Politik

Häusliche Gewalt ist auch in Bayern ein Problem. (Foto: Bilderbox.com/Wodicka)

19.01.2024

Häusliche Gewalt: Fast immer sind Frauen die Opfer

Eine weltweite Initiative will Betroffenen helfen – in einer Petition fordert sie die Gründung eines Betroffenenrats

Die Eskalationsspirale ist bekannt: Mit Worten geht es los. Dann wird der Ton härter. Gewalt bricht sich Bahn, es wird geschlagen, geschubst, gewürgt. Die Situation beruhigt sich, gefolgt von Entschuldigungen und Versprechungen. Aber es ist nur die Ruhe vor dem nächsten Sturm.

„Häusliche Gewalt ist eines der drängendsten Probleme unserer Zeit“, sagt Romy Stangl von One Billion Rising München, einer weltweiten Bewegung, die sich für Widerstand gegen Gewalt an Frauen und Mädchen einsetzt. Auf Einladung der Europäischen Janusz Korczak Akademie in München zeichnete Stangl jetzt ein Bild des Schreckens. Und das, obwohl heute besser über Hilfsangebote aufgeklärt werde als je zuvor.

Demnach wird in Deutschland fast alle zwei Minuten ein Mensch Opfer häuslicher Gewalt, in den meisten Fällen eine Frau. Jedes fünfte Kind erlebt Gewalt entweder als Zeuge oder als Opfer. Die Gewalt kann physischer, psychologischer oder sexualisierter Natur sein.

Selten handelt es sich um Einzelereignisse, meistens, so Stangl, wiederholen sich die Misshandlungen mit dem Ziel, Macht und Kontrolle auszuüben. Mal werden Menschen vernachlässigt, mal sozial isoliert, in finanzieller Abhängigkeit gehalten oder gestalkt. „Gewalt tut nicht einfach nur weh“, erklärt Stangl, „sie schädigt Körper und Seele. Und es gibt Dinge, die nie ausheilen.“

Auch die finanziellen Folgen sind enorm. 54 Milliarden Euro im Jahr: So hoch seien die Kosten, die häusliche Gewalt in Gesundheitssystem, Polizei und Justiz verursache.

Stangl fordert, die medizinischen und therapeutischen Berufe für das Thema zu sensibilisieren. Außerdem sammelt sie Unterschriften für eine Petition, in der sie die Gründung eines „Betroffenenrats Häusliche Gewalt“ anregt. Andrea Kleim, Beauftragte für Kriminalitätsopfer bei der Münchner Polizei, betont, dass häusliche Gewalt in allen sozialen Schichten vorkommt. 2022 habe das Bayerische Landeskriminalamt 21 275 Fälle häuslicher Gewalt gezählt, in Stadt und Landkreis München 3069. In 37,8 Prozent der Fälle waren Kinder anwesend.

Sie empfiehlt Zivilcourage. „Bieten Sie betroffenen Frauen Ihre Unterstützung an.“ Klar ist aber auch: Vielen Frauen fällt es schwer, Konsequenzen zu ziehen. Ihre Gefühle sind ambivalent, sich zu trennen erscheint ihnen häufig unmöglich. Darum mahnt Andrea Kleim zu Geduld. Letztlich müssen Frauen, die in gewalttätigen Beziehungen stecken, selbst entscheiden, wie es für sie weitergeht.

Eine gute Nachricht hatte die Kriminalhauptkommissarin allerdings doch im Gepäck: Während Corona ist die Zahl der gemeldeten Fälle häuslicher Gewalt in Bayern offenbar nicht, wie vielfach befürchtet, angestiegen. Eine Überprüfung, warum das so ist, steht aber noch aus. Und: „Was im Dunkelfeld passiert ist, wissen wir nicht.“ > monika goetsch
 

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