Die CSU fordert eine weitere Verschärfung des Asylrechts. Dazu gehört das Zurückweisen von Flüchtlingen, die illegal einreisen wollen, wie die Partei jetzt bei ihrer Klausur im Kloster Seeon bekräftigte. Um gleich an der Grenze die Identität und Herkunft zu ermitteln und die Menschen gegebenenfalls nicht ins Land zu lassen, soll die Polizei künftig schon dort Smartphones, Tablets und Laptops auslesen können.
Im Inland nutzen die Behörden seit Jahren die Möglichkeit des Datenauslesens, wenn Asylsuchende keine gültigen Papiere bei sich haben. Nur befinden sich die Menschen dann bereits im Land. Die CSU will das Asylrecht entsprechend auf Bundesebene ändern – und in großer Zahl Menschen an der Grenze wieder abweisen. Dazu sollen unter anderem Rückübernahmeabkommen mit den Hauptherkunftsländern illegaler Migration geschlossen werden, heißt es im Beschlusspapier der CSU-Klausur. Zurückgewiesen werden sollen nach dem Willen der CSU auch Alleinreisende, die bereits in einem anderen Schengen-Mitgliedstaat registriert wurden. Doch dafür braucht es auch eine Kooperationsbereitschaft der Staaten.
Mit den Daten aus den mobilen Geräten ließe sich jedenfalls in der Theorie feststellen, aus welchem Land die jeweilige Person gekommen ist und über welchen Weg. Und es lässt sich möglicherweise auch ermitteln, ob da jemand mit einer gefälschten Identität unterwegs ist. Oft ist das Smartphone der einzige dauerhafte Begleiter von Menschen auf der Flucht. Sie haben darin Dokumente, Fotos, Kontaktadressen und Telefonnummern gespeichert, sie nutzen das Smartphone häufig auch als Zahlungsmittel.
BAMF ist fürs Auslesen zuständig
Zuständig für das Auslesen von Mobilgeräten im Bereich des Asyl- und Aufenthaltsgesetzes ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Dabei werden nicht nur die Datenträger der Geräte untersucht, sondern auch die in Cloud-Diensten gespeicherten Daten. Nur allzu private oder intime Dateien, etwa Nacktbilder, bleiben außen vor.
Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im Jahr 2023 müssen die Behörden vor dem Auslesen der Daten richterlich prüfen lassen, ob es nicht doch eine weniger in die Privatsphäre eingreifende Möglichkeit gäbe, Hinweise auf Identität und Herkunft zu erhalten. Davor wurde die Verhältnismäßigkeit eines solchen Eingriffs erst nach dem Auslesen der Daten richterlich geprüft.
Nach wie vor werden Tausende mobile Geräte ausgewertet, wie das BAMF auf Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Clara Bünger mitteilte. Die Erfolgsquote ist allerdings gering. Lediglich in 1,9 Prozent der Fälle entdeckte die Behörde in den Datensätzen Widersprüche, die sich nicht mit den Angaben der Flüchtlinge deckten.
Für die Linke rechtfertigt dieses Ergebnis nicht einen solchen Eingriff in die Rechte der Menschen. Ähnlich sieht das Jochim Selzer, Sprecher des Chaos Computer Clubs, der sich für Datenschutz starkmacht. „Die Praxis, in der Bundesrepublik Schutzsuchende so sehr unter einen Generalverdacht zu stellen, dass sie unbedingt ihr Intimleben offenlegen müssen, sehe ich mit Bedenken“, erklärt er.
Auch die Länder werten kräftig aus
Allerdings machen auch die Länder von der Möglichkeit des Auslesens ordentlich Gebrauch. In Bayern kümmert sich darum das Landesamt für Rückführungen und Asyl – im Auftrag der Ausländerbehörden. Diese schicken Handys, Laptops und auch Digitalkameras an die Landesbehörde. Und die eigens dafür geschaffene Abteilung Zentrale Passersatzbeschaffung liest und wertet die Daten dann aus.
Seit Oktober 2024, nach einer Verschärfung des Asylrechts, dürfen die Behörden auch die beim Auslesen gewonnenen Daten mit öffentlich zugänglichen Informationen abgleichen – etwa Veröffentlichungen in sozialen Netzwerken.
Wie die Behörden die mobilen Geräte knacken, darüber schweigen sich sowohl das von Nancy Faeser (SPD) geführte Bundesinnenministerium als auch das bayerische Innenministerium, an dessen Spitze Joachim Herrmann (CSU) steht, aus. „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns zu technischen beziehungsweise operativen Ermittlungsfähigkeiten der Sicherheitsbehörden grundsätzlich nicht äußern“, teilt das Bundesinnenministerium mit. Ähnliches hört man aus München.
Sprachen feststellen
Einer Anfrage des Grünen-Landtagsabgeordneten Benjamin Adjei von 2022 zufolge greift man in Bayern auf Produkte der israelischen Firma Cellebrite zurück. Damit lässt sich etwa feststellen, welche Sprachen in Nachrichten verwendet wurden, ob auf Fotos Waffen abgebildet sind oder nach welchen Begriffen im Internet gesucht wurde. Adjei fordert die CSU auf, sich für eine schnelle Umsetzung des neuen europäischen Asylsystems einzusetzen, statt für mehr Kompetenzen beim Datenauslesen.
Das sieht man beim bayerischen Innenministerium anders. Fehlende Pässe seien der Hauptgrund für eine verzögerte oder unmögliche Abschiebung. Eine möglichst frühzeitige Identitätsklärung sei „essenziell für die Durchsetzung von Einreise- und Aufenthaltsregeln“ und könne die Zuwanderung von Straftätern und Terroristen verhindern.
(Thorsten Stark)
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