frank Sondershaus von der Fachagentur Wind- und Solarenergie die begrüßenswerte Kernidee des Gesetzes, die Akzeptanz von Wind- und großen PV-Anlagen in der Bevölkerung durch eine finanzielle oder materielle Beteiligung zu erhöhen. Dreh- und Angelpunkt sei hierbei, dass die Vorteile deutlich sichtbar seien – entweder auf dem Konto der Bürger oder in von den Kommunen aus den Zusatzeinnahmen finanzierten Projekten. „Es muss vor Ort wahrgenommen werden, dass Geld aus dem Betrieb der Anlagen an Bürger und Kommunen fließt“, betonte Sondershaus. Als mögliches Vorbild nannte er das Beteiligungsgesetz in Brandenburg. Zur Verbesserung der Akzeptanz von Windkraft- und PV-Anlagen forderte LEE-Vorstand Wust ein Ende der Debatte um die Rückkehr zur Atomkraft. „Jedes Mal, wenn wir den Menschen suggerieren, Kernkraft wäre auch eine Lösung, senken wir die Akzeptanz für die Erneuerbaren“, mahnte er. Es müsse von der Politik klar kommuniziert werden, dass die Energiewende der Weg in die Zukunft sei. (Jürgen Umlauft)


 

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